Das EEG-Umlage-Märchen

Clevere Tricks

Es ist eher unwahrscheinlich, dass dieses Meisterstück der Intransparenz und Verbrauchertäuschung aus dem Parlament heraus entstanden ist durch Abgeordnete, von denen die Mehrzahl weder genau weiß, wie EEG und Strommarkt funktionieren. Wer den protokollarischen Erfahrungsbericht zum Entstehungsprozess von Gesetzen und Verordnungen eines MdB (Marco Bülow, SPD) samt detaillierter Beschreibung einer zunehmenden Selbstentmachtung des Parlaments bei gleichzeitiger Direktverbindung zwischen Ministerien und Wirtschaft liest, kann Überlegungen anstellen, wie der Verordnungsentwurf entstanden sein könnte, wer hier zuvor beratend tätig gewesen sein könnte oder mitunter Klauseln vorformuliert hat. Übrigens war der Autor sowohl zum Zeitpunkt seines Berichtes, als auch zum Zeitpunkt des Beschlusses der neuen Ausgleichsmechanismusverordnung Fraktionsmitglied der damaligen schwarzroten („großen“) Regierungskoalition.

Die Profiteure

Wer profitiert am stärksten von der neuen Berechnungsmethode der EEG-Umlage? All diejenigen, die zu Börsenpreisen einkaufen können. Das ist zum einen die Industrie, deren Unternehmen aufgrund erweiterter Ausnahmeregelungen vielfach von der Zahlung der vollen EEG-Umlage ausgenommen sind, aber auch die konventionelle Energiewirtschaft. Wenn z.B. ein großer Energiekonzern Strom für einen Gewerbebetrieb über den Terminmarkt zu einem lohnenden Preis anbietet, der ein Jahr zuvor oder noch länger ausgehandelt wurde und zum Zeitpunkt der Lieferung gerade viel Sonnenstrom im Netz ist, kann es für den Energiekonzern durchaus noch lukrativer sein, in dem Moment Strom vom Spotmarkt zu beziehen als vom eigenen Kraftwerk. Selbst bei ohnehin gewinnträchtigen, steuerlich abgeschriebenen Altkraftwerken.

Ein schöner Batzen Zusatzgewinn für die konventionelle Energiewirtschaft zu Lasten ders privaten Stromverbraucher oder des mittelständischen Gewerbes, welche die volle EEG-Umlage zahlen und zugleich durch geschickte PR-Kampagnen gegen den Sündenbock EEG-Anlagen aufgehetzt werden, um das EEG und die damit verbundene Bürgerenergiewende zu beenden und die Investitionssicherheit für über 6000 MW neue Kohlekraftwerke zu erhalten.

Wer Milliarden in neue Kohlekraftwerke investiert hat oder nach wie vor hohe Gewinne mittels steuerlich abgeschriebener Alt-AKW generieren kann, hat derzeit rein ökonomisch, und weil er auch den Rendite-Erwartungen seiner Aktionäre verpflichtet ist, kein echtes, glaubhaftes Interesse an der Energiewende. 6000 MW Kohlekraftwerke sind gesetzte Fakten und Weichenstellungen für die nächsten 30-50 Jahre.

Mittels vollmundiger Energiewende-Bekundungen und Greenwashing lässt sich zugleich eine vorübergehend Fukushima-aufgewühlte Bevölkerung besänftigen, um bei gewogener politischer Konstellation einige Zeit später zum gewohnten Kurs zurückzukehren.

Wer über genügend Kapital verfügt, hat den großen Vorteil, professionelle Agenturen im großen Umfang beauftragen zu können. Public affairs heißt diese Berufsfeld im Fachjargon, Agenturen dieser Art gibt es in deutschen Großstädten unüberschaubar viele, vor allem in Berlin und Hamburg. Mittels besonderer Arbeitsweisen erhält der Auftraggeber schnell Meinungshoheit in der Debatte und kann den Entscheidungsprozess in die von ihm gewünschte Richtung lenken. Dann rollt der Rubel.

Doch Fukushima zeigte, dass auch starkes Kapital und professionelle Kampagnen ein Gegengewicht bekommen können, denn Bürgerwille und Bürgerzorn bewirkten, dass die Kanzlerin die von ihr kurz vorher verordnete AKW-Laufzeitverlängerung von zurücknahm. Der Wunsch nach einer dezentralen Energiewende und mehr Unabhängigkeit von einem Strom-Oligopol lässt sich nicht aufhalten.

Das EEG spielt eine immer kleinere Rolle in der Kaufentscheidung beisipielsweise bei einer Solarstromanlage, stattdessen wird der Eigenverbrauch maximiert. Ob von mittelständischen Produktionen, EFH-Neubauten mit Wärmepumpen oder Mietern mit Balkonkraftwerken. Die dezentrale Energiewende hat sehr viele Akteure und einen starken Mitmachcharakter. 1,3 Millionen Solarstromanlagenbetreiber, 23.000 Windkraftanlagen, mehr als 7200 Biogasanlagen und über 650 gegründete Energiegenossenschaften sind es bereits und eine sehr große Vielzahl an Menschen, die beruflich mit diesen Branchen verknüpft sind, ob direkt oder indirekt.
->Quelle: photovoltaikbuero.de