EU-Klima-Beschlüsse 2-Grad-Grenze wird überschritten

Reaktionen auf Brüsseler Klima-„Einigung“

„Deutlich ambitionierter hätten die Vorgaben sein müssen, um das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken, erreichen zu können“, sendete der Deutschlandfunk kritische Äußerungen zu den EU-Klima-Beschlüssen: So wird das nichts, davon ist Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, überzeugt. Andere Länder könnten sich jetzt leicht aus der Verantwortung stehlen.

Europa setze seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel, meint auch die Linken-Politikerin Eva Bulling-Schröter. Und ist sich damit einig mit der grünen Klimapolitikerin Baerbock: „Weil Europa sich damit von seiner ehemaligen Vorreiterschaft beim Klimaschutz verabschiedet hat und wir eben keinen Schwung in die Klimaverhandlungen bringen, sondern mit diesen Beschlüssen die fossilen Energien weiter manifestieren, was wir ja eigentlich im neuen Klimavertrag abbauen wollten.“

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sind dagegen zufrieden, auch wenn sich die Bundesregierung nach Aussagen der beiden SPD-Minister mehr gewünscht hätte. Die Kritik von Opposition und Umweltverbänden an dem Ziel, bis 2030 27 Prozent Energie einzusparen, teilt Hendricks nicht. Sie setzt auf das Eigeninteresse der Stromverbraucher: „Energieeffizienz lohnt sich ja nicht nur – in Anführungszeichen – wegen des Klimas, sondern es bedeutet ja, dass man weniger Energie verbraucht, infolgedessen auch weniger Geld dafür ausgeben muss.“

Unzufrieden zeigte sich Hendricks im Südwestrundfunk mit den geplanten Änderungen im europäischen Emissionshandelssystem. Eigentlich hätte ab 2017 die Zahl der Verschmutzungszertifikate gekürzt werden sollen, damit der Preis dafür wieder steigt. Doch nun soll das erst 2021 geschehen: „Es muss ja teuer sein, zu verschmutzen. Das ist der Weg, den wir uns dafür gewählt haben, die marktwirtschaftliche Lösung des Emissionshandels.“

Beim Europäischen Rat in Brüssel haben sich die 28 Staats- und Regierungschefs nach mehrmonatigen Verhandlungen auf einen neuen EU-Klima- und Energierahmen bis 2030 verständigt. Die Entscheidung setzt den unter deutscher Ratspräsidentschaft eingeschlagenen Kurs aus drei Zielen fort und sieht hier ein verbindliches EU-Klimaziel von mindestens 40 % EU-interner Treibhausgasminderung (gegenüber 1990) vor, ein eigenständiges verbindliches EU-Ziel für den Anteil der erneuerbaren Energien in Höhe von mindestens 27 % am Energieverbrauch sowie ein Energieeffizienzziel von mindestens 27 %. Zudem wurde eine Reform des Emissionshandels und die Fortführung der effektiven Regelungen zum Schutz der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Industrie beschlossen.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, hierzu: „Der Europäische Rat hat heute für die künftige Klima- und Energiepolitik Europas richtige Weichen gestellt. Auch wenn sich Deutschland mehr gewünscht hätte, begrüße ich, dass der gordische Knoten zwischen den unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten durchgeschlagen werde konnte. Ein EU-Klimaziel von mindestens 40 % ist ein wichtiges Signal für die Klimaverhandlungen in Paris im nächsten Jahr. Es wurde auch klargestellt, dass wir in Deutschland beim Umstieg auf erneuerbare Energien schneller vorangehen dürfen. Damit ist ein wichtiger Grundstein dafür gelegt, dass der europäische Rahmen auch künftig die Energiewende in Deutschland aber auch in Europa unterstützt. Europa verbindet ambitionierten Klimaschutz, Wachstum, Innovation und ein leistungsfähige Industrie miteinander und gibt seiner Industrie und seinen Unternehmen hierfür eine klare Perspektive.“ BMWi-Pressemitteilung

WKÖ: Klima-Beschlüsse erhöhen Abwanderungsgefahr

Die Wirtschaftskammer Österreich sieht für Investoren durch die schwammigen Brüsseler Beschlüsse keine Sicherheit, meldet das österreichische Wirtschaftsblatt. WKÖ-Umweltexperte Stephan Schwarzer sagte der österreichischen Presseagentur APA, 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß bis 2030 werde für Österreich schwierig und teuer, da hier seit 1990 praktisch nichts gelungen sei.

Angesichts des 40-prozentigen CO2-Senkungsziels hätte die EU für die fortschrittliche Industrie in Österreich, also die in Umweltbelangen vorangehende, 100 Prozent CO2-Gratiszertifikate beschließen sollen. Man habe sich immer gewünscht, dass es für das jeweils beste Zehntel einer Branche Gratis-Verschmutzungsrechte gebe, erinnerte Schwarzer am 24.10.2014.

In den EU-Gipfel-Beschlüssen stehe zwar, dass den effizientesten Anlagen keine unangemessenen Kosten entstehen sollten – ob es dann aber 100, 80, 60 oder nur 40 Prozent Gratiszertifikate geben werde, „steht leider nicht drin. Das mache aber für die Industrie-Investoren den Unterschied aus. Derzeit reiche „es nicht aus, um Investoren in Österreich zu halten“.

Damit werde sich wohl die erst kürzlich vom Linzer Uni-Professor Friedrich Schneider errechnete Gefahr von Job- und BIP-Verlusten bewahrheiten, sagte der WKÖ-Experte. Für das 40-Prozent-Szenario hatte Schneider für das Zieljahr 2030 den Verlust von 16.600 Jobs bzw. eine um 3,9 Mrd. Euro geringere Wirtschaftsleistung (oder um die 0,15 Prozentpunkte weniger BIP-Wachstum) ermittelt. – Kein Kommentar – bei soviel Präzision…!

Franz Alt: „Es hätten 60 % sein müssen“

Franz Alt auf Sonnenseite: „Gemessen an 1990 will die EU bis 2030 „mindestens 40 Prozent“ weniger Treibhausgase in die Luft blasen. Das klingt viel, aber es hätten 60 % sein müssen, wenn der globale Temperaturanstieg auf unserer Erde bis zum Ende unseres Jahrhunderts nicht mehr als zwei Grad steigen soll – was der letzte Klimagipfel beschlossen hatte. So aber wird die Temperatur um bis zu fünf Grad höher sein als heute, wenn der Rest der Welt nicht ehrgeizigere Ziele beschließt. Das war ein schwarzer Tag für Europa. Der bisherige Vorreiter beim Klimaschutz wird zur lahmen Ente.“

 

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