Desertec – die Wüste lebt (weiter)

CSP als weitere von der Dii vorgeschlagene Technologie: Das Hybrid-CSP-Gas-Kraftwerk Kuraymat, Ägypten – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Säule 2: Weltweiter Wohl­stand für Entwicklungsgerechtigkeit und Beendigung des globa­len Bevölkerungswachstums

Das Bevölkerungswachstum hört überall dort auf oder wird gar rückläufig, wo der Zivilisations­grad bzw. der von der Bevölkerung geschaffene Wohlstand über ein Bruttosozialprodukt von ca. 15.000 €/Person steigt. Wohlstand für jeden ist also von fundamentaler Wichtigkeit für die Sicherheit der Menschheit. Etwa eine Milliarde Menschen in den Industrieländern ist schon auf diesem Niveau, und fast alle anderen streben dort hin. Mit einer geeigneten Nord-Süd-Koo­peration kön­nten auch die „Least Developed Countries” (LDC) in 30 Jahren auf das erforderliche Wohlstandsniveau kommen. Da sie alle guten Zugang zu Wüstenre­gionen haben,  kann Desertec dort der Menschheit einen gro­ßen Dienst erweisen. Beispiele für die erforderliche schnelle Entwicklung sind u.a. Süd-Korea, China und Marokko.

Säule 3: Neue Weltsicht: Erde als Lebensraum für Menschen statt Kampf­platz für Nationen

Die größte Herausforderung liegt aber darin, dass von den bekannten im Boden befindlichen fos­silen Energieträgern nur noch etwa ein Sechstel gehoben und verbrannt werden dürfen, wenn die 2°C-Grenze nicht überschritten werden soll. Fünf Sechstel müssen im Boden bleiben. Um das zu regeln, brauchen wir eine Weltinnenpolitik und eine neue Global Governance. Die wiederum erfordert eine neue Weltsicht. Denn wenn sich Nationalstaaten weiterhin durch vor­sorgli­che Bewaffnung auf internationale Gewaltfähigkeit und –tätigkeit einstellen und die Erde weiterhin als Kampfplatz an­se­hen, werden zwi­schenstaatliche und auch nichtstaatliche Konflikte weiterhin auf die militä­ri­sche Ebene eska­lieren.

Dritte wichtige Technologie im Energie-Mix: Photovoltaik Foto © ABB

Soll die Erde aber ein Lebens­raum für zehn Milliarden Menschen wer­den, dann müssen weitere zwei bis drei Milliarden Menschen auf einem bereits übernutzten Planeten Platz finden. Deren soziale und biosphärische Integration erfordert eine nicht-destruktive, auf Konsens gebaute globale Governance und eine zivilisierte Weltgesell­schaft. Die Menschheit könnte dazu als ein Kondominium der Völker or­ganisiert werden, wie ein Haus mit Regeln des Zusammenlebens statt mit Gewalt­tätigkeit zwischen Miet­parteien bzw. Woh­nungseigentü­mern. Nur bei rein inneren Angelegenheiten bestimmt ein Staat noch alles selbst – und diese Angelegenheiten sind rückläufig. Was an Wirkungen nach außen dringt, unter­liegt Grenzwerten, und was die Wohn­anlage als Ganzes sowie alle Be­wohner betrifft, unterliegt der Hausordnung, der Hausverwal­tung und einem Bewohner-Beirat.

Das Kon­domi­nium-Modell schafft die nationale Souveränität nicht ab, sondern reagiert nur auf deren fortschreitende Begrenzung durch die täglich wachsende öko­nomische und kommunikative Vernet­zung und ressour­cenmäßige und ökosphärische Verkopplung der Welt über Ländergrenzen hinweg. Eine entsprechende Anpas­sung des Umfangs der nationalen Souveränität ist Bedingung  für ein Management der Lebensfä­higkeit des Organismus Menschheit auf einem übernutzten Planeten.
Folgt: 4. Kondominium als Governance  – Modell für eine lebensfähige Welt?