Energie-Union: „EU-Kommission ohne Vision“

Gastkommentar: Festhalten an fossilien Energien und Atom-Subventionen

Der Vorschlag zur Energieunion hätte der EU-Energiepolitik eine neue Idee geben können – wenn er mutig genug gewesen wäre. Stattdessen will die Kommission an den überkommenen Strukturen einer fossil basierten Energiepolitik festhalten. Ein Gastkommentar von Claus Mayr und Sebastian Scholz (NABU) – mit freundlicher Genehmigung der Autoren.

Am 25.02.2015 hat die EU-Kommission ihren lange erwarteten Vorschlag für die Energieunion vorgestellt – „COM(2015) 80 final – PAKET ZUR ENERGIEUNION„. Doch was sich in den Anhörungen der neuen Kommissare Arias Cañete und Maroš Šefcovic im Herbst 2014 im EU-Parlament andeutete, hat sich bestätigt: Die Kommission will im Wesentlichen an den überkommenen Strukturen einer fossil basierten Energiepolitik festhalten, staatliche Subventionen für die Atomenergie sollen weiter möglich sein, die Förderung der erneuerbaren Energien kommt zu kurz.

Für die EU-Kommission bedeutet „Energiesicherheit, Solidarität und Vertrauen“ vor allem, dass die Gasbezüge gesichert werden: Ausbau der LNG-Infrastruktur, Ausweitung von konventioneller oder unkonventioneller Förderung fossiler Energieträger, sowie der koordinierten Bezug von Gas werden als wesentliche Aspekte der Diversifizierung der Energieversorgung genannt. Diese Fokussierung auf den Energieträger Gas ist das Gegenteil von Diversifizierung. Nötig wäre eine klare Nennung der erneuerbaren Energien als wesentliche Energiequellen, denn nur so kann langfristig, kostengünstig und klimaschonend die Unabhängigkeit und damit Energiesicherheit garantiert werden.

Immerhin, es wird klar benannt, dass Energieeffizienz eine wesentliche Rolle in der Energiestrategie spielen muss. Das Paket zur Energieunion stellt differenziert dar, dass im Gebäude- und Transportsektor handlungsbedarf besteht. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen, aber es wäre dringend nötig, dass die EU 2030-Ziele endlich den zu hebenden Potenzialen angepasst werden.

Zur Senkung der[[CO2]]-Emissionen im Wirtschaftssektor setzt die Strategie zur Energieunion weiterhin auf den Emissionshandel, der durch die Einführung der Marktstabilitätsreserve durch die Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 24. Februar reformiert wurde. Um kurzfristig Wirkung zu zeigen, wäre aber ein Start der Marktstabilitätsreserve schon vor 2019 notwendig. Außerdem wurde die Chance verpasst, Zertifikate aus dem sogenannten Backloading direkt in die Reserve zu überführen. Für einen wirksamen Emissionshandel, der zu substanziellen Emissionsminderungen führen soll, wäre eine sofortige Stilllegung von rund zwei Milliarden [[CO2]]-Zertifikaten notwendig gewesen.

Im Bereich Forschung, Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit wird die besondere Relevanz von [[CO2]]-Abscheidung und Atomkraft genannt. Mit dieser rückwärts gewandten Forschungsagenda wird weiterhin auf Großforschungsprojekte und fossile Energieträger gesetzt. Nötig wäre, dass dezentrale und auf erneuerbaren Energien basierte Energiesysteme für eine Prosumer-Gesellschaft in den Mittelpunkt der Forschung stünden. Der vom EU-Gipfel im Oktober 2014 geforderte Beitrag der Landwirtschaft zu Klimaschutz und Energieeinsparungen findet sich in den Plänen der Kommission überhaupt nicht wieder, für den Verkehrssektor sind konkrete Maßnahmen erst ab 2016 geplant, darunter aus klimapolitischer Sicht zweifelhafte Maßnahmen wie ein EU-weites Mautsystem.

Folgt: Was nötig gewesen wäre