Gletscherschmelze in „Höllentempo“

Weltweite Untersuchung unter Leitung von Schweizer Forschern

Die Gletscher verlieren weltweit mehr und schneller Eis denn je. Der Welt-Gletscher-Beobachtungsdienst an der Universität Zürich (WGMS) präsentierte dramatische Ergebnisse: Wenn die Temperatur der Erdatmosphäre weiter im gleichen Tempo steige, würden bis 2100 90 Prozent des Gletschereises verschwunden sein. Weltweit schrumpft die Eisdecke demnach jährlich zwischen einem halben und einem Meter – mit fatalen Folgen. Das berichtet Dietrich Karl Mäurer vom ARD-Hörfunkstudio Zürich.

Seit mehr als 120 Jahren sammelt der World Glacier Monitoring Service (WGMS) weltweit Daten zu Gletscherveränderungen. Zusammen mit seinen Korrespondenten in mehr als 30 Ländern hat der internationale Dienst eine neue, umfassende Analyse der globalen Gletscherveränderungen im Journal of Glaciology veröffentlicht. Dabei wurden die Beobachtungen für das erste Jahrzehnt des laufenden Jahrhunderts (2001-2010) verglichen mit allen bisher verfügbaren Daten aus Feldbegehungen, flugzeug- und satellitengestützten Beobachtungen sowie Rekonstruktionen basierend auf Bild- und Schriftquellen.

Zwar schmelzen die aus Schnee entstandenen Eismassen seit mehr als 120 Jahren ab, jedoch noch nie in einem solchen „Höllentempo“ (so SRF-Schweiz) wie in den ersten zehn Jahren des 21. Jahrhunderts: „Wir haben kein Jahrzehnt gefunden, das wir mit Beobachtungen belegen können, das dieses toppt“, erläutert Michael Zemp, Direktor des Welt-Gletscher-Beobachtungsdienstes und Leitautor der jetzt veröffentlichten Studie. Das bedeute: „Wenn Sie das jetzt global zusammenzählen, verlieren wir jedes Jahr dreimal die Vergletscherung der gesamten Alpen.“

Perito Moreno am Lago Argentino – Foto © Franziska Vogt, Agentur Zukunft

Alpen besonders betroffen

Gerade die Alpen seien besonders von der großen Schmelze betroffen. Aber auch Gletscher in Alaska, Island, Grönland und an der nordamerikanischen Westküste verlieren mehr und mehr Eis.

Doch nicht überall schrumpfen die Gletscher – vereinzelt wachsen sie sogar. Zwischenzeitliche Wiedervorstöße der Gletscher seien aber regional, zeitlich beschränkt und reichten bei weitem nicht an die Hochstände der kleinen Eiszeit zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert heran.

So hätten sich zum Beispiel die norwegischen Gletscherzungen seit ihrem letzten Hochstand im 19. Jahrhundert um einige Kilometer zurückgezogen. Einzig in der Küstenregion seien die Gletscher in den 90er-Jahren wenige hundert Meter gewachsen. „Kürzlich hatten wir das in Norwegen. Die Küstengletscher Norwegens konnten an Masse zulegen und sind ein Stück vorgestoßen, ein paar hundert Meter. Seit dem Jahr 2000 verlieren sie wieder an Masse und ziehen sich weiter zurück.“ Im Süden Argentiniens wächst der berühmte Perito Moreno. Forscher befürchten jedoch, dass dieses Wunder nicht lange anhält.

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