Atomausstieg

„Die Betreiber der Kernkraftwerke tragen die Kosten für den Atomausstieg – also für den Rückbau der Kraftwerke und für die Entsorgung des radioaktiven Mülls. Sieben Jahre noch, dann ist Schluss mit der Stromerzeugung aus Kernenergie in Deutschland“, schreibt das BMWi in einer Pressemitteilung zum Atomausstieg. Bis Ende 2022 werden die letzten acht Kernkraftwerke in Deutschland Schritt für Schritt vom Netz gehen. Danach müssen sie zurückgebaut und der radioaktive Abfall sicher entsorgt werden. Die Verantwortung für die Kosten tragen die Verursacher – also die Betreiber der Kernkraftwerke.

„Eltern haften für ihre Kinder“

Damit die Finanzierung gesichert ist und alle Beteiligten planen können, hat das Bundeskabinett im Oktober 2015 den Gesetzentwurf zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich beschlossen. „Kernkraftwerksbetreiber haften für nukleare Entsorgungskosten. Das bleibt auch in Zukunft so“, betonte Bundeswirtschaftsminister Gabriel zum Kabinettsbeschluss.

Die Neuregelung stellt sicher, dass die langfristige Haftung der großen Energieversorgungskonzerne für diese Verpflichtungen gewährleistet ist – auch bei betrieblichen Umstrukturierungen. Deshalb schließt das Gesetz Schlupflöcher für die Haftenden und stellt sicher, dass Muttergesellschaften langfristig für die Verbindlichkeiten ihrer Töchter aufkommen. Der Grundsatz lautet: Eltern haften für ihre Kinder. „So minimieren wir die Risiken für öffentliche Haushalte und Steuerzahler“, sagt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.

Zusätzlich wird eine 19-köpfige Expertenkommission die Finanzierung des Kernenergieausstiegs überprüfen. Den Vorsitz haben Matthias Platzeck, Ole von Beust und Jürgen Trittin inne. Die Kommission soll bis Januar 2016 Empfehlungen erarbeiten, wie die Finanzierung von Stilllegung, Rückbau und Entsorgung sichergestellt und so ausgestaltet werden kann, dass die Unternehmen auch langfristig wirtschaftlich in der Lage sind, ihre Verpflichtungen aus dem Atombereich zu erfüllen.

Getestet und bestanden

Seit vorletzter Woche liegen die Ergebnisse des sogenannten Stresstests vor. Wirtschaftsprüfer hatten dabei die Rückstellungen der Energieversorger für den Atomausstieg unter die Lupe genommen. Es hat sich gezeigt: Die betroffenen Unternehmen haben bei der Rückstellungsbildung die Kosten vollständig abgebildet. Sie haben sich dabei an die einschlägigen Regeln gehalten. Die Vermögenswerte der Unternehmen decken in Summe die Finanzierung des Rückbaus der Kernkraftwerke und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle ab.

Was kostet der Ausstieg?

Die von den betroffenen Unternehmen gebildeten Rückstellungen belaufen sich auf 38,3 Milliarden Euro. Pro Reaktor werden für den Rückbau im Schnitt 857 Millionen Euro veranschlagt. Wie viel der Atomausstieg allerdings inklusive der Entsorgung des radioaktiven Abfalls kosten wird, hängt von etlichen Faktoren ab, die sich in der Zukunft immer wieder ändern können. Allein für die Endlagerung rechnet man in Zeiträumen bis zum Ende des Jahrhunderts.

Bis dahin wollen neben der Stilllegung und dem Rückbau auch Behälter, Transporte, Betriebsabfälle und die Zwischenlagerung bezahlt werden. Mit anderen Worten: Die Berechnungen von heute basieren auf Prognosen und Szenarien für morgen. Welche das sind und wie Rückbau und Entsorgung kalkuliert werden, hat der Stresstest erstmals transparent gemacht.

Acht sind noch am Netz

Von Brokdorf im Norden bis nach Gundremmingen im Süden sind heute noch acht Reaktoren in Deutschland am Netz. Sie überbrücken die Zeit, bis Strom aus Wind und Sonne unsere Energieversorgung zuverlässig sichern kann und die notwendige Infrastruktur für den Stromtransport steht. 2015 wurde das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld vom Netz genommen. 2017 folgt Gundremmingen B, bis 2019 Philippsburg 2, bis Ende 2021 die Kernkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf. Für die drei jüngsten Anlagen Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 schlägt spätestens 2022 die letzte Stunde.