Linke: Regierung soll Kohleausstieg einleiten

Entsprechender Gesetzentwurf für erstes Halbjahr 2016 gefordert

Antrag der Abgeordneten

Eva Bulling-Schröter, Birgit Wöllert, Hubertus Zdebel, Caren Lay, Herbert Behrens, Karin Binder, Matthias W. Birkwald , Heidrun Bluhm, Dr. André Hahn, Andrej Hunko, Ulla Jelpke , Susanna Karawanskij , Kerstin Kassner, Katja Kipping, Katrin Kunert , Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Birgit Menz, Norbert Müller, Thomas Nord, Harald Petzold , Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion der LINKE.

Kohleausstieg einleiten – Strukturwandel sozial absichern

Der Bundestag wolle beschließen:

I.

Der Deutsche Bundestag stellt fest: Das Jahr 2016 wird ein Jahr wichtiger klima- und energiepolitischer Richtungsentscheidungen. Nach dem vielfach als historisch bezeichneten Pariser Klimaschutzabkommen vom Dezember 2015 müssen auch in Deutschland die Weichen für mehr Klimaschutz gestellt werden . Dabei kommt der Energiewende eine besondere Rolle zu . Auf Bundesebene steht bis zum Sommer dieses Jahres die Verabschiedung eines Klimaschutzplans 2050 durch die Bundesregierung auf der Agenda, wofür seit letztem Sommer ein Dialogprozess läuft. Ein wesentliches Element dieses Klimaschutzplans muss ein Fahrplan für einen Kohleausstieg sein. Ferner wird unter anderem das Gesetz zum Strommarktdesign und die Novelle des Erneuerbare -Energien- Gesetzes (EEG) verabschiedet werden. Auf gesellschaftlicher Ebene mobilisieren Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten des Bündnisses „Ende Gelände“ zu Aktionen an den Pfingsttagen 2016 im Lausitzer Braunkohlerevier, die einen beschleunigten Kohleausstieg zum Ziel haben. Lokale Initiativen sowie Umweltverbände kämpfen seit Jahren gegen neue Tagebaue und neue Kohlekraftwerke.

In der wissenschaftsbasierten Politikberatung schlägt aktuell der Think Tank Agora Energiewende in dem viel beachteten Impulspapier „Elf Eckpunkte für einen Kohleausstieg“ einen gesellschaftlichen Kohlekonsens vor: „Deutschland kann nicht Energiewendeland sein und gleichzeitig Kohleland bleiben nach Paris weniger denn je“. Der Deutsche Bundestag teilt diese Ansicht. Jede dritte in Deutschland verbrauchte Kilowattstunde Elektrizität ist inzwischen Ökostrom. Gleichzeitig verharrt jedoch die emissionsintensive Kohleverstromung auf einem hohen Niveau und stieg im Trend der letzten Jahre sogar an, anstatt im Umfang des Ökostromwachstums abzunehmen. Seit 2010 erlebt insbesondere die Stromerzeugung aus Braunkohlekraftwerken eine Renaissance, Erzeugungsüberschüsse werden in einem erheblichen Maße exportiert. Die ungebremste Kohleverstromung ist nicht nur fatal, weil sie das Erreichen der nationalen Klimaschutzziele gefährdet. Bereits das Erreichen des Klimaschutzziels für 2020 von 40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 rückt ohne zusätzliche Maßnahmen in weite Ferne. Wird der Trend nicht gebrochen, so wird es auch unmöglich, die Bundesrepublik zu einem weltweiten Vorbild für die Energiewende zu machen. Schließlich ist ein weitgehend regeneratives Energiesystem mit einem dauerhaft hohen Sockel an inflexiblen Kohlekraftwerken – insbesondere Braunkohlekraftwerken – unvereinbar.

Das EU -Emissionshandelssystem – als nach Auffassung der EU-Kommission und der Bundesregierung wichtigstes klimapolitisches Steuerungsinstrument im Stromsektor – hat bislang versagt und wird ohne ergänzende Maßnahmen auch in Zukunft nicht verhindern, dass die Braunkohleverstromung in Deutschland noch bis Mitte des Jahrhunderts einen maßgeblichen Anteil am Strommix haben wird. Darum sind zusätzliche nationale Instrumente notwendig, um in der Bundesrepublik einen geordneten Ausstieg aus der Kohleverstromung zu vollziehen – beginnend heute, mit dem Ziel der vollständigen Abschaltung von Kohlekraftwerken spätestens im Jahr 2035. Dabei müssen die ineffizientesten Braunkohlekraftwerke am schnellsten vom Netz. Der entsprechend geringere Bedarf an Braunkohle muss sich auch angesichts der verheerenden Begleitschäden des Bergbaus in einem Verbot des Neuaufschlusses von Braunkohletagebauen widerspiegeln. Der geordnete Kohleausstieg lässt sich auch nach Auffassung der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Realtorsicherheit, Barbara Hendricks, innerhalb von 20 bis 25 Jahren „ohne Strukturbrüche“ gestalten. Ein „nationaler Konsens“ darüber solle noch in dieser Legislaturperiode erreicht werden, so die Ministerin im Vorfeld der Pariser Verhandlungen. Der Deutsche Bundestag unterstützt diese Strategie und stellt fest, dass sich ein Ausstieg ohne Strukturbrüche nur dann erreichen lässt, wenn der Kohlekonsens neben dem Ausstiegsfahrplan auch die Ausgestaltung und soziale Begleitung des Strukturwandels in den betroffenen Regionen zum Inhalt hat.

Folgt: II