Solarworld: Berufung gegen Hemlock-Urteil

Ein Jahr Aufschub

Das im Juli erfolgte Urteil aus den USA im Prozess des Siliziumlieferanten Hemlock Semiconductor gegen die US-Tochter SolarWorld Industries Sachsen GmbH wegen nicht erfüllter Verträge könnte das Bonner PV-Unternehmen in Bedrängnis bringen. Solarworld hat daher einem Bericht des Nachrichtensenders n-tv und anderen Medien folgend (pv-magazine.de) dagegen Berufung eingelegt.

n-tv meldete dazu, Solarworld habe zudem Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, um eine schnelle Vollstreckung des Urteils in Deutschland zu verhindern. So habe man beim zuständigen Landgericht Chemnitz zwei Schutzschriften eingereicht, um zu vermeiden, dass das Gericht ohne Anhörung eine einstweilige Verfügung erlässt. Eine entsprechende Klage von Hemlock sei allerdings noch nicht eingegangen. Laut Solarworld muss zuerst ein rechtskräftiges letztinstanzliches Urteil aus den USA vorliegen. Ein Hemlock-Sprecher kündigte an, dass der Konzern 14 Tage nach der Entscheidung damit beginnen könne, das Urteil durchzusetzen.

Solarworld-Chef Frank Asbeck glaubt demgegenüber, das amerikanische Urteil sei in Deutschland nicht vollstreckbar, weil die mit Hemlock abgeschlossenen  Take-or-Pay-Verträge gegen europäisches Kartellrecht verstießen: „In den letzten Wochen haben der Rechtsstreit mit Hemlock und das Medienecho dazu für Unruhe gesorgt. Das im Juli ergangene, erstinstanzliche Urteil in den USA hat jedoch an unserer Einschätzung nichts geändert: Hemlock wird seine Forderungen gegen unsere Tochtergesellschaft SolarWorld Industries Sachsen nicht durchsetzen können. Ich bin außerdem zuversichtlich, dass wir uns mit Hemlock gütlich einigen werden, so wie es mit allen anderen Siliziumherstellern gelungen ist“, schrieb Asbeck am 12.08.2016 im Zwischenbericht über das 2. Quartal. Mit der Berufung will Asbeck offenbar Zeit gewinnen: Er rechnet damit, dass das Verfahren in zweiter Instanz etwa ein Jahr dauern werde. , wie er in einem pv-magazine-Interview sagte. .

Endurteil wäre existenzbedrohend – 2.200 Arbeitsplätze in Gefahr

In dem  Verfahren geht es um vier Abnahmeverträge, denen zufolge Solarworld zwar bis Ende 2019 den Kauf von insgesamt rund 24.000 Tonnen Silizium von Hemlock zugesagt, aber seit Ende März 2012 dem Lieferanten kein Silizium mehr abgenommen hatte. In den Boom-Jahren der Solarbranche zahlten Modulproduzenten fast jeden Preis für Silizium und schlossen langfristige Verträge ab – im Abschwung rächte sich das. „Wird das Urteil aus den USA in Deutschland vollstreckt, könnte dies zur Insolvenz von Solarworld führen,“ so n-tv, denn die Summe von rund 800 Millionen Dollar könne der Konzern kaum aufbringen: Solarworld habe Ende Juni nur rund 148 Millionen Euro flüssige Mittel in der Kasse gehabt. Im sächsischen Freiberg (Foto) und im thüringischen Arnsberg wären zusammen mehr als 2200 der weltweit knapp 3000 Arbeitsplätze in Gefahr.

„Nun ist Solarworlds Existenz bedroht“, hatte das Handelsblatt schon am 14.07.2016 – kurz vor der erstinstanzlichen Urteilsverkündung – die Lage kurz und bündig zusammengefasst. Und der Nachrichtensender n-tv titelte trocken: „Klage könnte für Solarworld das Aus sein“. Dabei hätte Solarworld, meinte der Branchendienst photon damals, „die existenzbedrohende Klage durch ein Einlenken im Streit um Strafzölle auf chinesische Solarprodukte vermeiden können“. Am 26.07.2016 hatte dann Thomas L. Ludington, Einzelrichter eines US-Bundesgerichtes, der Klage Hemlocks in Höhe von 585 Mio. Dollar (€ 532 Mio.) plus 208 Mio. USD (€ 189 Mio.) Zinsen stattgegeben. Insgesamt soll SolarWorld Industries Sachsen 721 Mio. Euro zahlen.

SolarWorld AG verzeichnet international deutliche Zuwächse – Konzern-Zwischenbericht mit finalen Zahlen zum 2. Quartal 2016 veröffentlicht

„Die SolarWorld AG setzt ihren Wachstumskurs fort“, formulieren die Bonner optimistisch in ihrem Zwischenbericht zum 2. Quartal. Denn der Sonnen-Konzern habe seinen Absatz gegenüber dem Vorjahr um 39 Prozent auf 342 MW gesteigert – der Konzernumsatz habe im gleichen Zeitraum um 30 Prozent auf 222 Mio. € zugenommen (2015 hatte der seit Jahren Verluste schreibende Konzern bei einem Umsatz von 763 Millionen Euro noch ein Minus von 33,2 Millionen Euro verbucht.) SolarWorld habe sowohl in ihrem größten Einzelmarkt USA, der gut die Hälfte des Konzernabsatzes und -umsatzes ausmachte, als auch in Deutschland, dem übrigen Europa, Asien und Afrika deutliche Zuwächse verzeichnet.

Im operativen Bereich habe man sich ebenfalls verbessert: Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg im 2. Quartal 2016 auf 16,4 (2015: 7,0) Mio. €., das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf 4,5 (Q2 2015: -4,2) Mio. €. Für die zweite Jahreshälfte 2016 erwartet SolarWorld, weiter von der steigenden internationalen Nachfrage profitieren zu können. Im Gesamtjahr 2016 würden Absatzmenge und Umsatz des Konzerns um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. SolarWorld strebe einen Konzernumsatz bis zu einer Milliarde Euro an. Das EBIT werde im Gesamtjahr 2016 voraussichtlich zwischen -10 Mio. € und +10 Mio. € liegen.

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