25 Jahre Mehrwegschutz: Kritischer Rückblick

Deutsche Umwelthilfe zieht Bilanz mit ehemaligem Grünen-Umweltminister Jürgen Trittin und CDU-Staatssekretär Clemens Stroetmann

„Mehr als 17 Milliarden Getränke werden umweltbelastend in Plastik-Einwegflaschen verkauft, obwohl Deutschland das weltweit größte und in weiten Teilen intakteste Mehrweg-Getränkesystem der Welt hat“, so die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin zum „Jubiläum“. Bundesumweltministerin Hendricks plane gar die Abschaffung der Mehrwegschutzquote. Die Forderungen der DUH und der Stiftung Initiative Mehrweg (SIM): Beibehaltung einer verbindlichen Mehrwegquote für Getränkeverpackungen, klare Kennzeichnung von Mehrweg und Einweg auf dem Produkt sowie eine 20 Cent Lenkungsabgabe auf Dosen und Plastikflaschen.

Pfandflasche - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify 0160823Der Entwurf des neuen Verpackungsgesetzes stellt laut DUH und SIM einen Wendepunkt in der deutschen Abfallpolitik dar: „Der Entwurf sieht vor, die unter dem ehemaligen Umweltminister Klaus Töpfer und seinem beamteten Staatssekretär Clemens Stroetmann eingeführte Mehrwegschutzquote ersatzlos zu streichen. Exakt vor 25 Jahren, im Sommer 1991, wurde die entsprechende Rechtsverordnung als ‚Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen‘ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Ein Vierteljahrhundert später, im Sommer 2016, legte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ernsthaft ein Verpackungsgesetz vor, das ausdrücklich auf das wichtigste Ziel im Titel wie im Inhalt verzichtet: den Ressourcenschutz durch Vermeidung von Abfällen.“

Stattdessen halte Hendricks die jährlich mehr als 17 Milliarden Einweg-Plastikflaschen und drei Milliarden verkauften Getränkedosen für akzeptabel. Diese Bankrotterklärung an den Umweltschutz nehmen die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin und die Stiftung Initiative Mehrweg (SIM) zum Anlass, um die aktuelle Umweltministerin gemeinsam zu einer konsequenten Mehrwegschutzpolitik aufzufordern.

„Barbara Hendricks macht die Merkel. Weil die Handelskonzerne und großen Abfüller sich nicht ans Gesetz halten, wird einfach das Gesetz geändert. Frau Merkel hatte sich noch damit begnügt, die Quote zu senken, Frau Hendricks schafft sie gleich ganz ab. Was wir dagegen brauchen, ist ein wirksamer Schutz für Mehrweg. Und den gibt es nur mit einer Einwegabgabe neben dem Pfand“, sagte Jürgen Trittin, Grünen- Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Umweltminister.

213 kg Verpackungsabfälle pro Kopf und Jahr: Europameister

Deutschland ist – so DUH und SIM – mit 213 kg pro Kopf und Jahr Europameister bei Verpackungsabfällen und liegt damit sogar 20 Prozent über dem europäischen Durchschnitt. Dieser Trend werde durch den deutschlandweiten Jahresverbrauch von mehr als 500.000 Tonnen Kunststoff für die Herstellung von Einwegplastikflaschen noch verstärkt. Discounter böten mit wenigen Ausnahmen ausschließlich Getränke in Einweg an und auch Coca-Cola habe sich weitgehend von der Abfüllung in Mehrwegflaschen verabschiedet. Doch statt sich dieser besorgniserregenden Entwicklung in den Weg zu stellen und entsprechende einstimmige Resolutionen der Landesumweltminister für einen besseren Mehrwegschutz umzusetzen, setze „Bundesumweltministerin Hendricks ihren Schmusekurs mit Discountern und einigen großen Handels- und Industriekonzernen fort“.

Der für die Entwicklung der Verpackungsverordnung vor 25 Jahren maßgeblich verantwortliche beamtete Staatssekretär Stroetmann und der für die Auslösung des Einwegpfandes („wegen Wortbruchs großer Teile von Handel und Industrie“) verantwortliche damalige Minister Trittin, sprechen sich für eine konsequente Fortsetzung der Mehrwegschutzpolitik aus. Für Mehrweg führen sie die bis zu 50-malige Wiederbefüllung der Flaschen, den dadurch praktizierte Ressourcen- und Klimaschutz sowie die Vermeidung von Littering in der Landschaft, in Seen, Flüssen und Meeren ins Feld.

Folgt:  Mehrwegsystem gegenüber 1991 ökologisch weiterentwickelt