PIK: „Carbon Law“ soll CO2 bis 2050 auf Null bringen

Klimaforscher verlangen alle zehn Jahre Halbierung des weltweitem Kohlendioxid-Ausstoßes

Wenn der Welt-CO2-Ausstoß alle zehn Jahre halbiert würde, könnte die Erderwärmung in erträglichen Grenzen gehalten werden. Klimaforscher aus Potsdam, Stockholm, Laxenburg und Melbourne sind überzeugt, eine solche Strategie könne „disruptive Innovationen“ in Gang setzen, die klimaschädliche fossile Brennstoffe wie Öl und Kohle lange vor 2050 überflüssig machen würden, erklärte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) am 23.03.2017.

Berlin Vattenfall-Kraftwerk Reuter (UBA 2,7 Mio t CO2 pro Jahr) – Foto © Gerhard Hofmann Agentur Zukunft

Angesichts der Kluft zwischen wissenschaftlich basierten Zielen zur Emissionsreduktion einerseits und den nationalen Selbstverpflichtungen zur Klimastabilisierung andererseits haben jetzt internationale Experten in der hochrangigen wissenschaftlichen Zeitschrift ‚Science‘ einen Fahrplan weg von Kohle und Öl vorgelegt. Mit diesem könnten die CO2-Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts unter dem Strich auf Null reduziert werden – orientiert an einem „Carbon Law“ der Halbierung der Emissionen aus fossilen Brennstoffen alle zehn Jahre.

„Ein ‚Carbon Law‘ kann auf allen Ebenen angewendet werden, in allen Sektoren und Ländern, und zu entschlossenem Handeln in naher Zukunft ermutigen“, sagen Johan Rockström und seine Kollegen. Ein „Carbon Law“ kann durch die Verbindung kurzfristiger Maßnahmen mit langfristigen Zielen „Schlüsselelemente für nationale und internationale Klimastrategien hervorbringen“, erklären Rockström, Direktor des Stockholm Resilience Centre, und Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Der umfassende und auf Jahrzehnte ausgerichtete Fahrplan würde sich über vier Dimensionen erstrecken: Innovation, Institution, Infrastruktur und Investition – und er würde Sektoren von Landwirtschaft und Finanzwesen bis zu Industrie und Transportwesen umfassen.

Am Vorabend der diesjährigen „Earth hour“ (25.03.2017) haben die Forscher in ‚Science‘ einen Fahrplan vorgelegt, wie die Weltwirtschaft rasch ihren CO2-Ausstoß verringern kann. Mit einer Halbierung der Treibhausgas-Emissionen in jedem Jahrzehnt als einfache Faustregel könnten disruptive Innovationen in Gang gebracht werden. Ein solches „Carbon Law“, ähnlich dem „Moore’s Law“ in der Computerindustrie, könnte für Städte, Staaten und Wirtschaftszweige angewendet werden.

Spätestens 2020 sollten die Emissionen aus fossilen Brennstoffen ihren Höhepunkt überschreiten und bis 2050 auf Null sinken, so die Wissenschaftler, wenn das in Paris vereinbarte UN-Klimaziel eingehalten werden soll, den globalen Anstieg der Temperaturen auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Richtet man sich nach dem „Carbon Law“, dann werden die größten Schritte hin zur Dekarbonisierung früher gemacht statt auf später verschoben zu werden, erklären die Autoren. Das verringere das Risiko, das im Rahmen des Klimaziels noch verbleibende Budget noch möglicher CO2-Emissionen zu sprengen.

Ein „Carbon Law“ – ähnlich wie „Moore’s Law“ in der Computerindustrie

Parallel zu dem Halbieren der Emissionen alle zehn Jahre sollte ein genauso ehrgeiziger Ausbau der erneuerbaren Energien geschehen – exponentiell, also in einer immer steiler nach oben weisenden Kurve. Etwa indem der Anteil von Sonne, Wind und Biomasse im Energiesektor alle 5-7 Jahre verdoppelt wird, Technologien wie zum Entziehen von CO2 aus der Atmosphäre voran getrieben werden, und entschlossen bei den Emissionen aus der Landwirtschaft und dem Roden von Wäldern umgesteuert wird.

„Wir stehen bereits am Beginn dieses Weges“, sagt Leitautor Johan Rockström vom Stockholm Resilience Centre der Universität Stockholm in Schweden. „Zuletzt hat sich der Anteil der Erneuerbaren im Energiesektor alle 5,5 Jahre verdoppelt. Wenn diese Verdopplung im selben Tempo so weitergeht, dann sind die fossilen Brennstoffe deutlich vor 2050 raus aus dem System.“

Die Autoren sehen ein Ende der Kohle 2030-35 und des Öls 2040-45, auf der Grundlage ihres „Carbon Law“. Sie erklären, dass alle Wirtschaftszweige einen Fahrplan für jedes Jahrzehnt brauchen, der nach dieser Faustregel dem Weg zur Dekarbonisierung folgt, die nach dem Vorbild von „Moores Law“ gebildet wurde.

Folgt: „Unternehmen, die herumtrippeln, werden die nächste industrielle Revolution verpassen“