Merkel: Kein Staatsversagen

Einvernahme im Abgas-Untersuchungsausschuss – BUND fordert: „Schluss mit schmutzig, Frau Merkel!“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am 08.03.2017 vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages den Vorwurf des Staatsversagens im Zusammenhang mit dem Dieselskandal „zurückgewiesen“. Sie sehe „keine strukturelle Veränderungsnotwendigkeit“, fügte die Kanzlerin hinzu. Das Fehlverhalten liege nicht beim Staat, sondern bei VW. Merkel war die vorerst letzte Zeugin im Ausschuss –  – so der parlamentseigene Pressedienst „heute im bundestag„. Der BUND demonstrierte mit der Parole „Schluss mit schmutzig, Frau Merkel!

Von den Vorwürfen der Manipulation der Abgasreinigung durch Volkswagen hat Merkel nach eigener Aussage erst am 19.09.2015 „aus den Medien“ erfahren. Auch den Begriff Abschalteinrichtung habe sie zuvor nicht gekannt. Sie habe dann Verkehrsminister Dobrindt „ermuntert“, in der von ihm einzuberufenden Untersuchungskommission mit „voller Transparenz“ für Aufklärung zu sorgen. Auf die Arbeit der Kommission habe sie weder Einfluss genommen noch einen Grund gesehen, einen Vertreter des Kanzleramtes zu entsenden. Sie habe sich über die Arbeit der Kommission „immer gut informiert“ gefühlt. In einem Telefonat mit dem damaligen VW-Chef Martin Winterkorn am 22.09.2015 (drei Tage nach den ersten Meldungen) habe sie nichts Neues erfahren.

Die Aufdeckung des VW-Skandals fiel auch in die Endphase der Verhandlungen über Grenzwerte für die ab September 2017 geplanten Straßentests (RDE – Real Driving Emissions), in die Merkel direkt eingebunden war. Die EU-Kommission hatte weitgehende Pläne, die zwar das BMUB mittragen wollte, die aber dem Wirtschafts- und dem Verkehrsministerium zu weit gingen. Dem Kanzleramt kam daher eine koordinierende Rolle zu, um in Brüssel mit einer Stimme zu sprechen. Verschiedene Ansichten zwischen den Ministerien seien auch nicht ungewöhnlich – „dafür gibt es ja auch unterschiedliche Ministerien“, sagte Merkel. Vor der Festlegung der RDE-Grenzwerte verabredete die Kanzlerin mit Frankreichs Staatspräsident Hollande eine gemeinsame Position. Die Regeln müssten ambitioniert sein, müssten aber auch praktisch eingehalten werden können. Die Automobilindustrie sei einer der Kernarbeitgeber in Deutschland, an ihr hingen Hunderttausende Arbeitsplätze.

Merkel sprach sich für eine Präzisierung der europäischen Verordnung 715 von 2007 aus. Diese verbietet im Grundsatz Abschalteinrichtungen, lässt aber Ausnahmen etwa zum Motorschutz zu. Merkel sprach von einer Unschärfe und extensiven Auslegung der Ausnahmen durch die Hersteller, die sicher nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sei.

Grundsätzlich sprach Merkel im Zusammenhang mit der Dieseltechnologie von einem Zielkonflikt zwischen der Senkung der klimaschädlichen [[CO2]]-Emissionen und der gesundheitsgefährdenden NOx-Abgase. Der Betrug bei Letzteren war VW zum Verhängnis geworden. Für den Klimaschutz sei die Einsparung von [[CO2]] der Maßstab. „Da war der Dieselmotor immer eine sehr gute Möglichkeit“. Und dieser Beitrag zum Klimaschutz sei nicht obsolet geworden.

Merkel beantwortete auch Fragen nach einem Treffen mit dem damaligen kalifornischen Gouverneur Arnold Schwarzenegger am 14.04.2010 in Beverly Hills. Daran nahm auch die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde CARB, Mary Nichols, teil. Nichols, die am 06.03.2017 vom Ausschuss befragt worden war, hatte sich gewundert, dass Merkel damals vor zu strengen Abgasnormen für Dieselautos und einem Schaden für deutsche Hersteller gewarnt habe. Merkel sagte, sie habe an ihre Aussage keine Erinnerung, halte Nichols aber für eine „ehrenwerte“ Frau und glaube der Darstellung. Es sei um Pläne Kaliforniens für die Zeit nach 2014 und ihr darum gegangen, die [[CO2]]-Emissionen zu senken und die dafür geeignete Dieseltechnologie nicht auszusperren. Dies sei keine Attacke gegen kalifornische Umweltbemühungen gewesen. Merkel bezeichnete Schwarzenegger als einen der wenigen Gouverneure der Republikaner, mit dem man positiv über Fragen des Klimaschutzes habe reden können.

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