BUND warnt vor Mikroschadstoffen

Zunehmende Gefahr in Flüssen und Gewässern

Mikroschadstoffe – Arzneimittel, Kosmetika, Pestizide und sonstige Chemikalien – stellen eine erhebliche Gefahr für unsere Gewässer dar – warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND). Sie sollten darum gar nicht erst in die Umwelt gelangen. Forderung des BUND: Die Bundesregierung müsse „endlich handeln“. Solarify hat am 12.05.2016 über das Thema berichtet.

Kies am Bodensee - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftImmer mehr Mikroschadstoffe gelangen in unsere Gewässer. Sie bedrohen nicht nur die Tiere und Pflanzen in den Flüssen, Bächen und Seen. Die Schadstoffe gefährden auch das politische Ziel, unsere Gewässer bis 2027 in den geforderten „guten ökologischen Zustand“ gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu versetzen.

Deshalb hat das Bundesumweltministeriums (BMUB) einen sogenannten „Stakeholder-Dialog“ mit Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und den Umweltorganisationen auf den Weg gebracht. Auch der BUND war daran beteiligt.Gebirgsbach oberhalb von Evian - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Mikroschadstoffe bereits an der Quelle verhindern 

Das aus dem Dialog resultierende, Ende Juni 2017 veröffentlichte „Policy Paper“ mit Empfehlungen zur Reduzierung von Mikroschadstoffen geht dem BUND aber nicht weit genug. Der BUND fordert, dass vorrangig Maßnahmen an der Quelle ergriffen werden, damit Mikroschadstoffe erst gar nicht produziert und eingesetzt werden und so in die Umwelt gelangen.

Fragen und Antworten zu Mikroschadstoffen

  1. Was sind Mikroschadstoffe?
    „Mikroschadstoffe“, „Spurenstoffe“, „Mikroplastik“, „Nanopartikel“, „Mikroverunreinigungen“… All diesen Begriffen ist gemeinsam, dass sie (schädliche) kleinste Teilchen (meist) im Wasser bezeichnen. Es fehlt an einer einheitlichen Sprachregelung und klaren Definitionen. Die Begriffe Mikroschadstoffe, Mikroverunreinigungen und relevante Spurenstoffe werden oftmals synonym verwendet.
    Grundsätzlich gilt: Mikroschadstoffe sind Stoffe, die schon in sehr geringen Konzentrationen eine Gefahr für die aquatische Umwelt, d.h. Tiere und Pflanzen in Gewässern, darstellen. Mikroschadstoffe können Arzneimittel, Röntgenkontrastmittel, Kosmetikprodukte, Haushaltschemikalien, Biozide und Pestizide sowie Industriechemikalien sein, die über verschiedene Eintragspfade in unsere Gewässer gelangen.
  2. Wie schaden Mikroschadstoffe der Umwelt?
    Mikroschadstoffe sind oftmals persistent und bioakkumulativ, d.h. die Probleme, die jetzt schon bestehen, werden sich im Lauf der Zeit (bei unveränderten weiteren Eintrag) nur verschlimmern.
    Studien zeigen, dass empfindliche Arten wie z.B. Eintagsfliegen, Stein- oder Köcherfliegen in Fließgewässern bei Konzentrationen von Mikroschadstoffen verschwinden – auch, wenn bestehende Grenzwerte eingehalten werden. Die bisherigen Grenzwerte bzw. die Art der Festlegung ist zu schwach, um diese für die Ökosysteme wichtigen Arten zu schützen.
    Ein weiteres Problem ist, dass bestehende Grenzwerte keine Kumulationseffekte berücksichtigen: Die meisten Studien über die Auswirkungen von Substanzen auf Wasserorganismen erfassen lediglich die Wirkung eines Einzelstoffes. In Gewässern wirken jedoch meist mehrere Verbindungen gleichzeitig auf Flora und Fauna. Dazu zeigen Untersuchungen, dass Mischungen mehrerer Wirkstoffe schädlich sein können, selbst wenn die Einzelsubstanzen in derselben Konzentration keine negative Wirkung haben.
  3. Wo kommen Mikroschadstoffe her?
    Mikroschadstoffe gelangen sowohl über direkte Einleitungen (Kläranlagen, Industrie), als auch durch diffuse Verschmutzungen, etwa aus der Landwirtschaft oder von Straßen, in die Umwelt.
    Am häufigsten gelangen Mikroschadstoffe über kommunale Kläranlagen in die Gewässer. Das kommunale Abwasser beinhaltet unter anderem Medikamentenrückstände aus menschlichen Ausscheidungen oder unsachgemäßer Entsorgung von Arzneimitteln. Es kann zudem auch Duftstoffe aus Kosmetikprodukten, Haushaltschemikalien sowie Industriechemikalien enthalten.
    Konventionelle Kläranlagen, die mit einer mechanisch-biologischen Abwasserreinigung ausgestattet sind, sind nach dem heutigen Stand der Technik nicht darauf ausgelegt, Mikroschadstoffe gezielt aus dem Abwasser zu entfernen.
    Neben den kommunalen Kläranlagen stellen Direkteinleitungen von Industriebetrieben sowie Einträge aus diffusen Quellen, wie z.B. aus der Landwirtschaft, wichtige Ursachen für Mikroschadstoffbelastungen im Gewässer dar.
  4. Ein konkretes Beispiel?
    Aber sicher doch. Ein Beispiel für einen Mikroschadstoff ist das Schmerzmittel Diclofenac, das u.a. als „Voltaren“ im Handel erhältlich ist. „Voltaren“ wird breitflächig als Schmerzsalbe zur vorsorglichen (prophylaktischen) Anwendung beworben und benutzt. Der größte Anteil der Salbe wird bei der anschließenden Dusche ins Abwasser gespült, kann nicht von der Kläranlage entfernt werden und landet im Gewässer, wo es Fische und Gewässerorganismen erheblich schädigt.
    Verbraucher*innen ist dies nicht bewusst – die intensiv beworbene Salbe ist rezeptfrei erhältlich und auf dem Beipackzettel findet sich kein Hinweis zur Gewässerschädlichkeit des Stoffes.
    Der BUND fordert deswegen, zu prüfen, ob gewässerschädliche Stoffe nicht durch ungefährliche ersetzt werden können. Ist dies nicht sofort möglich, muss bei Medikamenten mittels Rezept- und Verschreibungspflicht, Werbeverboten und einer klaren, warnenden Kennzeichnung des Produkts als „gewässerschädlich“ der übermäßigen und unsachgemäßen Anwendung vorgebeugt werden. Nur so haben die Verbraucher*innen die Möglichkeit, eine bewusste, gewässerfreundlichere Entscheidung zu treffen.
  5. Was kann jeder einzelne gegen Mikroschadstoffe tun?
    Zurzeit sind weltweit etwa 120 Millionen chemische Substanzen patentrechtlich gemeldet. Doch es gibt auch jede Menge Gelegenheiten, diese zu vermeiden und durch Alternativen zu ersetzen, die biologisch abbaubar sind oder durch Kläranlagen gefiltert werden können.

Folgt: Einige Beispiele, wie jeder unseren Gewässern helfen kann