ESYS: „Sektorkopplung“ – Optionen für nächste Phase der Energiewende

Wissenschaftsakademien fordern Umdenken: Klimaziele nur mit sektorübergreifenden Lösungen erreichbar

Zu viele fossile Energieträger, zu wenig Fortschritte: Deutschland wird sein Klimaziel deutlich verfehlen, wenn es weitergeht wie bisher. Möglich ist das längerfristig nur durch einen klaren Kurswechsel hin zur Sektorkopplung, stellt das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) fest – so eine gemeinsamen Pressemitteilung von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. In der am 14.11.2017 veröffentlichten Stellungnahme „Sektorkopplung“ – Optionen für die nächste Phase der Energiewende fordern die Akademien, die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr stärker zu verknüpfen und mehr Erneuerbare in das System zu integrieren. Als zentrales Steuerungselement sprechen sie sich für einen einheitlichen CO2-Preis aus.

„Die Energiewende steckt fest“, konstatiert ESYS. Denn „obwohl Windkraft und Photovoltaik in den vergangenen Jahren stark ausgebaut wurden, basiert die Energieversorgung in Deutschland noch zu etwa 80 Prozent auf fossilen Energieträgern. Nur durch einen starken Ausbau der Erneuerbaren und durch einen sektorübergreifenden, wirksamen CO2-Preis kann die Energieversorgung langfristig klimafreundlich, sicher und bezahlbar werden“, zeigt das Akademienprojekt in seiner Stellungnahme. „Wir sind nicht auf dem richtigen Weg, werden in allen Details scheitern, selbst in der Photovoltaik sind wir bald nicht mehr im Plan“, erklärte Eberhard Umbach, acatech-Präsidiumsmitglied und Co-Leiter der zuständigen Arbeitsgruppe im Rahmen eines Pressegesprächs. „Die Energiewende tritt in eine neue Phase ein: Bisher stand die Stromerzeugung im Mittelpunkt. Damit fossile Energieträger bis 2050 weitgehend aus dem Energiesystem verdrängt werden können, müssen wir die Energieversorgung aber sektorübergreifend anpacken. Mit effizienten Windkraft- und Photovoltaikanlagen sowie innovativen Technologien zur Energienutzung stehen passende Werkzeuge zur Verfügung. Die neue Regierung muss nun rechtzeitig die Weichen für die Sektorkopplung in Deutschland stellen.“

Synthetische Kraftstoffe verstärkt fördern

Basierend auf Expertendiskussionen, einem Vergleich relevanter Energieszenarien und eigenen Modellrechnungen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Akademienprojekts Trends der künftigen Energieversorgung ermittelt und daraus Optionen für Deutschland abgeleitet. Die Stellungnahme zeigt: Strom aus regenerativen Quellen wird zum dominierenden Energieträger – auch im Verkehr und in der Wärmeversorgung. „Technologien wie Elektroautos und Wärmepumpen, die Strom direkt und effizient nutzen, werden in Zukunft immer wichtiger. Wir müssen jetzt damit beginnen, sie stärker in den Markt zu bringen. Damit das System langfristig versorgungssicher bleibt, sollten sie durch Wasserstoff und synthetische Brenn- und Kraftstoffe – vor allem bei Hybrid-Lösungen – ergänzt werden, etwa für den Schiff- oder Flugverkehr sowie zum Ausgleich saisonaler wetterbedingter Engpässe“, so Hans-Martin Henning – aber: „Je mehr wir uns den 100 Prozent nähern, desto anstrengender wird es“. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE hat die Arbeitsgruppe gemeinsam mit Eberhard Umbach geleitet. Auch der sprach sich für synthetische Kraftstoffe aus, „schon im Sinne der Kreislaufwirtschaft: An einem schönen und windreichen Tag haben wir bis zu 600 Gigawatt. Sollen wir die alle abregeln? Wir sollten sie  viel eher zur Wasserstoffherstellung nutzen, sollten mittels CCS und CCU CO2 verringern und synthetische Treibstoffe für lange Strecken und schweres Gerät produzieren.“

Folgt: Energiesystem ohne fossile Energieträger