Emissionsziele der Seeschifffahrt umstritten

CO2-Ausstoß bis 2100 auf Null (?) – Fell: „Durchbruch“

Seit 21 Jahren verhandeln die Mitglieder der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO über einen Klimaplan für Hochseeschiffe. Der drohte während der entscheidenden Verhandlungen in London zu scheitern. Denn zwischen den Akteuren ist Streit entbrannt. Die IMO will bis 2100 die CO2-Emissionen der Seeschifffahrt auf Null senken, bis 2050 im Vergleich zu 2008 zumindest halbieren. Der EU geht das nicht schnell genug. Sie fordert eine verbindliche IMO-Zielvereinbarung von 70 bis 100 Prozent weniger CO2 bis Mitte des Jahrhunderts.

Schiffsdiesel im Hafen von Malaga – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Die IMO selbst gab aus Anlass der Londoner Tagung mit Teilnehmern aus mehr als 100 IMO-Mitgliedstaaten am 13.04.2018 eine Medienmitteilung heraus: Es sei dort vom IMO-Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC), „eine erste Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen von Schiffen verabschiedet“ worden, diese lege „eine Vision zur Verringerung der Treibhausgasemissionen der internationalen Schifffahrt fest“ – die sollten „so bald wie möglich in diesem Jahrhundert auslaufen“. Das bestätige „das Engagement der IMO, die Treibhausgasemissionen der internationalen Schifffahrt zu reduzieren und sie so schnell wie möglich auslaufen zu lassen“.

Festgelegte ‚Ambitionen‘

Laut IMO-Mitteilung „sieht die ursprüngliche Strategie unter den festgelegten ‚Ambitionen‘ zum ersten Mal eine Reduzierung der gesamten Treibhausgasemissionen der internationalen Schifffahrt vor, die so schnell wie möglich ihren Höhepunkt erreichen und die gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2050 im Vergleich zu 2008 um mindestens 50 % senken soll, während gleichzeitig die Bemühungen um ihre vollständige Abschaffung fortgesetzt werden.“ Verwiesen wird auf „einen Weg zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Einklang mit den Temperaturzielen des Pariser Abkommens“.

IMO-Generalsekretär Kitack Lim sagte, die Verabschiedung der Strategie sei ein weiteres erfolgreiches Beispiel für den bekannten Geist der Zusammenarbeit der IMO und werde es ermöglichen, die künftige Arbeit der IMO zum Klimawandel auf einer soliden Grundlage zu verankern: „Ich ermutige Sie, Ihre Arbeit durch die neu verabschiedete Initial GHG Strategy fortzusetzen, die als Plattform für zukünftige Aktionen gedacht ist. Ich bin zuversichtlich, dass Sie sich auf Ihre Fähigkeit verlassen können, Ihre Bemühungen unermüdlich fortzusetzen und weitere Maßnahmen zu entwickeln, die bald zur Verringerung der Treibhausgasemissionen von Schiffen beitragen werden“. Nach einem von den IMO-Mitgliedstaaten 2016 verabschiedeten „Fahrplan“ soll die ursprüngliche Strategie bis 2023 überarbeitet werden.

„Nicht gut genug“

Der grüne Europaabgeordnete Bas Eickhout aus den Niederlanden warnt gleichwohl: „Was von der IMO auf dem Tisch liegt, ist nicht gut genug. Das Klimaziel ist ungenügend und es gibt keine kurzfristigen Aktionen.“ Die EU plane daher einen Alleingang: strikte Umweltauflagen für Seeschiffe zumindest in ihren Hoheitsgewässern. Dies sei ein mögliches letztes Mittel, das die EU nicht einsetzen wolle, da sie eine multilaterale statt einer unilateralen Vereinbarung vorziehe, so die schwedische EU-Abgeordnete Jytte Guteland. Die Union sei aber bereit, diesen Schritt zu gehen, sollte sich die IMO nicht auf strenge Zielsetzungen einigen.

Die globale Seeschifffahrt ist derzeit für etwa 2,6 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich – und damit für etwa so viel wie die gesamte Bundesrepublik.

Folgt: Fell: „Durchbruch“