Klimawandel seit 1979 bekannt

Auch die Leugner fingen früh an – Lesehinweis

„Chronik einer vertanen Chance“ nennt der Politik- und Kulturwissenschaftler Claus Leggewie einen langen Aufsatz in der ZEIT am 13.02.2019, in dem er eine Geschichte des Klimawandels entwirft, von der ersten – heute fast vergessenen – Weltklimakonferenz am 12.02.1979 in Genf bis zur COP24 in Katowice. Damals berieten UN-Experten über die anthropgenen Klimaveränderungen – wichtiges Ergebnis war die Warnung, dass die weitere Verbrennung fossiler Energieträger und die fortschreitende Vernichtung der Wälder auf der Erde „zu einem massiven Anstieg der atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration führen“ werde.

Noch im Mai des gleichen Jahres wurde das Weltklimaprogramm gegründet mit Empfehlungen zur weiteren Beobachtung klimatischer Phänomene und zur gezielten Klimaforschung. Das betraf vor allem Untersuchungen zur Entwicklung des Anteils von Kohlendioxid, die weitere Beobachtung des Ozonlochs und die Bewertung von El Niño. Der ersten folgten die Weltklimakonferenz 1988 in Toronto und die 1990 erneut in Genf tagende Weltklimakonferenz.

Schon 1979 – so Leggewie – sei die große Mehrheit der aus 53 Ländern nach Genf angereisten Delegierten überzeugt davon gewesen, „dass der Klima-Umschwung zu einem Temperaturanstieg führen werde. Als Ursache identifizierten sie den Treibhauseffekt – die Sättigung der Erdatmosphäre mit Kohlendioxid durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Benzin sowie durch die Rodung der Regenwälder. Den Nachweis dafür hatten unter anderem die Messergebnisse der 1958 auf dem Mauna-Loa-Vulkan auf Hawaii errichteten meteorologischen Forschungsstation erbracht.“

Und sie blickten nicht sonderlich optimistisch in die Zukunft des Planeten: „Mit dem Schmelzen der Eismeere und Gletscher könne der Meeresspiegel um bis zu fünf Meter ansteigen. Die zwingende Empfehlung lautete, den Verbrauch fossiler Brennstoffe rasch zu drosseln, großflächige Abholzungen zu stoppen und auf alternative Energiequellen wie Solarpanels zu setzen, von denen US-Präsident Lyndon B. Johnson 1965 schon eines auf dem Dach des Weißen Hauses hatte anbringen lassen. Die Wetterforscher, die ob ungenauer Vorhersagen viel Spott einstecken mussten, teilten der Welt nicht weniger mit als das: Die Menschen machen das Wetter selbst, sie beherrschen es aber nicht.“

Der damals 56-jährige Robert M. White, seit 1963 Chef des US-Wetterdienstes, erklärte 1977 in der Washington Post: „Wir haben eine Menge ernste Umweltprobleme. Die Erhaltung der Arten ist eines davon, aber keines ist so durchschlagend für die Gesellschaft wie der Klimawandel“. Und der SPIEGEL habe seinen Bericht aus Genf mit „Tod im Treibhaus“ betitelt und besorgt gefragt: „Bedroht eine Abgaswolke das Weltklima?“ Leggewie: „Spätestens Ende der 70er Jahre konnte also alle Welt Bescheid wissen. Dank elektronischer Datenverarbeitung und immer genauerer Messergebnisse ließ sich nun belegen, was einzelne Forscher schon Jahrzehnte zuvor vermutet hatten – dass der 1824 von Joseph Fourier entdeckte Treibhauseffekt durch den Menschen in einer Weise verstärkt wird, die unkontrollierbare Folgen für die Menschheit mit sich bringen kann (ZEIT Nr. 48/15).“

Die Konferenz hatte Institutionen und Programme zur Folge: Die Klimaforschung etablierte sich und die Klimadiplomatie startete das Weltklimaprogramm, aus dem später die Umweltbehörde der Vereinten Nationen und das Intergovernmental Panel on Climate Change, der Weltklimarat, hervorgingen. Viele Konferenzen folgten, vor allem „die der UN-Klimarahmenkonvention, deren Teilnehmer sich im Dezember 1997 das Kyoto-Protokoll abrangen“ (Leggewie) – schließlich die COP21, die 2015 mit dem Pariser Klimaabkommen erstmals verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen und die Pflichten der Industrieländer festlegte.

Leggewies „Aber“: „Hinter der erfolgreichen Bekämpfung des ‚Ozonlochs‘, zu der sich die Staatengemeinschaft im Montreal-Protokoll von 1987 entschlossen hat, ist der globale (und weitaus komplexere) Klimaschutz allerdings weit zurückgeblieben. Auch die jüngste Konferenz in Katowice im Dezember 2018 hat daran nichts ändern können.“ Wenn aber damals schon alles auf dem Tisch lag, wenn selbst Exxon Klimaforschung betrieb (1977 die Ergebnisse allerdings in der Schublade verschwinden ließ und das Gegenteil unternahm, siehe solarify.eu/exxon-wusste-schon-vor-fast-40-jahren-vom-klimawandel) – und wenn auch in Deutschland die Diskussion in Fahrt kam (hier hatte schon 1941 Hermann Flohn, Uni Bonn, in der Zeitschrift für Erdkunde „die Tätigkeit des Menschen“ als „Ursache einer erdumspannenden Klimaänderung“ beschrieben): „Warum gelang der Wandel nicht früher?“

Folgt: Meteoriteneinschlag in Superzeitlupe