Keine Beweise für Abschalteinrichtung

BMUB-Vertreter: Lediglich Gerüchte, bzw. Verdächte

Schon 2007  bzw. 2008 erreichte das Bundesumweltministerium der Verdacht, mittels einer speziellen Software könnten auf Rollenprüfständen die Werte von Dieselabgasen beeinflusst werden – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. Mehrere (teils ehemalige) Vertreter des Ministeriums bestritten aber vor dem 5. Untersuchungsausschuss des Bundestages, direkt Kenntnis von illegalen Abschalteinrichtungen gehabt zu haben.

diesel-auspuff-foto-gerhard-hofmann-agentur-zukunft-fuer-solarify-20161021Der Hinweis auf das sogenannte Cycle-Beating (Zykluserkennung mit betrügerischem Hintergrund) sei beispielsweise in einem Konzeptentwurf des Umweltbundesamtes (UBA) von Anfang 2008 gestanden. Professor Uwe Lahl, damals Abteilungsleiter für Immissionsschutz, Gesundheit und Verkehr im BMUB (und heute Ministerialdirektor im baden-württembergischen Ministerium für Verkehr und Infrastruktur), sagte im Ausschuss, er habe den Verdacht gehabt, „dass da was ist“. Hinweise auf Cycle-Beating seien von Nichtregierungsorganisationen und von einem UBA-Mitarbeiter an ihn herangetragen worden. Es habe aber weder Beweise noch einen Vorschlag gegeben, wie man den Nachweis hätte führen können. Er habe die Hinweise für „abenteuerliche Geschichten“ gehalten und würde es ohne das VW-Eingeständnis heute immer noch tun. Gleichwohl habe er die Hinweise ernst genommen, sagte Lahl.

Der am 07.07.2016 vom Deutschen Bundestag eingesetzte 5. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode soll unter dem Vorsitz von Herbert Behrens (Die Linke) untersuchen, inwieweit die Bundesregierung Kenntnis darüber hatte, dass die im Realbetrieb auf der Straße festgestellten Kraftstoffverbräuche und Abgasemissionen von Kraftfahrzeugen nicht mit den von den Herstellern angegebenen beziehungsweise von den Prüfstellen im Rahmen der Typenzulassung ermittelten Werten übereinstimmten und ob es Hinweise auf Ursachen hierfür gab. Ferner soll das Gremium klären, ob die Bundesregierung Kenntnis über die Auswirkungen dieses Umstandes auf Bevölkerung und Umwelt hatte und was gegebenenfalls zur Abhilfe veranlasst wurde.

Auch Hubert Steinkemper, damals Unterabteilungsleiter unter Lahl, verneinte eine Kenntnis von Betrugssoftware für Abgasmanipulationen. „Den Hinweis hatte ich nicht“, sagte Steinkemper, der 2013 aus Altersgründen aus dem Ministerium ausschied. Den Volkswagen-Betrug habe er nicht für möglich gehalten. Die Passage des UBA, in der von Cycle-Beating die Rede sei, sei abstrakt gewesen. Sie sei auch nicht gestrichen worden, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ geschrieben habe. Vielmehr sei er dahingehend modifiziert worden, dass in Verdachtsfällen Überprüfungen vorgenommen werden sollen. Steinkemper plädierte für stringentere Regeln dafür, wann die Abgasnachbehandlung abgeschaltet werden darf. Dies ist aus Gründen des Motorschutzes bislang erlaubt, die Regeln würden von den Herstellern aber extrem ausgereizt.

Das Umweltbundesamt sollte im Auftrag des Umweltministeriums Anfang 2008 ein Konzept für Feldüberwachungen erstellen, um zu testen, ob Fahrzeuge auch im Betrieb und nicht nur bei der Typzulassung die Abgasgrenzwerte einhalten. Die Abstimmung zwischen Ministerium und UBA nannte Lahl „holprig“. Ein erstes Konzept war dem Ministerium zu dünn, ein weiteres zu weitgehend. Um das Verkehrsministerium zu gewinnen, wurde es geglättet. „Die Begeisterung war nicht übermäßig ausgeprägt beim Verkehrsminister“, sagte Steinkemper.

Als letzten Zeugen befragte der Ausschuss Jochen Flasbarth, von 2009 bis 2013 UBA-Präsident und seitdem Umweltstaatssekretär. Bei seinem Amtsantritt im Umweltbundesamt sei er gleich zu Beginn auf die Stickoxid-Problematik der Dieselfahrzeuge hingewiesen worden. Man habe daher auf die schnelle Einführung der Euro-6-Norm und der realitätsnäheren RDE-Tests (Real Driving Emissions) gedrängt. Diese sollen 2017 Kraft treten. Von der Betrugssoftware hat Flasbarth nach eigener Aussage ebenfalls erst mit dem VW-Eingeständnis im September 2015 erfahren. An der Aufarbeitung des Skandals war das Umweltministerium dem Staatssekretär zufolge nicht beteiligt. Dies war Aufgabe des Verkehrsministeriums, das eine eigene Untersuchungskommission eingesetzt habe. Deren Ergebnisse habe er trotz hohem Interesse an frühzeitiger Information erst kurz vor Veröffentlichung telefonisch und in groben Zügen von Verkehrsstaatssekretär Michael Odenwald erfahren. (hib/STU)

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