Grundsatzerklärung „Energiesysteme der Zukunft“

acatech stellt gemeinsame Erklärung zur Gestaltung der Energiewende vor

Unter dem Titel „Auf dem Weg in ein nachhaltiges Energiesystem“ haben die Wissenschaftsakademien eine gemeinsame Erklärung zur Gestaltung der zukünftigen Energieversorgung verabschiedet. Sie beschreibt die Grundsätze, auf deren Basis das Akademienprojekt System- und Orientierungswissen für das Gemeinschaftswerk Energiewende erarbeitet.

Mit der Initiative „Energiesysteme der Zukunft“ bündeln acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften die Expertise verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen. Auf Basis folgender Grundsätze werden sie System- und Orientierungswissen für Entscheidungen im Rahmen des Gemeinschaftswerks Energie­wende bereitstellen:

  1. Die Energieversorgung unseres Landes ist ein System.
  2. Der Sinn der Energiewende ist Nachhaltigkeit.
  3. Wissenschaft erarbeitet Gestaltungsoptionen.

(1) Die Energieversorgung unseres Landes ist ein System

Rohstoffe und Ressourcen, Technologien, Ökonomie, Gesellschaft und Recht: Im Energiesystem gibt es vielfältige, sektorübergreifende Wechselwirkungen. Werden sie nicht ausreichend berück­sichtigt, können punktuelle Eingriffe paradoxe, unbeabsichtigte Folgen haben. Weil das System teilweise träge reagiert, zeigen sich viele Auswirkungen zudem erst mit großer zeitlicher Verzö­gerung. Ein umsichtiger Umbau der Energieversorgung braucht daher Systemverständnis. Dieses muss gemeinschaftlich und mit höchstem wissenschaftlichem Anspruch erarbeitet werden. Dabei gilt es, die Ergebnisse verständlich darzustellen und eine transdisziplinäre Diskussion anzustoßen. Den Masterplan für die Energiewende kann es jedoch nicht geben. Energiewende bedeutet näm­lich die stetige Transformation des Energiesystems in all seiner Dynamik. Die derzeitige Fixierung der öffentlichen Debatte auf den Strommarkt, die Kosten und die erneuerbaren Energien alleine wird den Anforderungen eines ganzheitlichen Verständnisses des Energiesystems nicht gerecht.

(2) Der Sinn der Energiewende ist Nachhaltigkeit

Daher müssen wir uns darauf verständigen, welche Kriterien für eine nachhaltige Energieversor­gung gelten sollen und wie Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit gemessen werden können. Im Energiekonzept der Bundesregierung bilden Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit das Zieldreieck einer nachhaltigen Energieversorgung. Dazu kommt die Frage, wie Sozialverträglichkeit und Gerechtigkeit angemessen berücksichtigt werden können. Um festzustellen, ob diese Ziele gleichwertig oder unterschiedlich zu gewichten sind, braucht das Land eine Wertediskussion und gute Verfahren für den Umgang mit Wertekonflikten. Tech­nologische Innovationen, Wertewandel und neues Wissen verändern das Energiesystem ständig. Entsprechend muss es zeitlich wie räumlich flexibel an neu auftretende Erfordernisse anpassbar und international integrierbar sein.

(3) Wissenschaft erarbeitet Gestaltungsoptionen

Auf Basis wissenschaftlich fundierter Gestaltungsoptionen können Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sachlich begründete, ethisch verantwortbare und politisch umsetzbare Ent­scheidungen treffen. Im Unterschied zur Handlungsempfehlung, die einen bestimmten Vorschlag in den Mittelpunkt rückt, beschreiben Optionen, mit welchen Konsequenzen zu rechnen ist, wenn man sich für das eine oder andere Vorgehen entscheidet. So kann Wissenschaft aufzeigen, welche Vor- und Nachteile nach dem besten Stand des Wissens mit jeder Lösung verbunden sind. Der Umgang mit Zielkonflikten und der immer verbleibenden Unsicherheit im Entschei­dungsprozess aber ist eine politische Aufgabe, die im Dialog mit den gesellschaftlichen Gruppen zu bewältigen ist.  Nach historischen Maßstäben ist diese Energiewende mit weitreichenden und tiefgreifenden Veränderungen verbunden. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung stehen wir daher vor wichtigen Weichenstellungen. Wählen wir einen soliden und reflektierten Weg auf Grundlage eines ganzheitlichen Verständnisses des Energiesystems!

->Quelle: acatech.de