Stimmen zu Kapazitätsreserveverordnung, Strommarkt- und Digitalisierungsgesetz

Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) fordert Flexibilisierung

„Auf dem Weg zu einem gut funktionierenden Strommarkt 2.0 fehlen dem BEE nach wie vor im Strommarktgesetz einige gute Ansätze, die im Weißbuch noch verankert waren. Dazu zählen im Wesentlichen konkrete Maßnahmen zur Flexibilisierung der Strommärkte sowie eine bessere Verbindung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Vor allem auf eine stärkere Flexibilisierung der Regelenergie weist der BEE nochmals hin. Wir haben Zweifel daran, ob das Strommarktgesetz für die Flexibilisierung der Regelenergiemärkte genügend Wirkung entfalten kann. Zudem gehört zu einem weiterentwickelten Strommarkt auch ein funktionierender Grünstrommarkt.

Für die Umstrukturierung der Geschäftsprozesse sowie die Entwicklung der erforderlichen IT-Infrastruktur für die Digitalisierung im Energiemarkt hat das Bundeswirtschaftsministerium Vorschläge gemacht, die nicht alle Gesichtspunkte berücksichtigen und sich deshalb negativ auf das System auswirken werden. Der BEE kritisiert die unzureichende Vorbereitung des an sich hochkomplexen Unterfangens. Erst jahrelang verzögert, winkt die Bundesregierung nun in Windeseile einen Gesetzesentwurf durch, der für Wirtschaft und Bürger richtig teuer wird und einige Kernfragen offen lässt. Es ist weder geklärt, was für eine sichere und gute Kommunikationsarchitektur überhaupt benötigt wird noch welche Technik sich dafür eignet.

Kein dauerhafter Nutzen von Smart Meter für kleinere Endkunden

Die Endverbraucher werden mit unnötig hohen Kosten belastet. Zum Beispiel stellen die Entgelte für den Smart Meter nur einen Teil der Kosten dar; der größere Anteil ist versteckt und wird über die Netzentgelte umgelegt werden. Dabei erkennt der BEE keinen dauerhaften Nutzen von einem Smart Meter für Endkunden, die einen Stromverbrauch unter 20.000 Kilowattstunden pro Jahr haben.“

VKU-Reiche: „Überregulierung erhöht die Kosten – wettbewerblich ausgestalteter Kapazitätsmarkt muss her

Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), dazu: „Wenn Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Kosteneffizienz nach wie vor die Ziele der Bundesregierung sind, werden diese Gesetze diesen Zielen nicht gerecht. Die geplanten Änderungen des Strommarktes laufen auf teure und regulatorische Lösungen hinaus. Auch beim Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende sollte darauf geachtet werden, dass Prozesse nicht unnötigerweise verkompliziert und damit ineffizient werden“.

Kapazitätsmarkt!

Der VKU fordert seit Jahren die Einführung eines wettbewerblich ausgestalteten Kapazitätsmarktes, der Versorgungssicherheit herstellen soll. Dem hat das BMWi jedoch mit der Begründung eine Absage erteilt, die Lösung sei zu teuer und man wolle den Markt nicht weiter regulieren. Der nun vom BMWi geplante Strommarkt 2.0 führt aus VKU-Sicht jedoch genau dazu. Reiche: „Mit der Kapazitäts- und Klimareserve sind neben der Netzreserve nun zwei weitere Elemente vorgesehen, die den Energiemarkt noch komplexer machen. Das ist ineffizient und erhöht die Kosten für die Verbraucher.“

Die vom BMWi selbst vorgelegten Gutachten prognostizieren die Mehrkosten der Einführung eines dezentralen Leistungsmarkts für die Zeit von 2015 bis 2039 auf 80 Millionen Euro pro Jahr. Allein die Mehrkosten des Strommarktes 2.0 für die Versorgungs- und Systemsicherheit belaufen sich jedoch nach heutigem Stand 345 Millionen Euro pro Jahr. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum das BMWi sehenden Auges die deutlich teurere Lösung wählt. Versorgungssicherheit ließe sich erheblich günstiger erreichen. Hinzu kommt, dass die Systemmehrkosten durch die Klimareserve noch weiter steigen. Die Vergütung für die Reserve muss daher transparent gemacht werden und mit Augenmaß erfolgen“, appelliert Reiche.

Überhöhte Kosten für die Verbraucher

Auch beim vorliegenden Entwurf des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende kritisiert der VKU, dass die Regelungen zu überhöhten Kosten für die Verbraucher führen könnten. Der Entwurf sieht die Verbreitung intelligenter Messsysteme mit dem Ziel vor, Energie effizienter zu nutzen und maßgeschneiderte Tarife für Verbraucher anzubieten. Aus Sicht des VKU ist das zu begrüßen, es müsse jedoch stärker auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen geachtet werden, so Reiche. „Die Regelungen dürfen nicht dazu führen, dass Abrechnungen und Vertragsbeziehungen unnötig aufgebläht und somit unpraktisch und teuer in ihrer Anwendung werden.“

Außerdem kritisiert der VKU als Spitzenverband der kommunalen Wirtschaft, dass Übertragungsnetzbetreibern grundsätzlich ein umfassenderer Zugang zu den Nutzungsdaten von Verbrauchern eingeräumt werden soll als Stadtwerken: „Daten sind der Rohstoff der Zukunft. Stadtwerke und ihre Netzgesellschaften sind die idealen Unternehmen, um die für den Rollout verantwortliche Marktrolle des grundzuständigen Messstellenbetreibers auszufüllen. Erstens verfügen sie durch viele Jahre Erfahrung über das nötige prozessuale Know-how, um Daten diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen. Zweitens genießen sie auch das notwendige Vertrauen bei der Bevölkerung, mit sensiblen Kundendaten verantwortungsvoll und sicher umzugehen“, so Reiche abschließend.

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar):

„Wir sehen keine Notwendigkeit für eine Digitalisierungspflicht von kleinen dezentralen Stromerzeugern wie Solarstromanlagen. Es sollte beim Einbau von sogenannten Smart Metern um Wirtschaftlichkeit, Datenschutz und technische Sicherheit gehen und weniger darum, möglichst viele teure Zähler zu installieren.

Da kleine Solaranlagen auf Eigenversorgung ausgerichtet sind, wird der erzeugte Strom hauptsächlich vor Ort genutzt und somit kaum ein weiterer Ausbau im Niederspannungsnetz notwendig sein. Keine Studie bringt den Nachweis, dass die durch Smart Meter ermöglichte Abregelung von kleinen Photovoltaik-Anlagen unter 30 Kilowatt überhaupt Einfluss auf den Netzausbau hat. Diese sollten deshalb von der Einbaupflicht ausgenommen bleiben.

Anstatt immer neuer ungerechtfertigter Auflagen für den Einsatz der Photovoltaik zu schaffen, sollte die Politik Barrieren abbauen und den Ausbau der Solarenergie und Speichertechnologien konsequent fördern. Andernfalls wird die Bundesregierung ihre EE-Ausbau- und Klimaschutzziele krachend verfehlen.“

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