Eine weltweite Datenbank zur Bewältigung von Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

Mehr als eine Milliarde naturkundlicher Objekte in wissenschaftlichen Sammlungen von 73 Museen in 28 Ländern

Wir wissen über die Erdoberfläche und die Ozeane weniger als über den Mond. Deshalb ist es an der Zeit, das Wissen in den naturkundlichen Sammlungen weltweit gemeinsam zu heben und allen Menschen als wissenschaftliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Erstmalig verbindet eine internationale Initiative mehr als eine Milliarde naturkundlicher Objekte in wissenschaftlichen Sammlungen von 73 Museen in 28 Ländern. Sie zeigt auch: Es gibt dramatische Lücken. Die Ergebnisse wurden aktuell in Science veröffentlicht. Das Museum für Naturkunde Berlin hat daran federführend mitgewirkt.

Naturkundemuseum Berlin: 12m lange Biodiversitätswand, Foto © – © Axel Mauruszat – Eig. Werk, commons.wikimedia.org

Die Umfrage zeigt: Es schlummern 1,1 Milliarden Objekte und damit unglaublich viele, relevante Informationen in den 73 wissenschaftlichen Sammlungen. So wurden in Berlin die ältesten Nachweise für Viren(erkrankungen) in der Erdgeschichte gefunden – in einem Dinosaurier aus dem Jura von vor 150 Millionen Jahren und in einer eidechsenartigen Kreatur aus dem Perm vor 289 Millionen Jahren. Aber es gibt auch dramatische Lücken: Das zeigen die Ergebnisse der bislang einmaligen Untersuchung der globalen Koalition.

Die wissenschaftlichen Sammlungen bewahren das Basiswissen über vergangene Welten, das es der Menschheit ermöglicht, zukünftige Bedingungen vorherzusagen und sich darauf vorzubereiten. „Naturkundliche Sammlungen sind die Versicherungspolice der Menschheit. Obwohl die Gesamtsammlung wirklich sehr umfangreich ist, hat die Studie auch gezeigt, dass es in den Museumssammlungen auffällige Lücken gibt. Das sollte uns anspornen, diese gemeinsam zügig zu schließen.

In den vergangenen drei Jahrhunderten haben die Menschen Objekte und gesammelt und in Naturkundemuseen auf der ganzen Welt ausgestellt. Welt untergebracht. In ihrer Gesamtheit bildet diese globale Sammlung die physische Grundlage für unser Verständnis der natürlichen Welt und unseres Platzes in ihr, eine eine unvergleichliche Informationsquelle, die für so unterschiedliche Themen Naturschutz, Klimawandel, Pandemievorsorge, Lebensmittelsicherheit Pandemievorsorge, Ernährungssicherheit, invasive Arten, seltene Mineralien und Bioökonomie. Die strategische Koordinierung und Nutzung der globalen Sammlung hat das das Potenzial, künftige Sammlungen zu bündeln und Entscheidungen zu treffen, die die für die Zukunft der Menschheit und der biologischen Vielfalt von Bedeutung sind. (siehe: science.org/science.adf)

Unser Zentrum für integrative Biodiversitätsentdeckung wird weiterhin gezielt dazu beitragen, mittels KI robotergestützt weltweit unbekannte Arten zu entdecken und zu erforschen“, sagt Professor Johannes Vogel, Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin. Die Lücken betreffen die Tropen ebenso wie die Polarregionen, den Ozean ebenso wie die Süßwasser-Systeme. Die Vielfalt von Gliederfüßern und Mikroorganismen – und damit ein Großteil des Lebens auf der Erde – ist schlicht unentdeckt.

„Es muss also nicht nur das Wissen aus den Sammlungen leicht zugänglich gemacht und fair nutzbar sein, wir brauchen auch eine gemeinsame, globale Strategie, um die Lücken im taxonomischen, geografischen, stratigrafischen und kulturellen Verständnis der natürlichen Welt zügig zu schließen“, betont Vogel. Daran arbeiten die drei naturkundlichen Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft Berlin, Bonn und Frankfurt, die auch Mitglied der globalen Koalition der 73 Museen und Herbarien aus 28 Ländern sind, zusammen.

Global Collection Highlights – Zentrale Aussagen

  • Naturkundemuseen besitzen wissenschaftliche Sammlungen, die in einzigartiger Weise auf die heutigen, miteinander verbundenen Krisen reagieren können. Sie bewahren das Basiswissen über vergangene Welten, das es der Menschheit ermöglicht, zukünftige Bedingungen vorherzusagen und sich darauf vorzubereiten.
  • Die in den vergangenen 300 Jahren gesammelten Objekte und Exemplare, von denen viele Tausende bis Millionen von Jahren zurückreichen, sind von unmittelbarer Bedeutung für so unterschiedliche Themen wie den Schutz von Wildtieren, die Vorbereitung auf Pandemien, Ernährungsunsicherheit, invasive Arten und den Verlust der biologischen Vielfalt.  Und doch gibt es keinen zentralen Katalog der Bestände dieser Einrichtungen.
  • Es ist erstaunlich, dass ein solcher Katalog nicht existiert, und ebenso schwierig, sich die Größe der Aufgabe vorzustellen. Die 73 Museen und Herbarien aus 28 Ländern, die an einer kürzlich vom American Museum of Natural History in Zusammenarbeit mit einem Konsortium von Museen und Wissenschaftlern durchgeführten Umfrage teilgenommen haben, besitzen zusammen 1,1 Milliarden Objekte, die von etwa 4.500 wissenschaftlichen Mitarbeitern und 4.000 Freiwilligen verwaltet werden. Die meisten dieser Materialien sind nicht erschlossen, d. h. nur 16 Prozent der Sammlungen verfügen über digital auffindbare Datensätze.
  • Die Organisatoren schufen einen gemeinsamen Rahmen von 19 Sammlungstypen für 16 geografische Regionen mit 304 verschiedenen Zellen, die Sammlungskategorien erfassen. Die 19 Sammlungstypen umfassen biologische, geologische, paläontologische und anthropologische Sammlungen und 16 terrestrische und marine Regionen, die die gesamte Erde abdecken.
  • In der ersten Phase dieser Initiative wurden die Bestände der 73 größten Museen der Welt bewertet; in Zukunft sollen auch die Hunderte von kleineren Museen einbezogen werden. Die Summe der Sammlungen der 73 Museen ist riesig, aber die Untersuchung hat gezeigt, dass es auffällige Lücken in Bezug auf tropische und polare Regionen, marine Systeme und unentdeckte Arthropoden- und mikrobielle Vielfalt gibt. Neben der Ausweitung der Erhebung auf kleinere Bestände soll dieser Rahmen genutzt werden, um die Digitalisierung zu beschleunigen und, wo möglich, die genomische Sequenzierung zu erleichtern, um eine koordinierte globale Strategie für die künftige Verwaltung und faire Nutzung der weltweiten Sammlung zu schaffen, welche die Lücken im taxonomischen, geografischen, stratigrafischen und kulturellen Verständnis der natürlichen Welt schließt.

->Quellen und weitere Informationen: