Teurer Braunkohle-Ausstieg

„Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ und Vertrag beschlossen

Das Bundeskabinett hat am 24.06.2020 die vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie vorgelegte Formulierungshilfe für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ beschlossen. Damit können Bundestag und Bundesrat das Strukturstärkungsgesetz nun bis zur Sommerpause beschließen. Gleichzeitig hat das Kabinett den Entwurf eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit den Betreibern von Braunkohlekraftwerken gebilligt. Kritik kam von den Grünen und u.a. vom BUND.

Braunkohletagebau Welzow Süd – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Auf scharfe Kritik seitens des Grünen-Fraktionschefs Hofreiter traf das Kohleausstiegsgesetz und der öffentlich-rechtliche Vertrag mit den Kraftwerksbetreibern: „Mit diesem Gesetz hintertreibt die Bundesregierung die gesellschaftliche Befriedung des Konflikts um den Kohleausstieg“, so Hofreiter in der Rheinischen Post. Die Einigung koste die Steuerzahler viel Geld für wenig Klimaschutz. „Demokratisch höchst fragwürdig und klimapolitisch der falsche Weg“ ist der Braunkohle-Ausstiegsvertrag für BUND-Chef Olaf Bandt: Der Bundestag soll in nur einer Woche fachlich prüfen und verabschieden, was über Monate mit den Braunkohlebetreibern ausverhandelt worden sei. Zudem sei nach erster Durchsicht zu befürchten, dass sie den klimapolitisch notwendigen schnellen Kohleausstieg unnötig verteuern und so Steuergelder verbrannt oder Klimaschutz ausgebremst werde. Durch die unnötige Auskohlung des Tagebaus Garzweiler, die in den Verträgen weiter festgeschrieben wird, würden Anwohnende auch heute noch der Kohle wegen aus ihrem Zuhause vertrieben. „Auch die sogenannte Rettung des Hambacher Waldes bleibt eine hohle Ankündigung, solange RWE die Verinselung durch Abbaggerung weiter vorantreibt.“

Altmaier zu Gesetz und Vertrag: „Der heutige Kabinettsbeschluss ist ein weiterer Meilenstein für eine aktive Gestaltung des Strukturwandels in den betroffenen Kohleregionen. Mit bis zu 40 Milliarden Euro bis 2038 geben wir den Kohleregionen und den Menschen vor Ort eine klare Zukunftsperspektive und sichern so Arbeitsplätze in den Regionen. Wir steigen bis 2038 aus der Kohle aus, tun dies aber verantwortungsvoll und mit aktiver Gestaltung des Strukturwandels in den Kohleregionen. Wichtig ist nun, dass nach der noch ausstehenden Beschlussfassung im Parlament schnell die konkreten Projekte umgesetzt werden. Der öffentlich-rechtliche Vertrag mit den Braunkohlekraftwerksbetreibern ist ein Meilenstein. Damit steht fest: Wir werden das Zeitalter der Kohleverstromung planbar und wirtschaftlich vernünftig beenden. Zugleich gestalten wir den Strukturwandel in den betroffenen Regionen und schaffen Zukunftsperspektiven und neue Arbeitsplätze in Kohle-Regionen.“

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Der Kohleausstieg wird jetzt konkret auf den Weg gebracht. Mit dem Vertrag setzt die Bundesregierung die Ergebnisse der Kohlekommission um. Damit schaffen wir Planungssicherheit. Mir war wichtig, dass durch den Vertrag die umwelt- und klimapolitischen Gestaltungsmöglichkeiten erhalten bleiben. Auch wird ausdrücklich ermöglicht, alle Kraftwerksabschaltungen nach 2030 um drei Jahre vorzuziehen, ohne dass dafür weitere Entschädigungen gezahlt werden müssen. Sichergestellt ist auch, dass Entschädigungszahlungen in den Regionen gezielt zur Beseitigung der Tagebaufolgen eingesetzt werden. Der Kohleausstieg kann kommen. Schon in diesem Jahr wird der erste Braunkohle-Kraftwerksblock stillgelegt. Zugleich unterstützen wir die betroffenen Regionen bei der Strukturentwicklung und schaffen neue zukunftsfeste Arbeitsplätze vor Ort.“

Viel Kohle für Kohleausstieg: 41 Milliarden

Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ (PDF, 533 KB) im August 2019 beschlossen. Im Januar 2020 haben sich Bund und Länder auf „Eckpunkte für einen Kohleausstieg“ geeinigt. Die Formulierungshilfe zum Strukturstärkungsgesetz  setzt die Änderungen im Gesetzesentwurf um, welche die Regierungsfraktionen nach Beratungen im Bundestag und Bundesrat beschlossen haben. Dazu gehört etwa die Aufteilung der vorgesehenen bis zu 1,09 Milliarden Euro auf ausgewählte Steinkohlestandorte und eine Priorisierung und Konkretisierung geplanter Verkehrsinfrastrukturprojekte. Zusätzlich legt der Bund Regelungen zur haushaltspolitischen Umsetzung vor, um die Verbindlichkeit der Finanzierung von Strukturwandelprojekten zu erhöhen.

Das Strukturstärkungsgesetz setzt die strukturpolitischen Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ um. Zur Unterstützung des Strukturwandels erhalten die Braunkohleregionen bis 2038 Finanzhilfen von bis zu 14 Milliarden. Euro für besonders bedeutsame Investitionen. Zudem unterstützt der Bund die Regionen durch weitere Maßnahmen in seiner eigenen Zuständigkeit mit bis zu 26 Milliarden Euro, etwa durch Erweiterung von Forschungs- und Förderprogrammen, den Ausbau von Verkehrsinfrastrukturprojekten oder die Ansiedelung von Bundeseinrichtungen.

Für einen Abschluss des parlamentarischen Verfahrens müssen nun Bundestag und Bundesrat zustimmen. Das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ ist an das Kohleausstiegsgesetz gekoppelt: Es tritt erst in Kraft, wenn auch das Kohleausstiegsgesetz in Kraft tritt. Bevor die Vertragsparteien den Vertrag unterschreiben können, muss der Bundestag das Kohleausstiegsgesetz beschließen und dem Vertragsentwurf zustimmen. Außerdem ist die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission erforderlich.

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