Szenarien für Netzentwicklungsplanung abgefragt

…Dringend geboten, dass die Bundesregierung ihre niedrigen Erneuerbare-Energien-Ziele nach oben korrigiert…“

Die Szenarien und Berechnungsgrundlagen zur Netzentwicklungsplanung stehen im Mittelpunkt der Antwort (19/25733) auf eine Kleine Anfrage (19/25131) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. Darin äußert sich die Bundesregierung zu Zielvorgaben auf Basis des Klimaschutzgesetzes, den Einfluss von Zertifikatspreisen sowie Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit. Auch Annahmen zum Stromverbrauch einzelner Technologien werden thematisiert, darunter verschiedene Szenarien zum Verbrauch von Elektrofahrzeugen. (hib/PEZ)

Strommasten und Windenergie bei Nauen, Brandenburg – Foto © Dieter Fichtner für Solarify

Im Wortlaut:
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ingrid Nestle, Lisa Badum, Dr. Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 19/25131 –
Szenariorahmen 2035 für die Netzentwicklungsplanung

Vorbemerkung der Fragesteller

Der Szenariorahmen ist der Ausgangspunkt für die Stromnetzplanung in Deutschland. Hier werden die Grundannahmen und Rahmenbedingungen ausformuliert, auf denen die Modellierungen für den anschließenden Netzentwicklungsplan aufsetzen. Er übernimmt eine maßgebliche Rolle bei der Gestaltung der Transformation der Energieversorgung Deutschlands mit einem wachsenden Anteil von erneuerbaren Energien. Darum ist es besonders wichtig, dass dieser Schritt unter bestmöglicher Berücksichtigung der verfügbaren Erkenntnisse und Erfahrungen vorgenommen wird.

Daher ist es nach Ansicht der Fragesteller dringend geboten, dass die Bundesregierung ihre niedrigen Erneuerbare-Energien-Ziele nach oben korrigiert, um die Klimaschutzziele sicher zu erreichen (vgl. prognos (2020): Energiewirtschaftliche Projektionen und Folgeabschätzungen 2030/2050; Öko-Institut (2020): Treibhausgasminderungswirkung des Klimaschutzprogramms 2030). Im Szenariorahmen macht die Bundesnetzagentur nach Ansicht der Fragesteller deutlich, dass sie die Erreichung der CO2-Ziele aus dem Klimaschutzgesetz und den Klimaschutzplänen der Bundesregierung als gefährdet ansieht (vgl. Genehmigung des Szenariorahmens 2021–2035, S. 17). Auch in der öffentlichen Konsultation des Szenariorahmens wurde die Kritik geäußert, dass die CO2-Obergrenze in den Szenarien zu hoch sei und gesenkt werden müsse. Dies kann nur von Regierung und Parlament korrigiert werden (vgl. Genehmigung des Szenariorahmens 2021–2035, S. 20). Eine klare Zielvorgabe zum Ausbau der erneuerbaren Energien über das Jahr 2030 hinaus wäre hilfreich für ein klares Bild. Auch hier sind die Bundesregierung und das Parlament gefordert.Unsere Gesellschaft braucht ein Stromnetz, das den zukünftigen Tatsachen Rechnung trägt. Aus diesem Grund ist es wichtig, mit dem Szenariorahmen, der die Grundlage des nächsten Netzentwicklungsplans sein wird, bereits heute das Fundament für die Erfüllung der anstehenden Klimaschutzziele zu legen.

1. Wie plant die Bundesregierung sicherzustellen, dass die Marktsimulationen auf Basis der Szenarien kompatibel mit den 2016 beschlossenen Pariser Klimazielen sein werden?

Im Szenariorahmen und den nachfolgenden Schritten des Netzentwicklungsplans wird eine Zieljahrbetrachtung, jedoch keine Budgetbetrachtung des CO2-Ausstoßes über mehrere Jahre hinweg durchgeführt. Eine solche Budgetbetrachtung ist nicht zentraler Gegenstand eines Szenariorahmens für die Stromnetzentwicklung. Die im Szenariorahmen unterstellten CO2-Obergrenzen dienen der Begrenzung des CO2-Ausstoßes basierend auf den konkret formulierten Klimaschutzzielen der Bundesregierung im Bundes-Klimaschutzgesetz. Damit die Einhaltung dieser Ziele sichergestellt ist, werden der im Rahmen der Netzentwicklungsplanung erforderlichen Strommarktmodellierung diese Obergrenzen vorgegeben.

2. Wie plant die Bundesregierung dabei unter anderem, mit den bereits jetzt vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen umzugehen, wonach die aktuell im Klimaschutzgesetz enthaltenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die eigenen Klimaschutzziele zu erreichen (vgl. UBA 2020: Treibhausgasminderungswirkung des Klimaschutzprogramms 2030; Prognos 2020: Energiewirtschaftliche Projektionen und Folgeabschätzungen 2030/2050)?

Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) enthält selbst keine Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele der Bundesregierung, sondern verbindliche Ziele sowie einen verbindlichen Nachsteuerungsmechanismus für den Fall, dass die festgelegten zulässigen Jahresemissionsmengen in einzelnen Sektoren überschritten werden sollten. Ob die Vorgaben gemäß KSG in 2020 eingehalten werden, wird sich mit der Veröffentlichung der Vorjahresschätzung des Umweltbundesamtes am 15. März 2021 zeigen. Sollte sich daraus ein Nachsteuerungsbedarf ergeben, muss das überwiegend zuständige Ministerium gemäß KSG innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen.

3. Warum beauftragt die Bundesregierung im Rahmen des Szenariorahmens sowie der anschließenden Marktsimulation bislang keine CO2-Budgetbetrachtung bis 2035, die mit den Pariser Klimazielen kompatibel ist?

siehe Antwort zu Frage 1

4. Auf welche Weise wird bei der Szenarienerstellung der Einfluss der europäischen ETS-Zertifikatspreise auf die Einsatzplanung deutscher fossiler Kraftwerke sowie auf den Zeitpunkt ihrer dauerhaften Außerbetriebnahme berücksichtigt?

Im Szenariorahmen werden CO2-Zertifikatspreise aus den Projektionen des europäischen Zehnjahresentwicklungsplans (TYNDP) angenommen. Diese wirken sich im Marktmodell direkt auf die Grenz- und Startkosten der fossilen Kraftwerke und damit auf deren Einsatzreihenfolge innerhalb der Merit-Order aus. Der Kraftwerksrückbau orientiert sich an politischen Entscheidungen (Kernenergie- und Kohleausstieg), an konkret gemeldeten Stilllegungsanzeigen der Betreiber sowie an einer pauschalen technisch-wirtschaftlichen Betriebsdauer von 45 Jahren. In dieser technisch-wirtschaftlichen Betriebsdauer ist die durch steigende ETS-Zertifikatspreise bedingte Reduzierung der Wirtschaftlichkeit indirekt berücksichtigt. Im Szenariorahmen wird kein modellendogener Zu- und Rückbau von Kraftwerken angenommen.

5. Wie will die Bundesregierung die im Szenariorahmen angenommenen energiewirtschaftlichen Entwicklungen sowie die darauf aufbauenden Annahmen zur Notwendigkeit des Netzausbaus für die Bürgerinnen und Bürger leichter nachvollziehbar und verständlich machen?

Damit die Notwendigkeit des Netzausbaus sowie die angenommenen energiewirtschaftlichen Entwicklungen des Szenariorahmen für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar und verständlich sind, bedarf es sowohl einer Transparenz in den einzelnen Prozessschritten als auch einer Beteiligungsmöglichkeit für die interessierte Öffentlichkeit.
Im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum Entwurf des Szenariorahmens 2021-2035 wurde der Öffentlichkeit die Gelegenheit gegeben, vom 17. Januar bis zum 14. Februar 2020 Stellung zu nehmen. Die Bundesnetzagentur hat die eingegangenen Stellungnahmen ausgewertet und sie bei der Genehmigung des Szenariorahmens berücksichtigt. Zudem gab es zwei Dialogveranstaltungen der Bundesnetzagentur am 5. Februar in Berlin und am 6. Februar in Nürnberg.
Die Übertragungsnetzbetreiber entwickeln gemäß Energiewirtschaftsgesetz im nächsten Schritt auf Basis des Szenariorahmens den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans. Sobald dieser veröffentlicht ist, haben Bürgerinnen und Bürger erneut die Gelegenheit, innerhalb einer vierwöchigen öffentlichen Konsultation zu dem ersten Entwurf Stellung zu nehmen. Nach Prüfung der Stellungnahmen überarbeiten die Übertragungsnetzbetreiber den Entwurf und übergeben der Bundesnetzagentur ihren zweiten Entwurf. Danach überprüft die Bundesnetzagentur den zweiten NEP-Entwurf und veröffentlicht ihre vorläufigen Prüfungsergebnisse sowie den Entwurf eines Umweltberichts. Bürgerinnen und Bürger haben nun ein weiteres Mal Gelegenheit, im Rahmen einer achtwöchigen öffentlichen Konsultation zu den genannten Prüfergebnissen Stellung zu nehmen. Wie auch in der Vergangenheit sind in diesem Zusammenhang mehrere Informationstage geplant. In den vergangenen Prozessen haben diese stets in unterschiedlichen Städten über das Bundesgebiet verteilt stattgefunden. Bei der Durchführung der nächsten Infotage muss gegebenenfalls auf digitale Veranstaltungskonzepte zurückgegriffen werden.
Die diversen Infotage bieten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, die Szenariengestaltung und die Bedarfsermittlung des Netzentwicklungsplans von den fachkundigen Ingenieuren und anderen Fachleuten der Bundesnetzagentur erläutert zu bekommen. Hierbei achtet die Bundesnetzagentur auf verständliche Formulierungen und anschauliches Bildmaterial und nimmt sich Zeit für die Beantwortung der Fragen. Die Bundesnetzagentur hat die Infotage zudem um eine anschauliche Vorführung des Simulationsprogrammes, mit dem die Netzberechnungen durchgeführt werden, ergänzt. Interessierte Teilnehmer der Infotage haben damit die Möglichkeit, einen Blick in das simulierte Übertragungsnetz zu werfen.
Darüber hinaus stellt die Bundesnetzagentur ein breites Angebot an Informationen und erklärenden Videos rund um die Themen der Netzentwicklung zur Verfügung, um die an vielen Stellen nicht triviale Materie für Bürgerinnen und Bürger verständlich darzustellen. Dafür wurde auch die spezielle Website www.netzausbau.de konzipiert. Ferner haben Bürgerinnen und Bürger jederzeit die Möglichkeit, individuelle Fragen telefonisch und schriftlich an die Bundesnetzagentur über den Bürgerservice zum Netzausbau heranzutragen.

6. Welche konkreten Annahmen zum Stromverbrauch durch „neue Stromanwendungen im Rahmen der Sektorkopplung“ (vgl. Genehmigung des Szenariorahmens 2021–2035, S. 61) haben die Nettostromverbrauchsannahme des genehmigten Szenariorahmens im Vergleich zur Entwurfsfassung reduziert (bitte differenziert nach Stromanwendung, Szenario, Verbrauchsannahmen pro Einheit, Grund für Abweichung vom Entwurf auflisten)?

Folgend werden die getroffenen Annahmen zu den einzelnen Technologien der Sektorenkopplung sektoren- und szenarienscharf aufgeführt. Wenn nicht anderes angeführt, gelten die Angaben für alle Szenarien.

a. Wärmepumpen (Haushaltssektor)

Der Unterschied zu den Verbrauchsannahmen der Übertragungsnetzbetreiber resultiert primär aus der angenommenen Anzahl an Wärmepumpen im Szenariorahmen. Die Zahlen der Übertragungsnetzbetreiber orientieren sich an der Studie „Wärmewende 2030“ von Agora Energiewende. Folgende Anzahlen an Wärmepumpen werden durch die Übertragungsnetzbetreiber angenommen:

  • Szenario A2035: 4. Mio.,
  • Szenario B2035: 6 Mio.,
  • Szenario C2035: 9 Mio.,
  • Szenario B2040: 8 Mio.

Die Zahlen der Bundesnetzagentur basieren auf eigenen Berechnungen. Folgende Anzahlen an Wärmepumpen werden von der Bundesnetzagentur angenommen:

  • Szenario A2035: 3. Mio.,
  • Szenario B2035: 5 Mio.,
  • Szenario C2035: 7 Mio.,
  • Szenario B2040: 6,5 Mio.

Unterstellt werden von der Bundesnetzagentur jährlich 126.667 Neubauten von Einfamilienhäusern und 100.667 Neubauten von Mehrfamilienhäusern: In diesen wird für die unterschiedlichen Szenarien eine Quote an Wärmepumpen angenommen:

  • Szenario A2035: 50 %,
  • Szenario B2035: 70 %,
  • Szenario C2035: 90 %,
  • Szenario B2040: 70 %.

Weiterhin wird eine Sanierungsquote unterstellt:

  • Szenario A2035: 0,8 %.,
  • Szenario B2035: 1,5 %,
  • Szenario C2035: 2 %,
  • Szenario B2040: 1,5 %.

In diesen sanierten Gebäuden erfolgen unterschiedliche Zubau-Quoten von Wärmepumpen:

Szenario A2035: 10 %,

Szenario B2035: 20 %,

Szenario C2035: 25 %,

Szenario B2040: 20 %.

b. Elektrofahrzeuge (Verkehrssektor)

Der Unterschied zu den Verbrauchsannahmen der Übertragungsnetzbetreiber basiert auf einer anderen Anzahl von Elektrofahrzeugen in den Szenarien der Genehmigung der Bundesnetzagentur im Vergleich zum Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber.

Die Bundesnetzagentur nimmt folgende Anzahl an Elektrofahrzeugen an:

  • Szenario A2035: 9 Mio.,
  • Szenario B2035: 12 Mio.,
  • Szenario C2035: 15 Mio.,
  • Szenario B2040: 14 Mio.

Die Übertragungsnetzbetreiber nehmen folgende Anzahl an Elektrofahrzeugen an:

  • Szenario A2035: 8 Mio.,
  • Szenario B2035: 12 Mio.,
  • Szenario C2035: 17 Mio.,
  • Szenario B2040: 16 Mio.

Weiterhin nehmen die Übertragungsnetzbetreiber einen höheren Verbrauch für E-PKW und Schwerlasttransporter an: E-PKW: 20 kWh/100 km; Schwerlasttransporter: 151 kWh/100 km.

Die Bundesnetzagentur nimmt folgenden Verbrauch an: E-PKW: 18kWh/100km; Schwerlasttransporter:120 kWh/100km

Die Bundesnetzagentur differenziert bei E-PKW weiterhin zwischen reinen E-PKW und Nutzfahrzeugen mit einem Verbrauch von 60 kWh/100km. Die Annahme für den Verbrauch, insbesondere bei Schwerlasttransportern, wurde von der Bundesnetzagentur gesenkt, da gegenüber dem heutigen Stand (151 kWh/100 km) bis 2035 Effizienzsteigerungen erwartet werden. Die Prognose der Fahrzeuganzahl basiert auf der Annahme, dass sich Elektrofahrzeuge im Szenario A2035 besser im Vergleich zu den Annahmen der ÜNB durchsetzen, in Szenario C2035 und B2040 jedoch etwas schlechter. Der von den Übertragungsnetzbetreibern gewählte Prognosetrichter wurde von der Bundesnetzagentur als zu breit empfunden, weshalb die Zahlen insbesondere in den Randszenarien angepasst wurden.
Die exakte Berechnung kann im Genehmigungsdokument zum Szenariorahmen auf Seite 41 ff. (www.netzausbau.de) nachvollzogen werden.

c. Elektrolyse (Industriesektor)

In dem am 26. Juni 2020 von der Bundesnetzagentur genehmigten Szenariorahmen 2035 wird die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung abgebildet, die zum Zeitpunkt des Entwurfs durch die Übertragungsnetzbetreiber noch nicht bekannt war. Die Bundesnetzagentur nimmt folgende installierte Elektrolyseleistung an:

  • Szenario A2035: 3 GW,
  • Szenario B2035: 5 GW,
  • Szenario C2035: 8 GW,
  • Szenario B2040: 10 GW.

In jedem Szenario werden zusätzlich 0,5 GW Elektrolyseleistung mit anschließender Methanisierung angenommen.

Die Übertragungsnetzbetreiber nehmen folgende Elektrolyseleistung an:

  • Szenario A2035: 2,5 GW,
  • Szenario B2035: 4,5 GW,
  • Szenario C2035: 7,5 GW.,
  • Szenario B2040: 7 GW.

In jedem Szenario werden zusätzlich 0,5 GW Elektrolyseleistung mit anschließender Methanisierung angenommen.
Die exakte Berechnung kann im Genehmigungsdokument auf Seite 46 ff. nachvollzogen werden.

d. Power to Heat (PtH) in der Industrie und Fernwärme (Haushalte, Industriesektor)

Der Unterschied im Stromverbrauch ist in erster Linie auf die geringere Anzahl von installierten PtH-Anwendungen in der Genehmigung der Bundesnetzagentur gegenüber dem Entwurf des Szenariorahmens der Übertragungsnetzbetreiber begründet.
Die Übertragungsnetzbetreiber nehmen folgende installierte Leistungen für PtH-Anlagen an:

  • Szenario A, B, C2035: Großwärmepumpen: 4,1 GW; Elektrodenheizkessel: 3,1 GW;
  • Szenario B2040: Großwärmepumpen: 5,6 GW; Elektrodenheizkessel: 3,1 GW.

Die Zahlen der Übertragungsnetzbetreiber basieren auf Annahmen in der Studie „Flexibilisierung der Kraft-Wärme-Kopplung“ der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V.. Konkrete Berechnungen werden im Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber nicht durchgeführt.
Die Bundesnetzagentur nimmt folgende installierte Leistungen an PtH-Anlagen an:

Großwärmepumpen:

  • Szenario A2035: 3 GW,
  • Szenario B2035: 4 GW,
  • Szenario C2035: 5 GW.,
  • Szenario B2040: 4,5 GW.

Elektrodenheizkessel:

  • Szenario A2035: 1 GW,
  • Szenario B2035: 2 GW,
  • Szenario C2035: 3 GW,
  • Szenario B2040: 2,5 GW.

Die Berechnungen der Bundesnetzagentur gehen vom heutigen Fernwärmebedarf aus, von dem je nach Szenario eine unterschiedlich hohe Verbrauchsreduktion bis ins Zieljahr berücksichtigt wird. Weiterhin wird berücksichtigt, dass der Restbedarf teilweise durch erneuerbare Wärmeerzeugung gedeckt wird. Der verbleibende Bedarf wird dann je nach Szenario zu unterschiedlichen Anteilen von KWK-Anlagen, Gaskesseln, Elektrodenheizkesseln oder Großwärmepumpen bereitgestellt. Die exakte Berechnung kann im Genehmigungsdokument auf Seite 44 ff. nachvollzogen werden. Die sich aus diesen Annahmen ergebenden Stromverbräuche können der Antwort auf Frage 10 entnommen werden.

7. Warum wurden keine Szenarien modelliert, die von einem deutlich höheren Stromverbrauch ausgehen, obwohl die Bundesregierung selbst der Ansicht ist, dass aktuelle Projektionen mit Unsicherheiten behaftet sind und dass vorliegende wissenschaftliche Studien erhebliche Bandbreiten für die Entwicklung des Stromverbrauchs aufweisen (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/18993)?

Bei der Annahme zum Gesamtstromverbrauch für Deutschland im Szenariorahmen wird nicht ein fester Stromverbrauch festgelegt, der dann auf ausgewählte Technologien verteilt wird. Vielmehr erfolgt die Prognose von neuen verbrauchstreibenden Technologien der Sektorenkopplung nach einem Bottom-Up-Prinzip. Hierzu werden für relevante Technologien Entwicklungspfade beschrieben, die in einem spezifischen Stromverbrauch resultieren. Das Aggregat der Stromverbräuche aller Technologien wird dann zum Verbrauch von klassischen (heute weit verbreiteten) Stromanwendungen (unter Berücksichtigung von Effizienzsteigerungen) addiert, wodurch sich der Stromverbrauch für das Zieljahr ergibt. Der Stromverbrauch in den Szenarien ist also Resultat der Prognose einer wahrscheinlichen Entwicklung relevanter Technologien der Sektorenkopplung und nicht eine Kenngröße, die aus oder in Anlehnung an Studien ermittelt wird. Die dem Bottom-Up-Prinzip zugrundeliegenden Annahmen sind der Antwort auf Frage 6 zu entnehmen.

8. Warum wird in der Modellierung der Treibhausgasemissionen des Bereichs Energiewirtschaft für 1990 ein Wert von 455,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente statt der sonst angesetzten 466 Millionen Tonnen CO2 und für 2030 ein Zielwert von 180 Millionen Tonnen CO2 statt der 175 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (vgl. https://www.bmu.de/media/entwicklung-der-gesamten-treibhausgasemissionen-nach-quellbereichen-1990-bis-2035/) entsprechend des Klimaschutzgesetzes verwendet?

Im Szenariorahmen 2021-2035 werden nicht die gesamten Emissionen des Sektors „Energiewirtschaft“ betrachtet, sondern nur der Kraftwerke, die im Netzentwicklungsplan modelliert werden. Diese Kraftwerke sind zum größten Teil im Sektor „Energiewirtschaft“ verortet, jedoch ist ein Teil der Kraftwerke auch dem Sektor „Industrie“ zugeordnet. Allerdings sind Emissionen, die (ohne gekoppelte Stromerzeugung) nur zur reinen Wärmeerzeugung dienen, zwar Teil des Sektors „Energiewirtschaft“, aber nicht Teil der im Rahmen des NEP modellierten Kraftwerke und somit auch nicht Teil der dargestellten Emissionen.
Zur Ermittlung der Emissionen wird ein vom Umweltbundesamt entwickeltes „Anlagenkonzept“ genutzt. Dabei werden die gesamten Emissionen der modellierten Kraftwerke inklusive der Emissionen der gekoppelten Wärmeerzeugung betrachtet (Quelle der Werte: „Sektorale Abgrenzung der deutschen Treibhausgasemissionen mit einem Schwerpunkt auf die verbrennungsbedingten CO2-Emissionen“ des Öko-Instituts). Durch die Zugehörigkeit dieser Kraftwerke sowohl zum Sektor Energiewirtschaft (mit 62prozentiger Minderung) als auch dem Sektor Industrie (mit 51prozentiger Minderung) ergibt sich für die Gesamtheit der Kraftwerke des Netzentwicklungsplans eine notwendige Reduzierung der Emissionen um ca. 60 % bis 2030 gegenüber 1990 zur Einhaltung des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Diese Differenz der prozentualen Reduzierung sowie die unterschiedliche Abgrenzung der zugrundeliegenden Emissionen in 1990 erklärt auch den Zielwert von 180 Mio. t CO2 anstelle 175 Mio. t CO2.

9. Von welchem Mehrbedarf an Strom je Sektor bis 2030, bis 2035 und bis 2050 gegenüber 2019 geht die Bundesregierung aus?

Aus dem Szenariorahmen 2021-2035 lassen sich nur Zahlen für die Zieljahre 2035 und 2040 ableiten. Der Mehrbedarf in den einzelnen Sektoren wird in der Antwort zu Frage 13 detailliert und nach Szenario aufgeschlüsselt dargestellt.
Generell weisen Studien bzw. Szenarien zur künftigen Entwicklung des Stromverbrauchs erhebliche Bandbreiten auf. Dabei wachsen die Unsicherheiten mit zunehmendem zeitlichen Betrachtungshorizont. Vor diesem Hintergrund weisen Energieszenarien insbesondere für das Jahr 2050 eine sehr große Bandbreite für den Stromverbrauch in Deutschland aus.

10. Wie erklärt die Bundesregierung die im Vergleich zum Entwurf des Szenariorahmens gesunkenen Prognosen zum Bruttostromverbrauch in den Szenarien B und C um 13 TWh respektive 42 TWh?

Die Differenz des Bruttostromverbrauchs aus der Genehmigung zum Entwurf des Szenariorahmens ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Der Ausgangswert für den Nettostromverbrauch basiert bei den Übertragungsnetzbetreibern auf der Energiebilanz 2016 der statistischen Landesämter. Der Wert der Bundesnetzagentur basiert auf dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur für das Jahr 2018. Der Ausgangswert der Bundesnetzagentur ist 6,4 TWh geringer. Weiterhin werden unterschiedlich starke Reduktionen dieses Ausgangswertes durch Effizienzsteigerungen bis ins Zieljahr angenommen. Die Übertragungsnetzbetreiber nehmen Effizienzsteigerungen von

  • 5 % in Szenario A2035 an,
  • 5 % in Szenario B2035,
  • 2,5 % in Szenario C2035 und
  • 6,8 % in Szenario B2040.

Die Bundesnetzagentur nimmt Effizienzsteigerungen von

  • 2,5 % in Szenario A2035 an,
  • 5 % in Szenario B2035,
  • 7,5 % in Szenario C2035 und
  • 6 % in Szenario B2040 an.

Weiterhin erfolgen unterschiedliche Prognosen für die Technologien der Sektorenkopplung.Differenzen ergeben sich zudem durch unterschiedliche Annahmen im Kraftwerkseigenverbrauch und beim Pumpspeicherbezug. Die Übertragungsnetzbetreiber nehmen beim Kraftwerkseigenverbrauch in den Szenarien A, B und C2035 jeweils 6 TWh an und im Szenario B2040 4 TWh. Die Bundesnetzagentur nimmt beim Kraftwerkseigenverbrauch im Szenario A2035 3 TWh an und in den übrigen Szenarien 2 TWh. Beim Pumpspeicherbezug nehmen die Übertragungsnetzbetreiber in allen Szenarien 12 TWh an, die Bundesnetzagentur nimmt in allen Szenarien 13,1 TWh an. Sowohl der Kraftwerkseigenverbrauch als auch der Pumpspeicherbezug sind vorab geschätzte Größen. Die endgültigen Werte ergeben sich im Rahmen der Marktmodellierung und liegen erst mit der Veröffentlichung des ersten Entwurfs des NEP 2021-2035 der ÜNB vor.

11. Welche Methodik wird der Modellierung regional spezifischer Entwicklungen des Stromverbrauchs zugrunde gelegt und wird dabei ein Top-down- oder ein Bottom-up-Ansatz gewählt, werden also vom angenommenen deutschen Gesamtstromverbrauch ausgehend regional wahrscheinliche Lasten abgeleitet oder stattdessen die regionalen Verbräuche zusammengerechnet, um den Gesamtstromverbrauch zu ermitteln?

Die Regionalisierung der Last erfolgt in zwei Stufen. Zuerst wird in einem Top-Down-Verfahren der heutige Verbrauch auf Landkreisebene stundenscharf bestimmt. Da landkreisscharfe Verbrauchsdaten nicht vorliegen, wird der jeweilige Verbrauch der Bundesländer basierend auf sozioökonomischen Parametern auf die Landkreise heruntergebrochen. Hierbei wird zwischen Haushalten, Industrie, Gewerbe und Verkehr differenziert, wobei für jeden Sektor spezifische sozioökonomische Parameter angewandt werden. Im zweiten Schritt erfolgt eine Bottom-Up basierte Prognose für das Zieljahr (z. B. 2035). Hierzu werden zunächst Effizienzsteigerungen in den klassischen (heute weit verbreiteten) Stromanwendungen in jedem Szenario berücksichtigt. Danach werden für jeden Sektor neue Stromanwendungen der Sektorenkopplung identifiziert, für welche eine landkreisscharfe und stundenweise Prognose durchgeführt wird (z. B. Wärmepumpen im Haushaltssektor oder Elektromobilität im Verkehrssektor). Die Aggregation aller sektoralen Verbräuche über alle Landkreise ergibt dann den Gesamtverbrauch im Zieljahr. Der Bedarf von strommarktgetriebenen Verbrauchern (industrielle Wärmepumpen oder Elektrolyseanlagen) wird basierend auf Erfahrungen aus den Vorgängerprozessen und politischen Zielvorgaben abgeschätzt. Das finale Einsatzverhalten wird dann in der Strommarktmodellierung abgebildet. Die exakte Berechnung kann im Genehmigungsdokument auf Seite 117 ff. nachvollzogen werden.

12. Wo sieht die Bundesregierung Verbesserungsbedarf bei der Einschätzung des Stromverbrauchs und seiner regionalen Zuordnung?

Die Annahmen der Bundesnetzagentur stützen sich in jedem Prozess auf die jeweils aktuellsten verfügbaren Quellen, wobei aktuelle und neue Entwicklungen möglichst berücksichtigt werden. Generell wird der Szenariorahmen aufbauend auf den Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber und insbesondere unter Berücksichtigung der im Rahmen der Konsultation erfolgten Rückmeldungen der Stakeholder erstellt. Sich gegebenenfalls in Zukunft verändernde Einschätzungen des Sektorenkopplungspotentials, des Effizienzpotentials und damit auch des Stromverbrauchs haben somit potenziell auch einen Einfluss auf den in den Zieljahren angenommenen Stromverbrauch in zukünftigen Prozessen. Neue Erkenntnisse bzgl. der Stromverbrauchsentwicklung werden daher immer spätestens im Folgeprozess neu bewertet und ggf. aufgenommen, wodurch die Einschätzungen verbessert werden können.
Konkret wurde im Szenariorahmen des NEP 2021-2035 durch die Übertragungsnetzbetreiber zum ersten Mal eine Abfrage der unterlagerten Verteilernetzbetreiber bezüglich des erwarteten Zubaus an neuen geplanten Stromgroßverbrauchern durchgeführt. Hierbei handelt es sich z. B. um konkret benannte Projekte aus Industrie und Gewerbe mit einer Anschlussleistung größer 5 MW, die in erster Linie der Dekarbonisierung und Digitalisierung dienen (z. B. Rechenzentren, Projekte zur CO2-freien Stahlerzeugung oder zur strombasierten Wärmeerzeugung für chemische Prozesse). Die Bundesnetzagentur weist im Genehmigungsdokument darauf hin, dass eine solche (aufwändige) Abfrage, insbesondere im Kontext der voranschreitenden Dekarbonisierung der Industrie, an Bedeutung gewinnt und beabsichtigt, im Folgeprozess einen Schwerpunkt auf diese Thematik zu legen, um die Qualität dieser Abfrage zu verbessern.

13. Wie plant die Bundesregierung den von ihr angenommenen zusätzlichen Stromverbrauch durch Sektorenkopplung und Industriemehrverbrauch von 95,5 TWh (Szenario A), 126,7 TWh (Szenario B) bzw. 169,7 TWh (Szenario C) so auszugleichen, dass der Bruttostromverbrauch 2035 dennoch nur 639,80 TWh (Szenario A), 656,9 TWh (Szenario B) und 686,9 TWh (Szenario C) sein wird?

Der zusätzliche Bedarf an elektrischer Energie durch Technologien der Sektorenkopplung wird nicht gezielt ausgeglichen, um einen bestimmten Zielwert als Bruttostromverbrauch zu „treffen“. Die Ermittlung des Bruttostromverbrauchs kann mithilfe der Tabellen 13, 33 und 34 des Genehmigungsdokuments nachvollzogen werden: Vom heutigen Verbrauchsniveau der klassischen Stromanwendungen (Nettostromverbrauch 2018) werden zunächst szenarienabhängige Effizienzsteigerungen von 2,5 % bis 7,5 % angenommen. Zum so ermittelten Nettostromverbrauch nach Effizienz werden dann die Technologien der Sektorenkopplung sowie ein Mehrverbrauch durch Elektrifizierung und Zubau von Stromgroßverbrauchern hinzuaddiert. Hieraus ergibt sich der Nettostromverbrauch in 2035/2040. Zum Nettostromverbrauch werden der Kraftwerkseigenbedarf, die Entnahme von Pumpspeichern sowie die Verluste des Übertragungsnetzes addiert (die Verteilnetz-Verluste sind schon im Nettostromverbrauch enthalten). In Summe ergibt sich der Bruttostromverbrauch im Zieljahr.

14. Wie erklärt die Bundesregierung die geringere Brutto-Netto-Differenz im genehmigten Szenariorahmen gegenüber der Entwurfsfassung?

Der Unterschied der Brutto-Netto-Differenz zwischen Entwurf und Genehmigung des Szenariorahmens ergibt sich durch unterschiedliche Werte der Pumpspeicherentnahme und des Kraftwerkseigenverbrauchs. Die Pumpspeicherentnahme unterscheidet sich vom Wert der Übertragungsnetzbetreiber, da zwischen Entwurf und Genehmigung ein aktualisierter Monitoringbericht der Bundesnetzagentur veröffentlicht wurde. In der Genehmigung wurde der Wert der aktuelleren Veröffentlichung genutzt. Der verringerte Kraftwerkseigenverbrauch ergibt sich durch die nach Einschätzung der Bundesnetzagentur zu hohen Annahmen der ÜNB. Der heutige Kraftwerkseigenverbrauch wird zu einem sehr großen Teil von Kohlekraftwerken verursacht. Der Kraftwerkseigenverbrauch von Kohlekraftwerken liegt mit Werten zwischen 5 % bis 10 % weit über dem Wert für Gaskraftwerke mit ca. 1 %. In den betrachteten Zieljahren ist der Kohleausstieg bereits in 3 von 4 Szenarien vollzogen. Der angenommene Zubau moderner Gaskraftwerke trägt auch dazu bei, den Kraftwerkseigenverbrauch weiter zu reduzieren. Für die Szenarien B2035/2040 und C2040 wurde daher unter Berücksichtigung des Kraftwerksparks in den Szenarien ein Kraftwerkseigenverbrauch von 2,0 TWh festgelegt was einer Eigenverbrauchsquote von ca. 1-2 % entspricht. Dieser Wert wurde für das Szenario A 2035 moderat auf 3,0 TWh erhöht, da der Kohleausstieg in diesem Szenario noch nicht vollständig vollzogen ist. Die höheren Annahmen der Übertragungsnetzbetreiber erschienen der Bundesnetzagentur nicht sachgerecht, da nach Ansicht der Bundesnetzagentur eine zu hohe Eigenverbrauchsquote angenommen wurde.Der Bruttostromverbrauch ist, anders als der Nettostromverbrauch, nicht Teil der formalen Genehmigung des Szenariorahmens 2021-2035. Die Prognose des Bruttostromverbrauchs ist lediglich als Basis für die Ermittlung des Anteils der Erneuerbaren Energien ausschlaggebend und nicht mit dem ermittelten Bruttostromverbrauch zu verwechseln, welcher sich erst nach der Marktsimulation und der Netzberechnung ergibt.

15. Was bedeuten im Kontext des Szenariorahmens die Begriffe Netzorientierung und Netzdienlichkeit, und welche Kriterien liegen ihnen jeweils zugrunde?

Beim Begriff der Netzorientierung im Kontext des Szenariorahmens geht es um ein Verhalten, welches Rücksicht auf die Belange des Netzes nimmt, nicht jedoch um ein Verhalten, dessen primäres Ziel die Entlastung des Netzes ist. Mithin ist nicht davon auszugehen, dass ein netzorientiertes Verhalten oder eine netzorientierte Allokation von Erzeugungs- oder Verbrauchsanlagen Dienstleistungen zugunsten des Netzes sind, die einer Vergütung zugänglich wären. Der Begriff netzdienliche Anlagen wird im Kontext des Szenariorahmens für solche Anlagen verwandt, die über ihre Verortung oder ihr Einsatzverhalten ausschließlich dem Netz dienen, sie vermeiden oder vermindern Engpässe oder erbringen Systemdienstleistungen anderer Art und können mithin grundsätzlich über eine kostenbasierte oder ausschreibungsbasierte Vergütung bezahlt werden.

16. Welche quantitativen Auswirkungen auf den Netzausbau bewirken unterschiedliche Ausprägungen der Merkmale Netzorientierung und Netzdienlichkeit?

Diese Frage kann nicht im Rahmen des Netzentwicklungsplans beantwortet werden. Nach Kenntnis der Bundesregierung existieren derzeit auch keine Untersuchungen, die Netzorientierung und Netzdienlichkeit quantitativ vergleichen. Hierzu wäre eine Analyse notwendig, in der sowohl das Verbraucherverhalten als auch die Regionalisierung primär netzdienlich angenommen wird. Diese Annahmen widersprächen dem gesetzlichen Auftrag des § 12a EnWG, dass in den Szenarien des Netzentwicklungsplans eine wahrscheinliche Entwicklung zu beschreiben ist.

17. Wieso wird der Eigenverbrauch der Kraftwerke niedriger angesetzt als im Entwurf, obwohl eine höhere fossile Energieproduktion angenommen wird?

Siehe Antwort zu Frage 14

18. Wie wird der Eigenverbrauch der Kraftwerke im genehmigten Szenariorahmen konkret berechnet und basierend auf welchen Daten?

Die Berechnungen des Eigenverbrauchs beruhen auf folgenden pauschal angenommen Eigenverbrauchsquoten:

  • Szenario A2035 (inkl. Kohlekraftwerke): ca. 2 %;
  • Szenarien B/C2035 und B2040: ca. 1 %.

Aufgrund der in der Antwort zu Frage 14 beschriebenen Vorläufigkeit des Bruttostromverbrauchs erscheint eine solche pauschale Annahme angemessen. Die konkrete Berechnung erfolgt noch im Rahmen der Marktmodellierung zum Netzentwicklungsplan.

  • 19. Welche Berechnungen und Modellierungen wurden zur Ermittlung der jeweiligen Zubaumengen der erneuerbaren Energien angestellt, und wo und wie unterscheiden sich die verwendeten Annahmen?

Grundlage des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Szenariorahmen 2021-2035 ist das Ziel der Bundesregierung, für die zukünftige Stromversorgung einen Anteil von 65 % Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 zu erreichen. Dieses Ziel wurde erstmals im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vom 12.03.2018 formuliert, im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung bestätigt und mit dem Kohleausstiegsgesetz gesetzlich geregelt. Dem Ausbaupfad für 65 % folgend, wurden zur Prognose der Zieljahre 2035 und 2040 die jährlichen Zubaumengen des Ausbaupfads für 65 % fortgeschrieben und dabei die bei der Erstellung des Szenariorahmens bereits feststehenden Randbedingungen berücksichtigt und differenzierte Annahmen zur Flächenverfügbarkeit, zum Rückbau und zur Modernisierung von Anlagen sowie weiterer Einflussgrößen getroffen. Für die einzelnen erneuerbaren Energieträger können die detaillierten konkreten Annahmen in den jeweiligen Szenarien dem Genehmigungsdokument entnommen werden (Szenario A2035: S. 67 ff.; Szenario B2035: S. 72 ff.; Szenario C2035; S. 76 ff. Szenario B2040: S. 81 ff.).
Über die im Entwurfsdokument der Übertragungsnetzbetreiber beschriebenen Erklärungen hinaus ist der Bundesnetzagentur nicht bekannt, welche Berechnungen und Modellierungen die Übertragungsnetzbetreiber bei der Erstellung des Entwurfs durchgeführt haben.

20. Wie plant die Bundesregierung, auf die Forderung nach der Verbesserung der Akzeptanz von Windenergieanlagen an Land (vgl. Genehmigung des Szenariorahmens 2021–2035, S. 67, S. 72, S. 77, S. 82) einzugehen, und auf welche empirische Erkenntnisse zu akzeptanzsteigernden Maßnahmen beruft sie sich dabei?

Untersuchungen zeigen eine starke Unterstützung in der Bevölkerung für die Energiewende. Dies gilt auch für die Nutzung der Windenergie an Land. Zur weiteren Verbesserung der Akzeptanz insbesondere vor Ort wurden verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht. So wurde die sogenannte bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung für bestehende und neue Windenergieanlagen eingeführt, damit die roten Hindernisleuchten auf Windenergieanlagen nachts nur noch dann aufleuchten, wenn sich in deren Nähe ein Luftfahrzeug aufhält. Weiterhin wurde im Rahmen der Novellierung des EEG eine finanzielle Beteiligung für Kommunen umgesetzt.

21. Bei welchen Öffentlichkeits- und Dialogveranstaltungen zu den letzten drei Szenariorahmen waren Regierungsmitglieder anwesend und an der Debatte beteiligt (bitte den Ort und das Datum der Veranstaltung, Name und Position des Regierungsmitgliedes und Rolle bei der Veranstaltung auflisten)?
22. Bei welchen öffentlichen Dialogveranstaltungen zu den letzten drei Szenariorahmen waren führende Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) anwesend und an der Debatte beteiligt (bitte den Ort und das Datum der Veranstaltung, Name und Position des Mitarbeitenden und Rolle bei der Veranstaltung auflisten)?

Die Fragen 21 und 22 werden gemeinsam beantwortet
Die Bundesnetzagentur hat im gefragten Zeitraum Veranstaltungen durchgeführt. An den Fachveranstaltungen haben keine Regierungsmitglieder teilgenommen. An den Veranstaltungen, die in Berlin stattgefunden haben, haben im Publikum Fachbeamte aus der zuständigen Abteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie teilgenommen.

23. Welcher Ort ist nach Meinung der Bundesregierung geeignet, um Fragen von Bürgerinnen und Bürgern zum grundsätzlichen politischen Konzept der Energiewende und zu den politischen Hintergründen und Grundsatzentscheidungen in der Netzplanung zu beantworten, die beispielsweise in der Konsultation zum Szenariorahmen aufkommen, dort aber nicht beantwortet werden können?

Die im Rahmen der Konsultation zum Szenariorahmen eingehenden Stellungnahmen zeigen, dass es einen großen gesellschaftlichen und politischen Beratungsbedarf zum Energiesystem der Zukunft gibt, der im Rahmen einer reinen Netzentwicklungsplanung nicht abgebildet werden kann. Zudem wird eine stärker integrierte Planung der Strom- und Gasnetze vor dem Hintergrund der zunehmenden Sektorenkopplung wichtiger. Die Bundesregierung unterstützt aktiv Überlegungen zu einem „Systementwicklungsplan“ im Rahmen der Dena-III-Netzstudie, wo derzeit zusammen mit auch zahlreichen Stakeholdern konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der bestehenden Planungsprozesse erarbeitet werden. Diese Überlegungen schließen die Frage über den geeigneten Ort, an dem notwendige Debatten partizipativ, verständlich, zugänglich und sichtbar geführt werden können, mit ein.

24. Wie beabsichtigt die Bundesregierung darauf zu reagieren, dass der Stromsektor durch die steigende Sektorkopplung zunehmend zur Zielerreichung des Anteils der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch beiträgt und damit aber den EE-Anteil am Bruttostromverbrauch schmälert und somit nach Ansicht der Fragesteller ein Zielkonflikt absehbar ist?

Durch die vermehrte Nutzung von Strom in den Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie im Rahmen der Sektorkopplung ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von Strom am Bruttoendenergieverbrauch perspektivisch zunimmt. Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Erzeugung des Stroms zunehmend mit erneuerbaren Energien erfolgen. Der wachsende Stromverbrauch der Sektorkopplung wurde bei der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes berücksichtigt. Bis 2030 sollen gemäß dem EEG 65 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammen. Bis 2050 soll der gesamte Strom, der in Deutschland erzeugt oder verbraucht wird, treibhausgasneutral erzeugt werden.

25. Wie plant die Bundesregierung, das im Szenariorahmen angewandte Konzept der Netzorientierung umzusetzen beziehungsweise wie plant sie Verbraucher und Verbraucherinnen sowie Stromproduzierende dazu anzureizen, ihre Aus- bzw. Einspeisung netzorientiert vorzunehmen?

Netzorientierte Annahmen im Szenariorahmen 2035 der Bundesnetzagentur sind unter anderen: Lokalisierung eines größeres Teil der Elektrolyseure im Norden, Sperrzeit von Wärmepumpen, zeitweise verteilernetzorientiertes Laden von Elektrofahrzeugen, stärkere Süd-Allokation von Windkraftanlagen an Land im Rahmen der Regionalisierung und netzentlastende Regionalisierung der Photovoltaik durch das Verhältnis von Dach- zu Freiflächenanlagen. Details können dem Genehmigungsdokument entnommen werden.
Bereits heute bestehen entsprechende Instrumente zur stärkeren Netzorientierung von Stromerzeugern und -verbrauchern. Bei der Standortwahl beim Ausbau erneuerbarer Energien wird das sogenannte Referenzertragsmodell angewandt, das zu einer besseren regionalen Verteilung beim Zubau von Windenergie an Land und auch einer Netzentlastung führt. Weiterhin wird im Rahmen des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) eine Südquote für Windenergie an Land, Biomasse- und Biomethananlagen im Rahmen von Ausschreibungen eingeführt. Darüber hinaus werden im EEG die Anforderungen an die Flexibilisierung bei Biomasseanlagen erhöht, die ebenfalls eine netzentlastende Wirkung haben können. Eine wichtige Rolle spielen insbesondere in den Niederspannungsnetzen steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Ladepunkte für Elektromobile, Wärmepumpen und Heimspeicher mit Netzbezug. Für eine bessere Netz- und Systemintegration dieser dezentralen Einrichtungen wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Kürze einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des § 14a EnWG vorlegen.
Mit Blick auf das Jahr 2035 und die weiter steigenden Zahl an Stromanwendungen gilt es, Instrumente zur Netzorientierung und -dienlichkeit auch unter Nutzung der bestehenden Flexibilitätspotentiale weiterzuentwickeln und möglichst marktnah auszugestalten.

26. Welche Position vertritt die Bundesregierung gegenüber der Überlegung, einer verpflichtenden Vorlage von Netzentwicklungsplänen durch die Verteilnetzbetreiber und ein Widerspruchsrecht des Regulierers vorzusehen?

Die Bundesregierung wird die in Artikel 32 Abs. 3 bis 5 der EU-Strommarktrichtlinie (EU 2019/944) enthaltenen Regelungen zur Erstellung von Netzentwicklungsplänen durch Verteilernetzbetreiber im Zuge der anstehenden Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in nationales Recht umsetzen. Dies gilt entsprechend auch für die Vorgabe in Artikel 32 Abs. 4 der EU-Strommarkt-richtlinie, nach der die Regulierungsbehörde Änderungen des Plans verlangen kann.
Die Bundesregierung weist darauf hin, dass bereits nach geltender Rechtslage gemäß § 14 Abs. 1b EnWG Betreiber von Hochspannungsnetzen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt jährlich Netzkarten mit den Engpassregionen ihres Hochspannungsnetzes und ihre Planungsgrundlagen zur Entwicklung von Ein- und Ausspeisungen in den nächsten zehn Jahren in einem Bericht auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen und der Regulierungsbehörde zu übermitteln haben. Der Bericht hat ebenfalls Angaben hinsichtlich aller in den nächsten fünf Jahren konkret geplanten sowie der für weitere fünf Jahre vorgesehenen Maßnahmen in der 110-Kilovolt-Ebene zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau ihres Netzes zu enthalten.
Die Bundesregierung beabsichtigt, im Rahmen der Umsetzung des Artikel 32 Abs. 3 bis 5 der EU-Strommarktrichtlinie (EU 2019/944) die bestehenden Regelungen in Bezug auf die Transparenz sowie die Koordination und Kooperation der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen bei der Planung der Netze weiterzuentwickeln.

->Quellen: