Wie weiter mit der Wachstumsfrage?

Buch von Reinhard Loske (Basilisken-Presse)

Nach seinem Essay „Abschied vom Wachstumszwang. Konturen einer Politik der Mäßigung“ hat der Bremer Ex-Umweltsenator Reinhard Loske (B90/Die Grünen) weiter gedacht. Und er hat, so sein Buchpräsentator Harald Welzer („Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben“, „Das Ende der Welt, wie wir sie kannten“) am Ende dieses Nachdenkprozesses eine weiteren Essay geschrieben: „Wie weiter mit der Wachstumsfrage?“, lautet die einfache Fragestellung, aus der gleich erhellt, dass Loske keine einfachen Lösungen anbietet.

„Mutig“ nennt Welzer das Unterfangen,“eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie die Postwachstumsgesellschaft konkret aussehen soll“. Loske mache „sich Gedanken, wie es weitergehen könnte“. Er selbst nennt seine 73-Seiten-Schrift ein „interaktives Buch, nicht etwa weil es einen Touchscreen hätte, sondern weil es auf die Argumente anderer eingeht“.  Und dann stellt er Fragen: „Auf den Fortschrittsbegriff verzichten?“ und „Besser nur von Fortschritt reden?“ oder „Entkoppelung statt Wachstumsrücknahme?“

Von der Fortschrittsdiskussion gelangt er automatisch zu weiteren Fragen: „Was ist mit Arten- und Landschaftsschutz, mit Lärmschutz und Flächenversiegelung, Klima- und Tropenwaldschutz, was mit Meeres- und Riffschutz? Sind diese Themen aus eigenem Recht nur dann diskutabel, wenn sie sich kurzfristig rechnen? Natürlich nicht! Zurück also zur Fortschrittsfrage: Ist die Kritik berechtigt, es sei besser, von Fortschritt als von Wachstumsrücknahme zu sprechen, weil das wie Stillstand klinge?“

„Von der Kritik sollte sich niemand ins Bockshorn jagen lassen. Im Gegenteil, es spricht vieles für Selbstbewusstsein: Ohne die ökologisch motivierte Wachstumskritik der siebziger Iahre hätte es die Entwicklung von alternativen Technologien gar nicht gegeben. Viele Basisinnovationen, mit denen heute Geld verdient wird, stammen nicht aus den Entwicklungsabteilungen der Großindustrie, sondern von Ökos, Tüftlern und Freaks, denen die Philosophie des ‚Immer mehr, immer größer, immer schneller‘ gewaltig gegen den Strich ging. Das ist mit den Lebensstilpionieren von heute vielleicht gar nicht anders. Mag sein, dass sie die wahre Avantgarde sind, die schon heute das Morgen lebt …es sind nicht nur technisch-ökonomische Innovationen, die das bestimmen, was gemeinhin als Fortschritt bezeichnet wird, sondern auch soziale und kulturelle. Darunter gibt es eine Menge, für die das ‚Weniger‘ konstitutiv ist.“

Loskes weitere Fragen: „Mit grünem Wachstum aus der Krise?“ „Postwachstumsgesellschaft als Schreckgespenst?“ „Wachstumskritik – Zynismus aus demWohlstandssessel?“ „Ohne Wachstum keine Arbeitsplätze?“ „Wirtschaftskollaps durch Wachstumsrückgang?“ „Wachstumsschwäche im Norden – Entwicklungskrise im Süden?“ und schließlich konsequent: „Bedeutungsverlust für Europa?“ „Gute Gesellschaft ohne Wachstumszwang?“ Das Gute: Loske bleibt in seinen Antwortgedanken auf dem Boden, bescheiden, glaubwürdig – und von erfreulichem Optimismus: „Der Schlüssel für eine nachhaltige Gesellschaft liegt nicht so sehr in technischen Innovationen, obwohl auch die gebraucht werden, sondern in sozialen Innovationen und einem Kulturwandel, der auf Gemeinsinn, Gemeinschaftsgüter, Konzepten, die Nachhaltigkeit auf „grünes Wachstum reduzieren wollen, erteilt Loske eine gute begründete Absage“ – so der Umschlagtext.
Text: ho