MPG-Präsident Gruss gegen Vorverurteilung Schavans

„Faires Verfahren statt Vorverurteilung“

Zu den Plagiatsvorwürfen gegen Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Annette Schavan erklärt der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Peter Gruss:  „Annette Schavan setzt als Bundesministerin für Bildung und Forschung seit 2005 wesentliche Impulse zur Stärkung des deutschen Wissenschaftssystems. Der gegen sie erhobene Vorwurf des wissenschaftlichen Fehlverhaltens bei der Anfertigung ihrer Promotion muss sorgfältig geprüft werden. Indiskretionen innerhalb des laufenden Verfahrens beschädigen dessen Integrität und erschüttern das Vertrauen in die beteiligten Personen und Institutionen.“

Vorwürfe des wissenschaftlichen Fehlverhaltens bei der Anfertigung der Promotion müssten sehr ernst genommen und deshalb sorgfältig geprüft werden, so Gruss weiter. Die Regeln für eine solche Überprüfung müssten dabei strikt eingehalten werden, um die Objektivität des Verfahrens und die unabhängige Urteilsbildung der Entscheidungsgremien zu gewährleisten. Daher wäre es inakzeptabel, wenn – wie in der Presse kolportiert – ein Gutachter im Verfahren zugleich Vorsitzender des Promotionsausschusses sei. In diesem Fall würde der Vorsitzende über sein eigenes Gutachten urteilen müssen, was mit einer unvoreingenommenen Urteilsbildung unvereinbar sei.

„Unverzeihlich ist allemal die Verletzung der Vertraulichkeit des Gutachtens“, beklagt Gruss. Mit der Veröffentlichung in der Presse werde ein Richtigkeitsanspruch des Gutachtens impliziert, der erst im Promotionsausschuss festgestellt werden müsse. Die damit in der Öffentlichkeit erzeugte Vorverurteilung belaste nicht nur die Unabhängigkeit des Ausschusses, sondern beschädige im Besonderen auch Annette Schavan: „Als öffentliche Person ist es für sie besonders schwerwiegend, dass sie zum laufenden Verfahren eigentlich keine Stellungnahme abgeben sollte“.

Gruss appelliert in seiner Stellungnahme „nachdrücklich an alle Beteiligten, das Verfahren an der Universität Düsseldorf zu einem geordneten Abschluss zu bringen. Dies gebietet der Respekt vor den Universitätsgremien und der Ministerin. Das bisherige Verfahren ist der deutschen Wissenschaft nicht würdig“.
->Quelle: www.mpg.de

Positionspapier des Wissenschaftsrats

In einem Positionspapier hat der Wissenschaftsrat im November 2011 Stellung zu den Qualitätsdebatten um die deutsche Promotion genommen und Vorschläge unterbreitet, wie hohe Standards künftig noch besser gewährleistet werden. Ungeachtet der legitimen Unterschiede in der Nachwuchsqualifizierung einzelner Disziplinen müsse die Doktorandenausbildung künftig stärker in kollegialer Verantwortung wahrgenommen werden. Konkret spricht sich das Beratungsgremium dafür aus, Doktorandinnen und Doktoranden einen einheitlichen Status zu geben und zusätzlich zu den Betreuerinnen und Betreuern durch ein fachnahes Promotionskomitee zu begleiten. Zudem regt der Wissenschaftsrat an, Betreuungsaufwand und Betreuungskapazitäten in ein angemessenes Verhältnis zu bringen, flächendeckend Betreuungsvereinbarungen einzuführen und externe Doktorandinnen und Doktoranden besser in Arbeitsgruppen und Forschungskontexte zu integrieren.
->Quelle: Positionspapier des Wissenschaftsrats_Anforderungen an die Qualitätssicherung der Promotion