Hähnchen und PV

Im August 1963 verhängen die USA als Vergeltung für hohe EWG-Zölle auf US-Tiefkühl-Geflügel (der US-Export nach Europa hat sich verdreißigfacht!), drastische Strafzölle auf 19 Warengruppen – darunter VW und französischer Kognak. Der Hähnchenkrieg schadet am Ende allen. Die Hähnchen von heute heißen PV-Module, USA heute China. Dass Brüssel bald chinesische Billig-PV-Module sanktionieren will, findet die Allianz für Bezahlbare Solarenergie (AFASE), „äußerst besorgniserregend“, sieht „großen Schaden entlang der gesamten PV-Wertschöpfungskette“ drohen. Eine PrognosStudie prophezeit gar,  EU-Zölle von 60 Prozent könnten bis zu 242.000 Arbeitsplätze kosten und 27 Milliarden Euro Schaden anrichten, was die AFASE in die Horrorvision ausbrechen lässt: Dann „käme der europäische Solarmarkt schlichtweg zum Erliegen“. Das Wall Street Journal sieht in den erwarteten EU-Strafen gar den „Auslöser einer der größten Handelsschlachten der letzten Jahrzehnte“. Die Zoll-Befürwortertruppe EU ProSun hält mit einem PWC-Gutachten dagegen.
Allerdings mussten  Dutzende europäische Firmen schließen (siehe Solarify: Chronik der Pleiten), seitdem China vor sechs Jahren die ersten PV-Schnäppchen auf den Markt warf. Europäische Hersteller klagten über unzulässige staatliche Subventionen für chinesische Firmen. Wie zulässig ist demgegenüber die Einspeisevergütung des EEG? China droht derweil mit Vergeltung: Der chinesische Vize-Handelsminister Chong warnt, EU Strafzölle würden auf die Europäer zurückschlagen. Seine Regierung hat offiziell ein Ermittlungsverfahren wegen Dumpings und unerlaubter Förderung gegen die USA und Südkorea eingeleitet. Europäische Solarfirmen haben EU-ProSun ins Leben gerufen und Handelsbeschwerde gegen chinesisches Dumping von PV-Produkten eingereicht.
Antidumping-Klagen seien der falsche Weg, sagt der grüne Energieexperte Fell, denn solche Klagen behindern die Energiewende, weil sie weitere Preissenkungen und die schnelle Entwicklung sich selbsttragender Märkte ausbremsen. Die SPD-Fraktion unterstützt das Antidumpingverfahren, auch Thüringens Wirtschaftsminister Machnig. Währenddessen bekommen die Südsee-Insulaner nasse Füße, Gletscher und Grünlandeis schmelzen, selbst die (einmal so genannte „Klima“-)Kanzlerin sieht die Zwei-Grad-Grenze nicht mehr einhaltbar.
Sind wir klug beraten? Der Hähnchenkrieg hatte damals zur Folge, dass u.a. die Einfuhr leichter Lkw (wie die VW-Pritsche) mit 25% Zoll belegt wurde – und die USA einen wichtigen Teilbereich ihres Automobilmarktes (Geländewagen und Kleinbusse) bis heute  mit einem hohen Zoll schützen. Gewonnen hat also am Ende nicht die EWG. Jetzt drohen wir alle zu verlieren. ho