Open Access soll restliche 90 Prozent schaffen

Jubiläumskonferenz zu 10 Jahre Berliner Open Access Erklärung – die Abschlussdiskussion

Am 20.11.2013 ging in Berlin die zweitägige Jubiläumskonferenz aus Anlass der 10jährigen Unterzeichnung der Berliner Open Access Erklärung zu Ende. Die von der Max-Planck-Gesellschaft angestoßene Open-Access-Initiative findet international immer breitere Anhängerschaft. Während der Jubiläumskonferenz unterzeichneten die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Erklärung,  gemeinsam mit dem Deutschen Archäologischen Institut und dem Bundesarchiv. Waren es vor zehn Jahren ganze 19, so unterstützen jetzt mehr als 460 Institutionen – darunter Universitäten, Forschungsorganisationen, Akademien, Bibliotheken und Kultureinrichtungen aus aller Welt – das Ziel, wissenschaftliches Wissen unter Einbeziehung des kulturellen Erbes im Internet frei zugänglich und weiterverwendbar zu machen. Solarify dokumentiert die Schlussdiskussion.

Schlussdiskussion mit neuen Forderungen

„Es ist eine Tatsache, dass immer noch lediglich ein kleiner Teil des wissenschaftlichen Materials und des kulturellen Erbes für Open Access zugänglich ist. Wir haben uns aber offenbar zum Überoptimismus entschlossen, denn wir behaupten, die Aussage, das Glas sei zu zehn Prozent voll, anstatt zu 90% leer, sei sinnvoller“, sagte Diskussionsleiter Jürgen Renn vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte zu Beginn der Schlussdiskussion. „Mit welcher Berechtigung können wir annehmen, dass wir die verbleibenden 90% Open Access in einer schnellen, nicht-linearen Weise erreichen, wenn wir drastischere Maßnahmen ergreifen – und welche könnten diese drastischeren Maßnahmen sein?“

Renn stellte Cameron Neylon und Robert Schlögl als Mitdiskutanten vor: Neylon ist Biophysiker und Bereichsleiter Öffentlichkeitsarbeit für die Public Library of Science. Er wurde im Juni 2010 SPARC (Scholarly Publishing and Academic Resources Coalition) Innovator und erhielt den Blauen Obelisken für seine Beiträge zu Open Data. Er schreibt regelmäßig in seinem Blog, Science in the Open und, so Renn, „wir haben bereits wunderbare Zitate daraus gehört“. Schlögl ist Chemiker und untersucht heterogene Katalyse-Reaktionen. Er arbeitet auch über Stoffen für Energiespeicherung. Seit 1994 ist er Direktor am Fritz-Haber-Institut der MPG in Berlin. Und 2011 wurde er Gründungsdirektor des Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr. Er ist einer der Initiatoren der Berliner Erklärung.

Die Bedeutung von Open Access liegt in der Kraft, das Potenzial der Natur- und Geisteswissenschaften zu stärken, eine bessere Welt zu schaffen

Renn weiter: „Während der Konferenz haben wir gesehen, dass die Bedeutung von Open Access in der Kraft liegt, das Potenzial der Natur-und Geisteswissenschaften zu stärken, eine bessere Welt zu schaffen. Wir haben auch viele beeindruckende Beispiele von Open Access-Publikationen gesehen, die dieses innovative Potenzial zeigen. Wir haben bekräftigt, dass prinzipiell keine Hindernisse zur völligen Umsetzung bestehen. Alle politischen und wirtschaftlichen Probleme sind lösbar, und die Opportunitätskosten sind klar.“

Wir könnten auch neue wirtschaftliche Möglichkeiten erkennen, die sich für mutige Unternehmer eröffneten, die nicht auf der Perpetuierung der Modelle des 19. Jahrhunderts beharrten, sondern neue Dienstleistungen fänden. Trotzdem könne viel von dem Potenzial von Open Access nicht genutzt werden, so lange nur ein kleiner Prozentsatz von Wissenschafts- und Forschungs-Veröffentlichungen offen zugänglich sei.
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