„xGWp“ – Mega-PV-Fabrik geplant

Konkurrenz zu China

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg (ISE), das französische Forschungsinstitut INES und das Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) wollen ein Konsortium gründen, das ein Förderkonzept für eine europäische PV-Produktion mit einer Jahreskapazität von mindestens einem Gigawatt erarbeiten soll. Die neue Fabrik unter dem Namen „xGWp“ könnte ungefähr ein Viertel der in Deutschland derzeit installierten Solaranlagen herstellen.

Die sogeannte „Gigafab“, die als Gemeinschaftsprojekt der europäischen Solarbranche gedacht ist, soll ab 2017 Solarzellen günstiger zu Modulen verarbeiten als chinesische Großproduktionen – und somit den krisengeschüttelten Solarfirmen eine neue Perspektive bieten.

Chinesen produzieren 30 Prozent billiger

Dass künftig nur noch Größe im Fall der Solarproduktion zählt, davon ist ISE-Direktor und Projektinitiator Eicke Weber überzeugt: „Bestehende Produktionsstätten mit einer Jahresproduktion zwischen 100 und 500 Megawatt können auf dem künftigen Preisniveau nicht mehr profitabel fertigen. Nur mit modernsten Multi-Gigawatt-Fabriken können die Hersteller international wettbewerbsfähig bleiben.“

Die chinesischen Hersteller sind derzeit das Maß der Dinge: Das US-Marktforschungs-Unternehmen GTM Research schätzt, dass die führenden Unternehmen ihre durchschnittlichen Modulproduktionskosten bis 2017 von heute 0,56 Dollar pro Watt auf 0,36 Dollar senken werden. Die neue Gigafab soll diesen Wert unterbieten. Derzeit liegen die Kosten der europäischen Hersteller noch bei 0,78 Dollar.

Dass der Plan realistisch ist, zeigt eine noch unveröffentlichte Studie mit dem Titel „Studie zur Planung und Aufbau einer X-GW-Fabrik zur Produktion zukunftsweisender Photovoltaik Produkte in Deutschland“. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart (IPA) und das ISE kommen in der vom baden-württembergischen Umweltministerium beauftragten Kostenanalyse zu dem Schluss, dass eine Europa-Fertigung geringere Gesamtkosten ermöglicht als der Standort China.

Einleitung der Studie

„Durch den Aufbau einer Gigawatt-skaligen Fabrik zur Herstellung photovoltaischer Module mit innovativer Technologie wird der mittel- und langfristig weiter stark wachsende Markt aus kosteneffizienter europäischer Produktion bedient. Die Zukunftstechnologie Photovoltaik (PV) und die damit verbundenen Arbeitsplätze sollen so in Europa gehalten und ausgebaut werden.

Im Zeitraum von Anfang 2008 bis Ende 2012 konnten die Kosten für die Herstellung von PV-Modulen um bis zu 70% reduziert werden. Gleichzeitig sind die durchschnittlichen Preise solcher Module aber um über 80% gefallen. Die Hauptgründe für diese dramatische Preisentwicklung waren Fortschritte in der PV-Technologie, weitgehend basierend auf hiesiger PV-Anlagentechnik, sowie der massive Ausbau chinesischer Produktionskapazitäten, stark gefördert durch Investitionsmittel der chinesischen Regierung. Hierdurch wurden enorme Überkapazitäten im Weltmarkt geschaffen. Da deutsche bzw. europäische Unternehmen nicht über ähnlich günstige Finanzierungsmöglichkeiten und das sinkende Preisniveau den Cash Flow schmälerten, waren sie nicht in der Lage kontinuierlich in die Verbesserung ihrer Produktion zu investieren. Deshalb haben diese Unternehmen beim Skalierungswettlauf mit den chinesischen Unternehmen an Boden verloren und mussten mehrheitlich ihr Geschäftsmodell aufgeben.

Diese Krise hat nun auch die Zulieferindustrie erreicht. Insgesamt ist die Zahl der Beschäftigten in der Photovoltaik von 2011 auf 2012 in Deutschland von 110.900 auf 87.800 gesunken. Hiesige Forschungsinstitute, Maschinenhersteller und Materiallieferanten für die Solarindustrie sind aber nach wie vor technologisch global führend. Ohne enge Zusammenarbeit mit starken Kunden in Europa sind ihre Unabhängigkeit und ihre europäischen Standorte jedoch gefährdet. Durch die stark gesunkenen PV-Stromgestehungskosten entstehen jetzt und in den nächsten drei Jahren neue, große und zunehmend nicht subventionierte Märkte in und außerhalb Europas.

In dieser Situation schlagen wir als Konzept den Aufbau einer Gigawatt-skaligen Fertigung mit substanzieller technologischer Innovation vor. 2017 soll eine hochintegrierte europäische PV-Fabrik der zweiten Generation für die Massenfertigung im Gigawatt-Maßstab den Weltmarkt beliefern, die PV-Technologie in Europa halten und als Beispiel für weitere derartige Fabriken basierend auf unserer Anlagentechnik weltweit dienen. Die wichtigsten Elemente des Konzepts:

  1. Starke weitere Kostenreduktion durch die Nutzung von Zell-Technologie der nächsten Generation und flexible, hochautomatisierte Verbund-Produktion im Gigawatt-Maßstab mit reduzierten Personalkosten, höchster Produktionsqualität, bedeutenden Energie- und Materialeinsparungen gerade auch in der Produktionsinfrastruktur.
  2. Der Südwesten Deutschlands bietet sich aufgrund der weltweit herausragenden Dichte an technologiegebenden Industrieunternehmen und Forschungsinstitutionen als ideales Zentrum für eine solche Pilotproduktion an. Zunächst soll im Rahmen einer multinationalen Initiative eine Pilotlinie an einem zentral gelegenen Produktionsstandort aufgebaut werden, die dann schnell und effizient auf Gigawatt-Größe erweitert werden soll.
  3. Der Zugang zu einer im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähigen Finanzierung sichert die ökonomische Rentabilität. Wie diese Studie zeigt, hat dieses Konzept exzellente Erfolgsaussichten, da mit einer Investition in Höhe von 1 Mrd. Euro Herstellungskosten von unter 0,40 €/Wp erreicht werden können, die damit ca. 20% unter dem aktuellen Niveau liegen. Voraussetzung hierfür ist eine substanzielle nationale und europäische Unterstützung auf höchster politischer Ebene. Ohne den politischen Willen die PV-Industrie in Europa zu halten, wird in wenigen Jahren die Produktion von Photovoltaik hier nicht mehr stattfinden.“

->Quellen:

green.wiwo.de

ipa.fraunhofer.de/Studie_XGW-Fabrik.pdf

Fraunhofer.ise