EEG-„Reform“

Es waren einmal paradiesische Zustände: Das EEG, geschrieben unter anderem von Hans-Josef Fell und Hermann Scheer, bescherte Grünstrom-Produzenten 20 Jahre lang durch Einspeisezwang garantierte Vergütungen. Deren vorgesehene Degression, die PV-, Wind- und Biogasbetreiber davon abhalten sollte, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen, war aber zu gering eingestellt (wie Scheer selbst kurz vor seinem Tod dem Autor dieser Kolumne gegenüber einräumte). So kam es in Deutschland zwar zu einer Überhitzung des Marktes; dafür ermöglichten aber deutsche PV-Produzenten und -betreiber den Vormarsch der Solarenergie weltweit, indem sie einen einzigartigen Verfall der Produktionskosten und Modulpreise auslösten. In Deutschland selbst stieg der Anteil der Erneuerbaren auf inzwischen mehr als 28 Prozent.
Dieser Zuwachs ging der Regierung zu schnell – und nicht nur ihr. Ein Schuft, wer dabei an die fossile Energieindustrie als bremsenden Katalysator denkt. Jedenfalls bremsen Energieminister Gabriel und sein grüner Staatssekretär Baake und wollen die Erneuerbaren an den Markt heranführen. Seit heute, dem 01.08.2014, ist das neue EEG in Kraft. Die Experten werden also ab jetzt den Erfolg der Operation am lebenden Körper der Energiewirtschaft beobachten können.
Schon mit geringfügigen prophetischen Gaben lässt sich mit Sicherheit vorhersagen: Die Strompreise werden nicht sinken – auch wenn die Regierung einen zu erwartenden minimalen Rückgang der EEG-Umlage als Erfolg ihrer legislativen Bemühungen feiern wird. Andere haben dafür wirklich Grund zum Feiern: Die großen Energieversorger. Sie haben es geschafft, aus der Debatte über Atomausstieg und Energiewende eine reine Kostendiskussion zu machen und diese wiederum erfolgreich auf eine Auseinandersetzung ausschließlich über den Strompreis zu reduzieren – aus PR-theoretischer Sicht ein Riesenerfolg. Ob das allerdings für Klima und Umwelt gleichermaßen segensreich ist, unterliegt starken Zweifeln. Die Latte der CO2-Reduzierung hatte Deutschland für 2020 großspurig auf 40 Prozent gegenüber 1990 gelegt und wird sie nach aktuellen Hochrechnungen leicht unterspringen.
Dazu trägt die ungebrochene Privilegierung einer Unzahl von Unternehmen bei. Warum ist hier keine langsame aber beständige (das alte Wort „nachhaltig“) Degression möglich gewesen? Warum ist der nach wie vor völlig verzerrte Energiemarkt – die größte Einzelsubvention im Bundeshaushalt ist absurderweise die Kohlesubvention – eigentlich nicht reformierbar? Warum sollen gewaltige, durch Klimaveränderung oder atomare, radioaktive Belastungen und Folgelasten von den konventionellen Energien verursachte externe Schadenskosten, nicht auf die Verursacher umgelegt werden können? Warum ist es nicht möglich, Emissions-Grenzwerte für Kohlekraftwerke einzuführen – zunächst für neue, dann auch für alte CO2-Schleudern? Warum soll es darüber hinaus nicht möglich sein, einen generellen CO2-Grenzwert für die Kilowattstunde Strom einzuführen – etwa drei oder vierhundert Gramm, und diesen allmählich abzusenken?
Dazu aber bedürfte es politischer Standfestigkeit gegenüber den Verteidigern des Gestern, die immer dann politisch wirkungsvoll mit Verlust von Arbeitsplätzen (= Wählerstimmen) drohen, wenn es ernst wird. Bald schon – in zwei Jahren – könnte sich die Regierung beweisen, wenn es erneut an die Reform des EEG geht.
-Gerhard Hofmann-