Berlins Netze doch nicht in Bürgerhand…

„Energiewendegesetz ohne klare Linie“ (titelte der Tagesspiegel vorab)

Es fehle eine Linie, wie es weitergeht mit dem Gas- und Stromnetz und der Fernwärme. Die Federführung liege bei Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) und. Die CDU schließe Landesbeteiligungen im Energiebereich nicht mehr aus. Im Dezember war die Vergabe des bisher von der GASAG betriebenen Gasnetzes an das landeseigene Unternehmen Berlin Energie nach einer Klage der GASAG gescheitert. Berlin Energie sei damals nicht bieterfähig gewesen, zum anderen habe es an Transparenz gefehlt, urteilten Fachleute. Berlin und die GASAG haben Berufung eingelegt – das kann dauern. Daher die Suche nach einem Kompromiss. Mehr im Tagesspiegel...

Kollatz-Ahnen schließt GASAG-Komplettübernahme nicht aus

Vattenfall-Reklame an einer Berliner Hausfassade – Foto © Gerhard Hofmann_Agentur Zukunft

Anstatt der Worte „Mehrheit“ (SPD-Vorschlag) oder „Minderheit“ (CDU) hieß es nun „maximaler Einfluss“. Für Michael Müller galt „maximal“ als 100-prozentige Eigentümerschaft. Kollatz-Ahnen (Verhandlungsführung) und Yzer sollen jetzt Verhandlungen mit den GASAG-Anteilseignern Vattenfall, Eon und Gaz de France aufnehmen – mit Vattenfall darüber hinaus über einen Einstieg in die Energiemanagement-Aktivitäten. Dass er sich aber durchaus eine Mehrheit oder die Komplettübernahme des (bis 1999 städtischen) Unternehmens GASAG vorstellen kann, macht sein in der Berliner Morgenpost zitierter Satz deutlich: „Wenn es über 50 Prozent geht, werden wir nicht aus dem Saal laufen“. Christdemokratin Yzerhabe habe daraufhin säuerlich dreingeschaut. Ihr gehe es um „maximalen unternehmerischen Einfluss mit möglichst geringem Kapitaleinsatz“, sagte sie. Sie wolle die Unternehmen vor allem zum Ausbau der „Smart City“ und der Elektromobilität verpflichten.

Kritik von Umwelt- und Energieaktivisten – „Alibi-Veranstaltung“

Nicht überraschend kam die Kritik von Umwelt- und Energieaktivisten. Der BUND beklagte, der Senat verabschiede sich von vollständiger Rekommunalisierung des Energiesektors. Wie der grüne Energiexperte Michael Schäfer kritisierte, „beerdigt der Senat nun ein starkes und 100 Prozent landeseigenes Öko-Stadtwerk sowie ein Stromnetz in Bürgerhand, was 600.000 Berliner beim Volksentscheid Energie gefordert hatten“. BürgerEnergie Berlin, die sich ebenfalls um das Stromnetz bewirbt, fühlt sich „ausgebootet“. Das Vergabeverfahren für das Stromnetz werde „damit endgültig zur Alibi-Veranstaltung“. Einen Bieterwettstreit, in dem mitten im Verfahren mit nur einem der Bieter Parallelverhandlungen liefen, könne niemand mehr ernst nehmen. „Unsere Bürgergenossenschaft, die im Stromnetz-Verfahren mitbietet, wird durch die Verhandlungen mit Vattenfall massiv diskriminiert. Wir sehen uns gezwungen, rechtliche Schritte gegen das Verfahren zu prüfen.“

Der eigentliche Skandal aber sei die Arroganz, mit welcher der Senat der Bürgerbeteiligung eine klare Absage erteilt habe. Tausende Berliner wollten aber über ihre Energieversorgung mitentscheiden und seien sogar bereit, für ihre Netze in die eigene Tasche zu greifen. Doch der Senat schlage ihnen die Tür vor der Nase zu und mache unmissverständlich deutlich: „Bürgerbeteiligung? Danke, kein Interesse.“ Luise Neumann-Cosel: „Für alle, die sich gerne für ihre Stadt engagieren wollen, ist das ein Schlag ins Gesicht. Wir sind sehr enttäuscht. Ganz offensichtlich hat der Senat aus den Volksentscheiden der letzten Jahre nichts gelernt.“ Die energiepolitischen Konflikte Berlins werde der Senat so jedenfalls nicht lösen können. Die Berliner hätten mehrfach eindrucksvoll deutlich gemacht, dass sie ihre Netze zurück wollten. „Ein Deal mit Vattenfall ist ein fauler Kompromiss.“

->Quellen und mehr: