Frankreich: Klimawandel verändert Weinbau

Rebsorten müssen auswandern – Champagner aus Südengland?

„Weinliebhaber heben die Gläser auf den Klimawandel – aber es könnte ein Kater drohen“, überschreibt der britische Guardian   einen Artikel über jüngste in der Fachzeitschrift  Nature Climate Change publizierte Forschungsergebnisse von Harvard- und Nasa-Experten: Höhere Temperaturen in Frankreich produzierten derzeit zwar außergewöhnliche Weine, aber damit könnte bald Schluss sein, wenn die Erderwärmung so weiter gehe.

Flaschenregal - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftDie Forscher stützen ihre inzwischen auch in Deutschland veröffentlichten Aussagen auf Daten aus den Jahren 1600 bis 2007 für Frankreich und die Schweiz – sie untersuchten den Zusammenhang des Zeitpunkts der Weinlese mit Temperaturen und Trockenheit. Die durchgesehenen Aufzeichnungen aus mehr als 500 Jahren zeigen laut Nature Climate Change, dass heute die Trauben in Frankreich im Durchschnitt zwei Wochen früher gelesen werden können als vordem. Die Traubenreifung wird durch wärmere Temperaturen beschleunigt und durch Regen verzögert – und früheren Lesen werden in der Regel mit höhere Qualität der Weine verbunden. Als Hauptgrund für die Änderung gilt die Erkenntnis, dass der Klimawandel die Temperaturen ohne frühe gewohnte Trockenzeiten steigen lässt. Die Wetter-Formel für gute Weinernten ändert sich.

„Es ist nur das jüngste Symptom, dass die globale Erwärmung biologische Systeme und die Landwirtschaft beeinflusst“, sagte Leit-Autor Benjamin Cook (Nasa Goddard Institute for Space Studies und Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University). „Wenn wir die Erde weiter erwärmen, werden wir einen Wendepunkt erreichen“, warnte Mit-Autorin Elizabeth Wolkovich von der Harvard-Universität. Nach ihrer Einschätzung könnten höhere Temperaturen dann nicht mehr wie bislang zu höherer Weinqualität führen.

Tipping Point droht

Weintrauben in Katalonien - Foto © Christian Vogt, Agentur Zukunft „Es gibt zwei wichtige Erkenntnisse in diesem Papier. Die erste ist, dass Lesetermine immer früher liegen, und alle Belege deuten auf den Klimawandel als Ursache hin. Vor allem seit 1980, einem wichtigen Wendepunkt für die Temperaturen der nördlichen Hemisphäre, rücken die Lesetermine in Frankreich immer weiter nach vorne. Die schlechte Nachricht ist, dass wir, bald einen Umschlagpunkt (Tipping Point) erreichen, wenn wir den Globus weiter aufheizen. In der Regel führen frühere Lesen zu besseren Weinen, aber mehrere kombinierte Datenpunkte sagen uns, das wir wahrscheinlich bald eine Schwelle überschreiten, jenseits derer höhere Temperaturen nicht höhere Qualität bedeuten.“

Weine aus Frankreich - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftEs gibt im Französischen ein Wort, das die Winzer zur Beschreibung von Umweltfaktoren verwenden: „Terroir“ – genau wegen des Terroirs sei die Weintraube einer der besten Barometer des Klimawandels, sagen die Wissenschaftler. Wolkovich: „Die Rebsorten werden so etwas wie die Kanarienvögel in der Kohlengrube. Man will dann lesen, wenn die Trauben perfekt reif sind, wenn sie genug Zeit hatten, genau die richtige Balance zwischen Säure und Zucker zu erreichen. In vielen Teilen Frankreichs gab es Zeiten, in denen es für die Weinbauern schwierig war, ein genaues Erntedatum hinzubekommen, weil das Klima in diesem Jahr nicht warm genug war. Aber der Klimawandel bedeutet, dass die Trauben schneller reifen.“

Folgt: Keine Trockenperiode vor Lese mehr nötig