Mondenergie

Weltgrößtes Gezeitenkraftwerk

Eine schon 50 Jahre alte, aber kaum genutzte Energiequelle will die schottische Firma Atlantis Resources im Pentland Firth anzapfen: Gezeitenenergie. Unter dem Namen MeyGen soll der größte Untersee-Turbinenpark der Welt in der Meerenge zwischen den Orkney-Inseln und der Nordspitze von Schottland entstehen.

Schon bald soll die Anlage mit den ersten vier, Windrädern ähnlichen Turbinen Strom ins britische Netz einspeisen. Bis 2020 (Baubeginn des Gezeitenturbinenparks war 2015) soll der Park dann auf 269 Turbinen mit einer Spitzenleistung von knapp 400 MW ausgebaut werden.

[note Das derzeit weltgrößte Gezeitenkraftwerk wurde 2011 in Sihwa-ho in Südkorea, 40 km südwestlich von Seoul, fertiggestellt; der langjährige Rekordhalter La Rance (240 MW) wurde auf Platz zwei verdrängt. Die Turbinen von Sihwa-ho erzeugen eine elektrische Leistung von 254 MW.]

Besondere Herausforderungen bedeuten die extremen Umweltbedingungen, denen die MeyGen-Anlagen im Inner Sound des Pentland Firth in Schottland begegnen werden. Lernen können die Hersteller hier laut dem Portal Springer Professional aus dem Projekt in der Bay of Fundy in Kanada. Die Kraft der Gezeiten habe dort die Propeller innerhalb von wenigen Wochen zerstört. Und in der Straße zwischen der Nordspitze Schottlands und den Orkneys ist die Gezeitenströmung besonders stark. Eine Oxforder Arbeitsgruppe um den Ingenieur Thomas Adcock errechnete 2013, dass hier Turbinen mit einer Kapazität von 1,9 Gigawatt betrieben werden könnten.

Drei der vier Turbinen mit einer Leistung von jeweils 1,5 MW (Foto li.) wurden von Andritz Hydro hergestellt, im oberschwäbischen Ravensburg, im Auftrag von Andritz Wien hergestellt. Eine Turbine wird ihre Nennleistung bei einer Strömungsgeschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde erreichen. Sie kann aktiv verstellt und nachgeführt werden. Jede Gondel ist circa zwölf Meter lang und wiegt 200 Tonnen. Der Rotordurchmesser beträgt 18 Meter. Im Sommer sollen die Turbinen nach internen Tests geliefert werden. Die geplante Lebensdauer ist auf 25 Jahre ausgelegt.

Dieselbe Betriebsdauer, Nennleistung und den denselben Rotordurchmesser wird ein Turbinengenerator eines Herstellers aus Singapur mit Sitz in Großbritannien haben. Der weltweit erste kommerziellen Auftrag zur Lieferung von großen Gezeitenströmungsturbinen ist Teil der ersten Projektphase. Die Offshore-Designvorschriften verlangen, dass alle installierten Konstruktionen auf Sturmbedingungen mit einer doppelt so langen Wiederkehrperiode als ihre Lebensdauer ausgelegt sind.

[note Gezeitenenergie ist Mondenergie, da die ununterbrochen veränderlichen Wasserspiegelschwankungen der Ozeane durch die relative Position von Mond, Erde und Sonne sowie durch die über der Erdoberfläche leicht unterschiedliche Fliehkraft der gemeinsamen Rotation von Mond und Erde erzeugt werden. Ein Gezeitentag misst 24 Stunden und 48,8 Minuten, somit werden die Ozeane zwei Mal pro Tag angehoben und zwei Mal pro Tag abgesenkt. (tugraz.at)]

->Quellen: