London schafft Klimawandelministerium ab

Theresa May „räumt auf“ – unterschiedliche Reaktionen – Energiewende am Ende?

Die neue britische Premierministerin Theresa May hat neben der Ernennung von Brexit-Boris Johnson (Kabarettisten-Ulk: „gleicher Friseur wie Donald Trump!“) zum Außenminister weitere Überraschungen parat: Sie löste das Ministeriums für Energie und Klimawandel (Department of Energy and Climate Change – Decc) auf – dessen bisherige Chefin Amber Rudd wird Innenministerin (und damit ihre eigene Nachfolgerin). Berichte des Guardian und der BBC.

Die Überreste des Decc (Vertretung das Vereinigten Königreichs bei internationalen Klimaverhandlungen, Verantwortung für die Erfüllung der [[CO2]]-Ziele sowie Verteilung von Subventionen für grüne Energien) werden einem aufgeblasenen neuen Wirtschaftsministerium (Department of Business, Energy and Industrial Strategy) unter Leitung des studierten Wirtschaftswissenschaftlers Greg Clarks zugeschlagen. Clark, bislang Minister für kommunale Angelegenheiten, gilt als grün angehauchter Konservativer: Ihm geht es nach eigenem Bekunden nicht nur um Unternehmens- und Wirtschaftsthemen, sondern auch um bezahlbare und saubere Energieversorgung sowie um den Kampf gegen den Klimawandel.

Grec Clark: „Ich bin begeistert, dazu ernannt worden zu sein, dieses neue Ministerium zu führen, das eine umfassende Industrie-Strategie aufstellen, welche die Beziehungen der Regierung zur Wirtschaft bestimen, die  Weltklasse-Stellung unserer wissenschaftlichen Basis befördern, und kostengünstige, saubere Energie liefern sowie den Klimawandel bekämpfen soll.“

Die Abschaffung des Decc wurde von ehemaligen Ministern als schwerer Rückschlag im Kampf der britischen Regierung gegen die globale Erwärmung verurteilt. Ed Davey, liberaldemokratischer Staatssekretär im Decc von 2012 bis 2015: „Das ist ein schwerer Rückschlag für die Klimaschutzbemühungen in Großbritannien. Greg Clark kann nett sein, und er kann auch grün sein, aber dadurch, dass sie dem Klimawandel den Kabinettsrang nahm, hat Theresa May das Vertrauen vieler Anleger, die kohlenstoffarm investieren wollen, erneut vor den Kopf gestoßen“, sagte er dem Guardian. Seine Ansicht teilte Ed Miliband, erster Staatssekretär des Decc, als es 2008 von Labour geschaffen wurde, der twitterte, die Umbildung sei: „…schlicht dumm. Klima nicht einmal im Titel der neuen Abteilung erwähnt. Wichtig, weil Ministeriumsnamen Prioritäten bedeuten, Ergebnisse vorwegnehmen.“

Der Liberaldemokrat Chris Huhne, Leiter des Decc zwischen 2010 und 2012, sagte: „Es ist ein großes Problem, nur ein Ministerium mit Umweltzielen zu haben – das Defra (Department for Environment, Food & Rural Affairs). Mit einem Schlag sei die Stimmenzahl im Kabinett mit ministerieller Zuständigkeit für Umwelt und Klimawandel halbiert worden.

„Neue Berufung für das Ministerium für Umwelt Ernährung und Landwirtschaft: Andrea Leadsom wird neue Umwelt-Ministerin: „The Queen has been pleased to approve the appointment of Andrea Leadsom MP as Secretary of State for Environment, Food and Rural Affairs.“

Rechtsruck der Regierung – EU-Skepsis oft Hand in Hand mit Klima-Skepsis

Huhne: „…eine ernste Herabstufung des britischen Potenzials in diesem Bereich, und es passt leider zum Rechtsruck der Regierung, wo EU-Skepsis oft Hand in Hand mit Klima-Skepsis geht.“

„The Elders“, eine von Nelson Mandela 2007 gegründete Gruppe von Staatsmännern und -frauen, darunter Kofi Annan, Mary Robinson und Desmond Tutu äußerte über Twitter „Bedauern“ über die Entscheidung, denn sie versäume es, die britische Vorreiterrolle im Klimaschutz weiter zu fördern. Und auch viele Umweltgruppen kritisierten die Entscheidung als Abwertung des Klimaschutzes – und das nur wenige Monate nach dem in New York von mehr als 170 Ländern unterzeichneten Pariser Klimaabkommen. „Das Vereinigte Königreich steht unter Druck, den Vertrag zu ratifizieren, sowohl im Rahmen der EU und im Inland“, konstatiert der Guardian.

Die demonstrative politische Herabstufung der Klimathematik könnte ein erster Schritt hin zu einer globalen Renaissance der traditionellen Energieversorgung sein. Beobachter argwöhnen, dass der Klimaschutz der neuen Regierung zu kostspielig und zu wenig vorrangig vor dem Hintergrund der durch den EU-Austritt Großbritanniens ausgelösten Probleme erscheint. Aber Großbritannien ist an die Ratifizierung der COP21-Beschlüsse gebunden – Symbol einer globalen, von den reichen Industrieländern angeführten Energiewende.

Nicholas Stern und der WWF reagierten positiv

Der Klimaökonom Nicholas Stern äußerte sich laut Guardian sogar zufrieden über die Eingliederung des Decc ins Wirtschaftsministerium. Stern („The Global deal“) hatte vor zehn Jahren den Stern-Report vorgelegt, in dem er erstmals die Folgen des Klimawandels für Wirtschaft und Gesellschaft in Euro und Dollar vorrechnete. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er ein Buch unter der Titelfrage: „Why Are We Waiting?“ und mahnte beim Klimaschutz mehr Tempo an. Aber auch der WWF sah die Änderung nicht nur negativ. Das neue Super-Ministerium könne ein Schwergewicht werden und viel für Klima- und Naturschutz erreichen – falls diese dort überhaupt wirklich ernst genommen würden.

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