INSM mit neuer Kampagne gegen Energiewende

Fakt 3: „Der Strompreis besteht zur Hälfte aus Steuern, Abgaben und Umlagen“
Richtig – hat hier aber nichts verloren, denn weder Schuld der Energiewende noch der Erneuerbaren Energien: Steuern, Abgaben und Umlagen machten 2016 mit 55 Prozent mehr als die Hälfte des Strompreises aus. Immerhin sind sowohl die Haushaltsstrompreise als auch die für die Industrie seit 2013 stabil.

Fakt 4: „Kaum ein EU-Land bittet seine Stromkunden so zur Kasse wie Deutschland“
Richtig ist vielmehr: Der durchschnittliche Strompreis für ein Industrieunternehmen ist von 2012 bis 2016 von 14,33 nur auf 15,04 ct/kWh gestiegen. Seit 2014 ist er sogar gefallen: Um 0,09, bzw. 0,19 ct/kWh. Energieintensive Branchen profitierten zudem derzeit von historisch niedrigen Preisen an der Strombörse. Der durchschnittliche Strompreis zur kurzfristigen Lieferung (Day-ahead-Handel) an der Börse belief sich 2016 im Durchschnitt auf 2,90 ct/kWh. Laut seriöser Statistiken lagen die Stromkosten für industrielle Abnehmer Anfang 2014 auf dem Niveau von zehn Jahren zuvor. Der Kostenanteil aller privaten und gewerblichen Stromkunden in Deutschland am Bruttoinlandsprodukt betrug 1991 2,6 Prozent. Zwanzig Jahre später waren es 2,5 Prozent. 2013 ist die Zahl annähernd gleich geblieben und hat sich bis heute kaum verändert.
Auch der Anteil der Stromkosten an den durchschnittlichen Haushaltsausgaben ist seit 1990 etwa gleich geblieben – vor 20 Jahren musste ein Arbeitender drei Mal so lange für die gleiche Menge Strom arbeiten wie heute. Die Stromkosten in Deutschland lägen zudem ohne erneuerbare Energien deutlich höher.

Fakt 5: „Die Industrie finanziert einen großen Teil der Energiewende“
Richtig ist vielmehr: Die gesamten Stromkosten machen im Schnitt ca. 3 % des Umsatzes von Unternehmen aus, wovon die EEG-Umlage einen geringen Teil ausmacht. Ausnahmeregelungen bestehen für 2.137 (2016) energieintensive Unternehmen, mit der Folge einer Umverteilung der Förderkosten zulasten kleiner und mittlerer Unternehmen sowie der Privathaushalte. Diese verbrauchen nur 19 Prozent des Stroms, bezahlen aber 36 Prozent der EEG-Umlage. Dagegen verbrauchen die Energieintensiven ein Fünftel des Stroms, beteiligen sich aber nur mit 2 Prozent an der EEG-Umlage. Der Anteil, den Endverbraucher – also Unternehmen und private Haushalte – im Moment für Strom zahlen, ist im Verhältnis zur deutschen Wirtschaftsleistung insgesamt in den vergangenen Jahren sogar gesunken. Im Moment liegt er unter 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dabei stehen viele Unternehmen gar nicht unter Wettbewerbsdruck, sind aber dennoch privilegiert – zulasten der nicht-privilegierten Verbraucher. Haushalte mit geringem Einkommen tragen zudem, relativ gesehen, einen größeren Beitrag als wohlhabende. Die Reichen profitieren also stärker von der Energiewende als die Armen: Weil die Stromnachfrage sich mehr nach der Größe des Haushalts und anderen Faktoren richtet, werden Haushalte mit geringem Einkommen relativ stärker belastet. Und weil Mieter – trotz gegenteiligen Bundestagsbeschlusses vom Sommer 2016 – immer noch keinen Zugang zum preiswerten Solarstrom haben. Diese Behauptung ist also schlicht falsch. Zudem spricht die INSM in ihrer Grafik von Kostenbeteiligung, bildet aber den Verbrauch ab – Irrtum oder Absicht?

Fakt 6: „Die hohen Energiekosten schaden im internationalen Wettbewerb“
Richtig ist vielmehr: Die Betriebe sind konkurrenzfähig. Vor allem die durch Ausnahmen privilegierten energieintensiven Branchen. Der Stromanteil ist bei den nicht privilegierten Unternehmen viel zu gering, als dass er diese These stützen könnte. Die Energie-Stückkosten der in Deutschland produzierenden Unternehmen liegen insgesamt unter dem europäischen Durchschnitt. Diese können außerdem Strom billig direkt an der Strombörse (Spotmarkt) kaufen.
Zudem widerlegen einige Beispiele die INSM: So meldete der niederländische Aluminiumproduzent Aldel 2014 Insolvenz an und schloss eine Hütte, weil er mit dem billigen Industriestrom in Deutschland nicht mehr konkurrieren konnte. Der französische Industrieverband Uniden forderte im gleichen Jahr von der französischen Regierung eine Preisbegrenzung, da der Strom für große industrielle Abnehmer in Deutschland bald 35 % weniger koste als in Frankreich. Auch diese – leere – Behauptung ist nicht belegbar.

Fakt 7: „Der Ökostrom-Ausbau überfordert Netze und Verbraucher“
Richtig ist vielmehr: Weniger der hohe volatile Ökostromanteil, als vielmehr die Überproduktion von billigem Kohlestrom verstopft die Netze. Viel davon leitet Deutschland ins Ausland, zum Missvergnügen unserer Nachbarn: 2015 wurden 50 Milliarden Kilowattstunden Strom mehr in andere Länder exportiert als aus dem Ausland eingeführt – etwa so viel wie ein Drittel der gesamten deutschen Braunkohle-Stromerzeugung. Weil Wind-, Solar- und Biogasanlagen immer mehr klimafreundlichen Strom in die Netze einleiten, müssten Kohlekraftwerke eigentlich ihre klimaschädliche Stromproduktion entsprechend drosseln. Nachdem aber gerade alte Braunkohle-Dreckschleudern so günstig Elektrizität erzeugen, dass sich ihr Betrieb auch bei einem Überangebot und entsprechend niedrigen Strombörsenpreisen rechnet, lassen die Betreiber sie oft dauernd durchlaufen. Der Abbau der Kohleverstromung, bzw. ihre Verteuerung durch sinnvolle CO2-Bepreisung geht aus Angst vor Wählerstimmenverlust viel zu langsam.

Folgt: Fakt 8: „Der Netzausbau hinkt hinterher“