Die Automobilindustrie muss dringend umdenken

Die Autoindustrie sollte möglichst schnell Elektroautos in hoher Stückzahl produzieren

Dabei steht zu befürchten, dass es auch hier – wie beim Klimawandel – einen Tipping Point geben könnte: wenn durch die sich häufenden Ankündigungen des Endes der Verbrennungsmotoren – besonders aus dem Ausland – Kunden die Gefahr erkennen, dass ihr Neuwagen nach wenigen Jahren nur noch geringen Wiederverkaufswert haben wird, da die Zahl der Käufer von umweltschädlichen Autos rasch zurückgehen wird, werden sie schon heute vorausschauend darauf reagieren. So etwas deutet sich heute bereits im Absatz von Dieselfahrzeugen an. Dann könnte sich aber plötzlich zeigen, dass ausländische Modelle, deren kostengünstige Produktion von E-Mobilen bereits auf den dortigen großen Stückzahlen beruht, viel interessanter sein werden als die teuren Modelle unserer Automobilindustrie, die sich eben viel zu lange gegen diese Technologie sperrte, weil es in der Vergangenheit so bequem war, mit Verbrennungsantrieben gute Profite zu machen. Niemand kann voraussagen, wo dieser Tipping Point im Kundenverhalten liegen wird, wenn er zu früh kommt, könnte es für unsere Automobilindustrie schlecht aussehen!

Ja, und dann sollten wir noch das Problem der Ladesäulen ansprechen, ein echtes Huhn-Ei Problem: da es nur wenige Ladesäulen gibt, ist der Absatz von Elektroautos schleppend, und weil es wenig Elektroautos gibt, wird unser Netzwerk an Ladesäulen nur langsam ausgebaut. Dagegen ist zu sagen: Wenn wir durch die Ankündigung emissionsfreier Innenstädte den Verkauf von Elektroautos in Deutschland wirksam fördern, werden auch rasch die nötigen Ladesäulen aufgestellt werden, dies wird ganz sicher kein unüberwindliches Hindernis sein. Mit steigenden Absatzzahlen für batteriebetriebene Elektroautos in Deutschland wird es auch rasch eine immer dichter werdende Infrastruktur von Ladesäulen geben. Dasselbe gilt übrigens auch für Wasserstofftankstellen: unser heutiges Netz von circa 20 Tankstellen ist noch sehr dünn, wird aber rasch mit dem Absatz von Brennstoffzellen-Fahrzeugen wachsen, so dass dann, wenn wir Wasserstoff kostengünstig aus dem Überschuss-Strom von Sonne und Wind herstellen werden, die erforderliche Infrastruktur bereit steht. Man kann übrigens heute bereits zwei kommerzielle Brennstoffzellen-Modelle in Deutschland kaufen: von Hyundai aus Korea und Toyota aus Japan – obwohl die deutsche Automobilindustrie Milliarden auch in diese Technologie investiert hat.

Mein Fazit: Ohne rasch wachsenden heimischen Absatzmarkt wird es keinen Erfolg in der internationalen Konkurrenz geben können, und die Aussichten für unsere Automobilindustrie – Schlüsselindustrie der deutschen Wirtschaft – könnten beängstigend werden.

Dieser Kommentar von Eicke Weber erschien zum ersten Mal am 07.08.2017 in Tagesspiegel Causa.