Umgestaltung von Abgaben und Umlagen auf Strom, Heiz- und Kraftstoffe notwendig

1. CO2-basierte Bepreisung fossiler Energieträger

Für Heizstoffe wurde vorgeschlagen, zunächst eine Vereinheitlichung der bestehenden Energiesteuersätze vorzunehmen. Somit könnten alle Energieträger des Wärmesektors einheitlich gemäß ihrem Energiegehalt besteuert werden, orientiert entweder am aktuellen Steuersatz für leichtes Heizöl (FÖS 2017, Fiedler und Zerzawy 2018) oder an dem für Erdgas (IW 2018). Zusätzlich zu der Energiekomponente könnte eine CO2-Komponente in die Energiesteuer eingeführt werden, die sich am spezifischen CO2-Gehalt des jeweiligen Energieträgers orientiert (Agora Energiewende 2018, dena 2017, FÖS 2017, Prognos 2017, Fiedler und Zerzawy 2018, Untersteller 2018).

Als anfängliche Höhe dieses CO2-Aufschlags wird eine Größenordnung von 25 (Prognos 2017) bis 30 €/tCO2 (FÖS 2017, Fiedler und Zerzawy 2018) diskutiert. Denkbar wäre auch eine Orientierung des Aufschlags am französischen Modell mit einem Einstiegspreis von 45 Euro und jährlicher Steigerung um weitere 10 Euro, ohne vorherige Vereinheitlichung der Energiesteuersätze (Agora Energiewende 2018). Alternativ könnte der bestehende Energiesteuersatz jährlich prozentual erhöht werden, orientiert an einem künftigen Zielwert für den CO2-Preis. Die jährliche Energiesteuererhöhung könnte auch zunächst nur auf das bisher am geringsten besteuerte Heizöl angewendet und nach Angleichung auch auf Erdgas sowie andere Energieträger im Wärmesektor ausgeweitet werden (IW 2018). Die sich aus den Vorschlägen ergebenden Preisanstiege bei Heizstoffen würden in der Größenordnung gewöhnlicher marktlicher Preisbewegungen liegen (FÖS 2017, Untersteller 2018). Dementsprechend dürften auch die Lenkungswirkungen moderat bleiben.

Bei den Kraftstoffen wurde, analog zu den Heizstoffen, ebenfalls eine Vereinheitlichung der Energiesteuersätze von Benzin und Diesel entsprechend ihres jeweiligen Energiegehalts vorgeschlagen. Diese könnte sich an der Höhe des für Benzin geltenden Energiesteuersatzes orientieren (FÖS 2017) und würde laut Edenhofer und Flachsland (2018) eine Erhöhung um 18 Cent pro Liter Diesel bewirken. Zusätzlich könnte wiederum eine einheitliche CO2-Komponente in Höhe von 20 bis 30 €/t (Edenhofer und Flachsland 2018, FÖS 2017, Fiedler und Zerzawy 2018) erhoben werden. Alternativ könnte bei gleichzeitiger jährlicher Abschmelzung des Dieselsteuerprivilegs ab 2020 eine CO2-Komponente von anfänglich 45 €/tCO2 mit jährlicher Steigerung um 10 Euro eingeführt werden (Agora Energiewende 2018). Die sich ergebenden Preisanstiege befänden sich auch hier in ähnlichen Größenordnungen wie frühere Marktpreisschwankungen, woraus sich wiederum moderate Lenkungswirkungen ergeben dürften. Dabei wäre der Preisanstieg beim Diesel allerdings deutlich höher als beim Benzin. Dies könnte mit einer Anpassung bei der Kfz-Steuer, die aktuell den Energiesteuervorteil des Diesels berücksichtigt, begleitet werden (FÖS 2017, Kunert 2018). Überdies wurde vorgeschlagen, die Energiesteuerangleichung zwischen Diesel und Benzin nur auf Fahrzeuge anzuwenden, die nicht bereits unter die Lkw-Maut fallen, da die Maut bereits ein Instrument zur Internalisierung von externen Effekten darstellt (FÖS 2017).

Der bisherige Niveauunterschied bei der Besteuerung von Heiz- und Kraftstoffen wurde unter anderem durch die höheren zu finanzierenden Infrastrukturkosten im Verkehrssektor begründet. Da untere Einkommensgruppen aufgrund eines geringeren Motorisierungsgrads relativ stärker von Preiserhöhungen bei Heizstoffen betroffen sind als bei Kraftstoffen (Bach et al. 2018), könnten zur Vermeidung regressiver Verteilungswirkungen die Unterschiede im Energiesteuerniveau zwischen den beiden Sektoren grundsätzlich beibehalten werden (FÖS 2017, Fiedler und Zerzawy 2018). Je nach Ausgestaltung einer möglichen Infrastrukturkomponente im Verkehrsbereich könnten dann jedoch auch dauerhaft uneinheitliche CO2-Preise zwischen den Sektoren bestehen bleiben.

Einige Vorschläge sehen vor, den Anwendungsbereich des Energiesteuergesetzes überdies auf die bei der Stromerzeugung eingesetzten Primärenergieträger auszuweiten (FÖS 2014, FÖS 2017, Fiedler und Zerzawy 2018). Nach dem Vorbild des Carbon Price Support in Großbritannien könnte der Steuersatz hierbei an den CO2-Preis im europäischen Emissionshandelssystem gekoppelt werden. Dies würde einen – oftmals kritisch diskutierten – nationalen CO2-Mindestpreis im Stromsektor bewirken, beispielsweise in Höhe von 20 €/tCO2 (Edenhofer und Flachsland 2018). Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, müssten die von den Stromerzeugern im Rahmen des EU-Emissionshandels bereits entrichteten Kosten für CO2-Zertifikate bei der Berechnung der Energiesteuer gegengerechnet werden (vgl. FÖS 2014). Der damit einhergehende Anstieg des Großhandelsstrompreises würde teilweise durch die daraus resultierende Absenkung der EEG-Umlage ausgeglichen, und die steuerlichen Mehreinnahmen aus der stärkeren CO2-Bepreisung könnten für eine Absenkung weiterer Strompreisbestandteile verwendet werden (FÖS 2017, Fiedler und Zerzawy 2018).

2. Entlastung einzelner Strompreisbestandteile

Eine andere Gruppe von Ansätzen zur Angleichung der Belastungen zwischen verschiedenen Energieträgern zielt auf Entlastungen bei einzelnen Bestandteilen der Letztverbraucher-Strompreise ab. So wird vielfach eine allgemeine Absenkung der Stromsteuer auf das von der Europäischen Union festgelegte Mindestniveau von 0,1 Cent pro Kilowattstunde diskutiert (FÖS 2017, Edenhofer und Flachsland 2018). Die dadurch sinkenden Steuereinnahmen könnten z.B. durch CO2-basierte Steuermehreinnahmen bei anderen Energieträgern ausgeglichen werden (Agora Energiewende 2018, FÖS 2017, Untersteller 2018). Eine Variante der Stromsteuerabsenkung sieht die Einführung eines pauschalen Grundfreibetrags vor (Neuhoff et al. 2012, Diekmann et al. 2015). Demnach könnte ein Stromverbrauch unterhalb einer Schwelle, die unter dem Jahresverbrauch der meisten Haushalte anzusetzen wäre, mit dem Stromsteuer-Mindestsatz belastet werden. Auf jede darüber hinaus verbrauchte Einheit würde weiterhin der bisherige Steuersatz anfallen. Insbesondere einkommensschwache Haushalte könnten dadurch überproportional entlastet werden, während die Anreize für Stromeinsparungen jenseits der Verbrauchsschwelle bestehen blieben.

Als weiterer Ansatz wird ein veränderter Finanzierungsmodus des EEG-Kontos vorgeschlagen. Einige Vorschläge zielen darauf ab, das bisherige EEG-Konzept einer energiebasierten Letztverbraucher-Umlage teilweise oder ganz durch eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt zu ersetzen. Einige Ausgestaltungsoptionen sowie Vor- und Nachteile werden in Diekmann et al. (2015), dena (2017), E-Bridge et al. (2018) und Fiedler und Zerzawy (2018) zusammengefasst und diskutiert. Eine Refinanzierung könnte über eine Erhöhung der Einkommens- und Unternehmenssteuer (enervis 2016), der Umsatzsteuer (Böhringer et al. 2017) oder des Solidaritätszuschlags auf die Einkommenssteuer (dena 2017, IW 2017) erfolgen. Alternativ könnte das EEG durch neue Steuereinnahmen aus stärker CO2-basierten Energiesteuersätzen refinanziert werden. Manche Vorschläge für CO2-basierte Reformen der Energiesteuern orientieren sich dabei direkt am EEG-Finanzierungsbedarf (dena 2017, Untersteller 2018). Teilweise beziehen sich die Vorschläge auch nur auf den Teil der EEG-Umlage, der zur Finanzierung der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) für stromkosten- bzw. handelsintensive Unternehmen erforderlich ist (BIHK 2016, FÖS 2017, Fiedler und Zerzawy 2018).

Alternativ wurde vorgeschlagen, die EEG-Umlagebasis zu verbreitern, indem neben dem Stromverbrauch auch der Wärme- bzw. Verkehrssektor bei der Finanzierung der Kosten des Strombereichs einbezogen würde. Dies könnte entweder am Endenergieverbrauch (IÖW 2017, Fiedler und Zerzawy 2018) oder an den spezifischen CO2-Emissionen orientiert erfolgen (BIHK 2016, E-Bridge et al. 2018). Dabei scheinen allerdings Fragen der praktischen Umsetzbarkeit noch offen, und auch die ökonomische Begründung wäre noch zu diskutieren.

3. Sektorenübergreifende Neuausrichtung von Abgaben und Umlagen

Ergänzend zu (und teilweise basierend auf) den oben skizzierten Einzelmaßnahmen wurde von Agora Energiewende (2018) eine grundlegende sektorenübergreifende Neuausrichtung von Abgaben und Umlagen am jeweiligen CO2-Gehalt der Energieträger vorgeschlagen. Dabei würden in einer „großen“ Variante Strom- bzw. Energiesteuern und verschiedene Umlagen im Stromsektor komplett durch einen sogenannten CO2-Beitrag ersetzt und durch eine Infrastrukturkomponente für den Verkehrssektor ergänzt. Neben der EEG-Umlage betrifft dies beim Strom auch die KWK-Förderung, spezielle Netzentgelt-Umlagen sowie die Vergütung sogenannter abschaltbarer Lasten. Ein vorgestellter Entwurf sieht dabei basierend auf CO2-Schadenskostenberechnungen des Umweltbundesamtes einen CO2-Beitrag von 125 €/tCO2 im Jahr 2020 vor sowie einen Infrastrukturbeitrag von 42 Cent pro Liter Kraftstoff. Die Infrastrukturkosten bei Strom und Wärme würden weiterhin über Netzentgelte finanziert. Vorteilhaft wäre hierbei, wenn der CO2-Aufschlag bei Strom stundengenau die Emissionsintensität des Strommixes berücksichtigen würde, um die Stromnutzung in Zeiten hoher Verfügbarkeit erneuerbarer Energien anzureizen; dies würde eine entsprechende Smart-Meter-Infrastruktur erfordern, erscheint also kurz- bis mittelfristig kaum umsetzbar.

Fazit und Kriterien zur Bewertung der verschiedenen Reformvorschläge

  • In Deutschland wurden bereits diverse Vorschläge für eine Umgestaltung von Abgaben und Umlagen auf Strom sowie Heiz- und Kraftstoffe diskutiert. Diese sehen meist eine stärker CO2-basierte Energiebesteuerung sowie eine Entlastung der Endkunden-Strompreise vor, oftmals auch in Kombination. Besonders häufig werden CO2-basierte Aufschläge auf die Energiesteuern bei Heiz- und Kraftstoffen vorgeschlagen; auch die weitgehende Abschaffung der Stromsteuer wird in vielen Vorschlägen genannt. Eine vergleichende Bewertung der verschiedenen Konzepte ist nicht Ziel dieses Roundups und bleibt Gegenstand der weiteren Forschung. Abschließend werden einige Kriterien genannt, die für eine Bewertung von Bedeutung sind.
  • Ein wichtiges Kriterium ist die Lenkungswirkung für den Klimaschutz, wobei zischen kurz- und langfristigen Wirkungen unterschieden werden kann. Hierbei ist – neben Fragen der ökonomischen Effizienz – auch die Berücksichtigung des Verursacherprinzips relevant. Ihm kann grundsätzlich Rechnung getragen werden, wenn der Verbrauch von Energieträgern gemäß ihrer Emissionsintensität belastet wird.
  • Daneben sind Verteilungswirkungen zu beachten, sowohl zwischen Privathaushalten und Unternehmen als auch innerhalb der Haushalte, d.h. zwischen unterschiedlichen Haushaltgrößen, Einkommensschichten oder Mobilitätsgraden. Potenziell regressive Wirkungen von Verbrauchssteuern, insbesondere bei Strom und bei Heizstoffen, könnten jedoch durch begleitende Rückerstattungs- bzw. Kompensationsmaßnahmen vermindert werden.
  • Bei Reformen, die eine Änderung der EEG-Finanzierung vorsehen, müssen mögliche Auswirkungen auf die Verlässlichkeit der Förderung erneuerbarer Energien berücksichtigt werden. Insbesondere die Finanzierung aus Mitteln des Bundeshaushalts könnte konjunkturellen Schwankungen sowie kurzfristigen Veränderungen politischer Prioritäten unterliegen, was die Planbarkeit und Verlässlichkeit der Förderung und damit auch die Finanzierung von Investitionen erschweren könnte.
  • Darüber hinaus ist die praktische Umsetzbarkeit der Reformen zu prüfen. Dies betrifft nicht nur die gesellschaftliche Akzeptanz und politische Umsetzbarkeit von Energiesteuerreformen, sondern teilweise auch Fragen des Verfassungsrechts und des EU-Rechts (vgl. Löschel et al. 2017 oder auch den ). Nicht zuletzt ist auch der administrative Aufwand der Realisierung eines Reformvorschlags zu berücksichtigen.

->Quellen: