EU nicht bis 2050 treibhausgas-neutral

Germanwatch: Deutschlands spätes Einlenken mitschuld am Scheitern

Die Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch stuft das Ergebnis des Europäischen Rats vom 20.06.2016 als Rückschlag für den Klimaschutz ein: „Die Hauptsorge der Menschen in der EU ist die Klimakrise und die Frage, wie man sie eindämmt. Die EU-Regierungschefs haben zwar darauf reagiert, indem sie den Klimaschutz zu einer Hauptaufgabe für die EU gemacht haben. Aber sie sind gescheitert bei der ersten Bewährungsprobe für diese Schwerpunktsetzung“, sagte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. “Wir brauchen vor dem Klimagipfel des UN-Generalsekretärs im September einen formalen Beschluss für die Klimaneutralität vor 2050. Außerdem muss die EU einen Prozess ankündigen, ihr Ziel für 2030 im kommenden Jahr zu erhöhen. Sonst stehen die Kanzlerin und die anderen EU-Regierungschefs im September mit leeren Händen da. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, diese Ziele bei einem EU-Sondergipfel noch im Sommer auf die Tagesordnung zu setzen.“

Germanwatch weise darauf hin, dass das schwache Ergebnis des Gipfelbeschlusses auch wesentlich auf Deutschlands spätes Einlenken beim Klimaziel zurückzuführen sei. Bals: „Hätte sich die Bundesregierung frühzeitig gemeinsam mit Frankreich engagiert, Polen und andere Bremserländer mit an Bord zu holen, gäbe es jetzt mit einiger Wahrscheinlichkeit ein anderes Ergebnis.“ Von der Bundesregierung erwarte Germanwatch nun ein ehrgeiziges Sofortprogramm, ein Maßnahmenpaket zum Erreichen der deutschen Klimaziele 2030 und gleichzeitig auf EU-Ebene den Einsatz für Paris-kompatible, also höhere Klimaziele. „Wer Paris umsetzen will, muss sich an den Pariser Klimazielen messen lassen“, so Bals.

EU reist mit leeren Händen nach New York und zur COP25

Mit der Absage an die Klimaneutralität steht die EU mit leeren Händen da, wenn ihre Repräsentanten im September zur Klimakonferenz von UN-Generalsekretär Antonio Guterres nach New York reisen, schreibt Florence Schulz auf EURACTIV.de. Der Gipfel diene dazu, vor der COP25 in Chile politisches Momentum aufzubauen, damit die Staaten im Dezember die Regeln des Paris-Abkommens finalisieren könnten. Denn wenn die Staaten die 1,5-Grad-Grenze nicht überschreiten wollen, müssen sie bis zum kommenden Jahr ihre nationalen Klimaambitionen anheben.

Noch vor wenigen Tagen hatte Guterres in einem Brief an Ratspräsident Tusk auf ein Versprechen seitens der EU gedrängt. Ein Bekenntnis zur Klimaneutralität 2050 würde eine „starke Botschaft der Führung und des Engagements“ an die UN senden, schrieb er. Die Klimaziele der COP21 dürften auch am 28.06.2019 beim Treffen der G20 in Osaka auf der Agenda stehen.

Politisch wird kaum bezweifelt, dass Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts möglich ist. Die Kommission hat in ihrer Langzeitstrategie verschiedene Szenarien dazu aufgezeigt. Aus einer Studie der European Climate Foundation vom September 2018 geht hervor, dass dazu die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 bis 65 Prozent reduziert werden müssten, zugleich dürften die Emissionen aus dem Verkehrssektor nicht weiter steigen.

Weil die EU, zumindest bis zum nächsten EU-Gipfel im Oktober, kein Netto-Null-Ziel festlegen wird, dürfte das auch den Ehrgeiz der nationalen Klimapläne abschwächen, welche die Mitgliedstaaten bis Jahresende abschließen müssen. Sie sollen sicherstellen, dass das Pariser Klimaziel erreicht wird. Zuletzt hatte die EU-Kommission sie allerdings mit Blick auf erneuerbare Energien und Energieffizienz als unzureichend bewertet (siehe: solarify.eu/vergleich-der-energie-und-klimaplaene-fuer-2030).

Im EU-Parlament läuft es zwar besser. Denn dort hätten sich Christ- und Sozialdemokraten, Grüne und Liberale nach Informationen des Spiegel auf die Klimaneutralität bis 2050 geeinigt – auch über die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen. So solle der Flugverkehr zu 100 Prozent in den ETS einbezogen werden, auch der Schiffsverkehr soll stärker Klimaschutz-Regeln beachten müssen. Doch das Parlament könne keine Gesetze einbringen. Dieses Recht habet ausschließlich die Kommission.

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