BDEW: Massiver EE-Ausbau erforderlich
BEE: nicht schnell genug

Erneuerbare Energien: Szenarien zur Erreichung des 65-Prozent-Ziels – Flächenrestriktionen gefährden Zielerreichung

Der BDEW schlägt Alarm: Die Frage, wie Deutschland sein Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren Energien bis 2030 erreichen kann, werde aktuell intensiv diskutiert. Klar sei: Eine reine Fortschreibung der bisherigen Pfade aus dem EEG 2017 reiche nicht aus – dies würde lediglich zu einem Erneuerbare-Energien-Anteil von 54 Prozent führen. Der BDEW hat deshalb zwei Szenarien berechnet, wie diese Lücke geschlossen werden könnte.„Aus den Rechnungen geht hervor, dass das 65-Prozent-Ziel grundsätzlich auf mehreren Pfaden erreichbar ist. Die erforderliche installierte EE-Leistung für 2030 bewegt sich zwischen 215 und 237 Gigawatt (GW)“, sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, am 18.06.2019 in Berlin. 2018 waren insgesamt 120 GW Erneuerbare-Energien-Anlagen installiert.

Biogasanlagen und Windgenerator – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Die derzeit bestehenden Flächenbegrenzungen für verschiedene EE-Technologien behindern ausreichende Zubauraten und das Ausschöpfen bestehender Potenziale in den jeweiligen Segmenten“, so Kapferer. Konkret geht es dabei um die 10 MW-Größenbeschränkung für PV-Freiflächen-projekte im EEG und den 15-GW-Deckel für Wind auf See bis 2030 und den 52-GW-Deckel für PV-Anlagen außerhalb des Ausschreibungsregimes. Letztgenannter Deckel sollte aus Sicht des BDEW aufgehoben werden, verbunden mit weiteren Maßnahmen zur besseren Markt- und Systemintegration von Strom aus PV-Anlagen.

Um den Flächenbedarf an Land zu reduzieren, ist laut BDEW eine Anhebung des 2030-Ziels für die Windenergie auf See auf mindestens 17 GW sinnvoll. Die Szenarien-Berechnungen zeigen, dass eine Aufstockung der Windenergie auf See den zusätzlichen Bedarf an Windenergie an Land oder Photovoltaik überproportional mindert, da Windenergie auf See die vergleichsweise höchste Auslastung erreicht.

Die Berechnungen zeigen, dass höhere Ausbauziele für Windenergieanlagen auf See und Photovoltaik sinnvoll sind, um Zeit für die Lösung der Akzeptanzprobleme von Windenergie an Land zu gewinnen. Auch bei forciertem Ausbau von Wind Offshore und Photovoltaik bleibt allerdings ein erheblicher Zuwachs auch von Wind an Land erforderlich, um das 65-Prozent-Ziel zu erreichen.

Szenario A setzt einen Schwerpunkt auf besonders kostengünstige Technologien, Szenario B legt einen demgegenüber verminderten Ausbau von Wind an Land zugrunde. Mit höheren Anteilen an Windenergie (Onshore und Offshore) sind insgesamt geringere Zubaumengen erforderlich. Die Abschätzungen ergeben, dass alle infrage kommenden EE-Technologien (Wind Onshore, Wind Offshore, PV-Freifllächen sowie PV-Dachflächen) in ausreichenden Mengen zugebaut werden müssen und dementsprechende Voraussetzungen benötigen, insbesondere auch hinsichtlich der Flächenverfügbarkeit.

Die Flächenverfügbarkeit dürfe deshalb keinesfalls weiter massiv eingeschränkt werden. „Das gilt insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Diskussionen um Mindestabstände zur (Wohn-) Bebauung oder Höhen-beschränkungen für Windenergieanlagen an Land. Diese würden die Erreichbarkeit des 65-Prozent-Ziels massiv gefährden und darüber hinaus-gehend die Erreichung des CO2-Minderungszieles für die Energiewirtschaft verhindern.“

Gerade weil ein massiver Ausbau der Erneuerbaren Energien erforderlich ist, muss weiter intensiv an einem möglichst wirtschaftlichen Förderregime gearbeitet werden. Der BDEW hat deshalb sein „3-Säulen-Modell“ für einen neuen Finanzierungsrahmen für EE-Anlagen weiter konkretisiert. „Eine erfolgreiche Energiewende ist ohne Verantwortung für das Gesamtsystem nicht möglich. Mit seinem „3-Säulen-Modell“ will der BDEW die Förderung der Erneuerbaren fit für das kommende Jahrzehnt machen. Es ist damit der Vorschlag der Energiewirtschaft für eine zukunftsweisende EEG-Reform“, so Kapferer. „Insbesondere die Weiterentwicklung der Direktvermarktung wird dazu beitragen, dass künftig mehr Erneuerbare-Energien-Anlagen ohne Inanspruchnahme des EEG errichtet werden. Damit werden EEG-Konto und Verbraucher entlastet und die Effizienz gesteigert.“

Säule 1 sieht die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Erneuerbarer Energien im Rahmen des Strommarktes vor. Der Markt und dessen Preissignale sollen die Basis für die Investitionsentscheidung darstellen. Säule 2 dient der Flankierung des Erneuerbare-Energien-Zubaus und stellt das Erreichen der Ausbauziele für Erneuerbare Energien sicher. Säule 3 soll dazu beitragen, Prosumer-Lösungen effizient voranzubringen und auf sinnvolle Weise in das Energieversorgungssystem zu integrieren.

Bundesverband Erneuerbare Energie – Statement von BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter –
Analyse zeigt: Massiver Ausbau der Erneuerbaren erforderlich – breiter Mix der Energieträger Wind, Solar und Biomasse notwendig

Die BDEW-Analyse zeigt, dass insgesamt 215 bis 237 GW installierte Erneuerbaren-Leistung notwendig sind, wenn das 2030er Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren Energien im Strombereich erreicht werden soll. Die derzeitigen Ausbaukorridore reichen nicht aus und würden bis 2030 lediglich zu einem Anteil der Erneuerbaren an der deutschen Gesamtstromerzeugung von 54 Prozent führen. Simone Peter, Präsidentin Bundesverband Erneuerbare Energie, kommentiert diese Befunde.

„Die vorliegende Analyse zeigt deutlich, dass wir mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien derzeit nicht schnell genug vorankommen und auf ein deutliches Ausbaudelta zusteuern. Hinsichtlich der zukünftigen Strombedarfe legt der BDEW sogar eine unrealistisch konservative Schätzung an. Der tatsächliche Zubaubedarf Erneuerbarer Energien könnte angesichts der großen Nachfrage nach CO2-freiem Strom aus der deutschen Industrie sowie perspektivisch aus den Sektoren Verkehr und Wärme noch deutlich stärker steigen. Das haben wir in unserem BEE-Szenario 2030 verständlich dargelegt.

Vor dem Hintergrund dieser Strombedarfe sind Zubaudeckel für die Bereiche Offshore-Wind und Photovoltaik selbstverständlich nicht mehr zeitgemäß. Die CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat gerade gestern davon gesprochen, dass beim Klimaschutz ‚einiges liegen geblieben‘ sei und die Regierungskoalition nun ‚über den Sommer nachsitzen‘ müsse. Die ersten Pflichtaufgaben während dieser Überstunden bestehen sicherlich in der Anhebung des 15-GW-Deckels für Wind auf See auf 20 GW bis 2030 sowie in der Abschaffung des 52-GW-Deckels für PV-Anlagen außerhalb des Ausschreibungsregimes. Zudem muss eine Stärkung des gewerblichen solaren Eigenverbrauchs angereizt werden, damit die Energiewende auch in den Städten Fortschritte machen kann.

Klar muss aber auch sein, dass nur solche Szenarien zur Erreichung des 65%-Ziels führen können, in denen die Erneuerbaren in einem breiten Mix aus Wind Onshore und Offshore, Photovoltaik und Bioenergie ausgebaut werden. Die verschiedenen Energieträger dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Der zweifelsohne dringend notwendige Zubau von PV ist ebenso erforderlich, wie ein dynamisierter, bundesweiter Ausbau von Windenergie an Land. Bei der Bioenergie ist ein Stabilisierungspfad erforderlich, um den Rückbau von Biogasanlagen abzubremsen. Nur mit allen Energieträgern gemeinsam bleiben 65 Prozent Erneuerbare bis 2030 möglich und die Energiewende so ein langfristiges Erfolgsmodell für Klima, Wirtschaft und Wertschöpfung im ländlichen Raum.“

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