Experimenteller Nachweis für ungewöhnliche Spin-Konfiguration

CEC: Neues Paper in Angewandte Chemie International Edition

Die Umwandlung atmosphärischen Stickstoffs in Ammoniak ist ein lebenswichtiger Prozess auf der Erde. Ammoniak dient zur Herstellung von vielen Produkten wie Düngemittel, Reinigungsmittel bis hin zu Sprengstoffen. Biologisch betrachtet, sind Stickstoffatome als Bausteine von Proteinen in allen Organismen Bestandteile von Amino- und Nukleinsäuren. Eine Forschergruppe um Prof. Serena DeBeer (Abteilung Anorganische Spektroskopie) vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (CEC) in Mülheim an der Ruhr untersuchte die Struktur eines entscheidenden Cofaktors mit verschiedenen röntgenbasierten spektroskopischen Methoden.

Inneres Cover – Angewandte Chemie International Edition 58(28) © 2019 by John Wiley & Sons/Wiley-VCH

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden kürzlich in Angewandte Chemie International Edition veröffentlicht und aufgrund seiner „Bedeutung in einem sich schnell entwickelnden Feld mit hohem aktuellem Interesse“ als „Hot Paper“ gewählt, darüber hinaus auf dem Innen-Titelbild hervorgehoben.

Die biologische Umwandlung von Stickstoff in Ammoniak verläuft an einem Eisen-Molybdän-Cofaktor, welcher im Enzym Nitrogenase gefunden wurde. Dieser rätselhafte, komplexe Cluster hat Forscher dazu veranlasst, die Struktur und seine Rolle bei der Stickstoffreduktion zu erforschen – eine sehr komplexe und schwierige Herausforderung. Die jüngste Anwendung mit der fortschrittlichen Technik der XMCD-Spektroskopie (engl. X-ray Magnetic Circular Dichroism) hat eine Antwort auf eine Hypothese geliefert, die 2014 erstmals in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Frank Neese (MPI für Kohlenforschung) auf der Grundlage von Berechnungen aufgestellt worden war. Ragnar Bjornsson, derzeit Gruppenleiter in der Abteilung für Anorganische Spektroskopie, vermutete eine ungewöhnliche Elektronenspinorientierung am einzelnen Mo-Atom im Cofaktor, wobei zwei von drei Elektronenspins nach unten und einer nach oben gerichtet waren (Bjornsson et al. (2014). Chemical Science 5, 3096-3103). Diese ungewöhnliche elektronische Struktur konnte jetzt durch experimentelle Untersuchungen unterstützt werden.

Joanna Kowalska – Foto © MPI.CEC

Joanna Kowalska, ehemalige Postdoktorandin in der Gruppe von Prof. DeBeer: „Das gesamte Projekt war von Anfang an eine große Herausforderung. Wir brauchten nicht nur eine so helle Lichtquelle wie Synchrotronstrahlung, um ein Atom in einem großen Komplex zu erfassen, sondern nutzten auch den Polarisationsvorteil, der es uns ermöglichte, Spin-Up- oder Spin-Down-Elektronen separat anzuregen. In einem einfachen Bild konnten wir die Energie des Lichts abstimmen, um entweder Eisen- oder Molybdänatome im FeMo-Cofaktor oder in einem Modellkomplex abzutasten und Elektronenspins unterschiedlicher Orientierung zu detektieren. Glücklicherweise waren solche Messungen an einer der einzigartigen Strahllinien bei der Advanced Photon Source in Argonne, USA, möglich. Bei unseren Messungen haben wir uns auf das FeMo-Cuban konzentriert, das ein struktureller Modellkomplex des FeMo-Cofaktors ist, und als Referenz einen gut charakterisierten Metallkomplex mit drei Spin-Up Elektronen am Molybdänatom verwendet.“

Dabei heraus kamen sehr unterschiedliche Spektren von diesen Komplexen, obwohl beide ein Molybdänatom in der Oxidationsstufe +3 enthalten. Auf dieser Grundlage konnten die Forscher nicht nur Belege für die unterschiedliche elektronische Struktur des Mo-Atoms in diesen Verbindungen liefern, sondern zum ersten Mal auch die vorgeschlagene Nicht-Hund-Konfiguration am Mo-Atom im FeMo-Cubankomplex unterstützen.

Diese Ergebnisse demonstrieren, wie detaillierte Informationen über die elektronische Struktur nur mithilfe von XMCD-Spektroskopie erzielt werden können, und bilden eine Grundlage für zukünftige selektive Studien verschiedener Enzyme. Diese Informationen können künftig dazu beitragen, effiziente Katalysatoren auf Basis der aus der Natur gezogenen Lehren zu entwerfen.

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