Eine klimaneutrale EU – was bedeutet das?

Europäisches Klimagesetz: Rat und Parlament erzielen vorläufige Einigung

Die Verhandlungsführer des Europäischen Rates und des Parlaments haben am 05.05.2021eine vorläufige politische Einigung erzielt, mit der das Ziel einer klimaneutralen EU bis 2050 und die kollektive Zielvorgabe, die Netto-Treibhausgasemissionen (Emissionen nach Abzug des Abbaus) bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 % zu senken, rechtlich verankert werden.

EU-Rat Sitzungssaal – Foto © consilium.europa.eu

„Wir sind mit der heute erzielten vorläufigen Einigung sehr zufrieden. Das europäische Klimagesetz ist das übergeordnete Gesetz, das in den nächsten 30 Jahren den Rahmen für die klimabezogenen Rechtsvorschriften der EU bilden wird. Die EU ist fest entschlossen, bis 2050 klimaneutral zu werden, und wir können stolz darauf sein, dass wir heute ein ehrgeiziges Klimaziel festgeschrieben haben, dem sich alle anschließen können. Mit dieser Einigung senden wir – unmittelbar vor dem Klimagipfel am 22. April – eine klare Botschaft in die Welt und ebnen den Weg dafür, dass die Kommission im Juni ihr Klimaschutzpaket „Fit für das 55-%-Ziel“ vorschlagen kann.“ João Pedro Matos Fernandes, Minister für Umwelt und Klimaschutz.

In Bezug auf das Ziel für 2030 waren sich die Verhandlungsführer darin einig, dass die Senkung der Emissionen Vorrang haben muss vor dem Abbau von Emissionen. Damit bis 2030 wirklich ausreichende Anstrengungen zur Verringerung und Vermeidung von Emissionen unternommen werden, wurde für den Beitrag, der durch den Abbau von Emissionen zum Nettoziel geleistet wird, ein Grenzwert von 225 Mio. t CO2-Äquivalent eingeführt. Außerdem wurde vereinbart, dass die Union eine Steigerung des Nettovolumens der Kohlenstoffsenken bis 2030 anstreben wird.

In der vorläufigen Einigung ist auch die Einrichtung eines europäischen wissenschaftlichen Beirats für Klimaschutz vorgesehen, dem 15 hochrangige wissenschaftliche Sachverständige unterschiedlicher Nationalität angehören sollen, wobei höchstens zwei Mitglieder aus demselben Mitgliedstaat die vierjährige Amtszeit wahrnehmen können. Zu den Aufgaben dieses unabhängigen Beirats wird es unter anderem gehören, wissenschaftliche Beratung und Berichte zu EU-Maßnahmen und Klimazielen sowie zu indikativen Treibhausgasbudgets und deren Vereinbarkeit mit dem europäischen Klimagesetz und den internationalen Verpflichtungen der EU im Rahmen des Übereinkommens von Paris bereitzustellen.

Die Verhandlungsführer sind übereingekommen, dass die Kommission spätestens sechs Monate nach der ersten weltweiten Bestandsaufnahme im Rahmen des Übereinkommens von Paris gegebenenfalls ein klimapolitisches Zwischenziel für 2040 vorschlagen wird. Sie wird auch ein projiziertes indikatives EU-Treibhausgasbudget für den Zeitraum 2030-2050 und die dabei zugrunde gelegte Methode veröffentlichen. Bei dem Budget handelt es sich laut Definition um das indikative Gesamtvolumen der in diesem Zeitraum zu erwartenden Nettotreibhausgasemissionen (in CO2-Äquivalenten, einschließlich gesonderter Informationen zu verursachten und abgebauten Emissionen), die keine Gefahr für die Verpflichtungen der Union im Rahmen des Übereinkommens von Paris darstellen.

Die Verhandlungsführer haben ferner vereinbart, dass die Kommission mit den Sektoren der Wirtschaft zusammenarbeiten wird, die sich für die Aufstellung indikativer freiwilliger Fahrpläne für die Verwirklichung des Klimaneutralitätsziels der Union bis 2050 entschieden haben. Die Kommission würde die Ausarbeitung dieser Fahrpläne überwachen und den Dialog auf EU-Ebene und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den einschlägigen Interessenträgern erleichtern.

Darüber hinaus ist in der vorläufigen Einigung das ehrgeizige Ziel festgelegt, dass die EU nach 2050 negative Emissionen erreichen soll. Die vorläufige politische Einigung muss vom Rat und vom Parlament gebilligt werden, bevor sie die formellen Schritte des Annahmeverfahrens durchläuft. Die vorläufige Einigung wurde vom portugiesischen Ratsvorsitz und den Vertretern des Europäischen Parlaments auf der Grundlage der Mandate ihrer jeweiligen Organe erzielt.

Hintergrund

Der Europäische Rat verständigte sich in seinen Schlussfolgerungen vom 12. Dezember 2019 auf das Ziel, bis 2050 im Einklang mit den Zielen des Übereinkommens von Paris eine klimaneutrale EU zu erreichen, wobei er auch anerkannte, dass günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, die allen Mitgliedstaaten zugutekommen und angemessene Instrumente, Anreize, Unterstützung und Investitionen einschließen, um einen kosteneffizienten, gerechten sowie sozial ausgewogenen und fairen Übergang zu gewährleisten, wobei den unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten in Bezug auf die Ausgangssituation Rechnung zu tragen ist.

Am 4. März 2020 nahm die Europäische Kommission ihren Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz als wichtigen Teil des europäischen Grünen Deals an. Am 17. September 2020 nahm die Kommission einen Vorschlag zur Änderung ihres ursprünglichen Vorschlags an, um ein überarbeitetes EU-Emissionsreduktionsziel von mindestens 55 % bis 2030 aufzunehmen. Außerdem veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung über den Klimazielplan 2030 zusammen mit einer umfassenden Folgenabschätzung.

In seinen Schlussfolgerungen vom 10./11. Dezember billigte der Europäische Rat das verbindliche Ziel der EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 intern netto um mindestens 55 % im Vergleich zu 1990 zu verringern.

Am 17. Dezember 2019 nahm der Rat eine allgemeine Ausrichtung an, woraufhin der Rat und das Parlament eine Reihe von Trilog-Sitzungen einleiteten, um eine Einigung über den endgültigen Text zu erzielen.