Soziale Sicherung elementar für Katastrophenvorsorge

Welt-Risiko-Bericht und -Index 2021 erschienen: Vanuatu, Salomonen und Tonga Länder mit höchstem Katastrophenrisiko

Mit dem Fokus „Soziale Sicherung“ erschien am 15.09.2021 der diesjährige WeltRisikoBericht – vorgestellt vom Bündnis Entwicklung Hilft und dem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht (IFHV) der Ruhr-Universität Bochum. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurden auch die Ergebnisse des diesjährigen WeltRisikoIndexes präsentiert, der das Katastrophenrisiko für 181 Länder erfasst. Die Corona-Pandemie, Waldbrände und Überflutungen haben zuletzt deutlich gemacht, wie elementar eine soziale Absicherung gegen existenzielle Risiken ist.

Weltrisikobericht 2021 – Titel © entwicklung-hilft.de

Über den direkten Schutz vor Katastrophen hinaus wirken sich soziale Sicherungssysteme positiv auf andere gesellschaftliche Herausforderungen aus. Peter Mucke, Projektleiter WeltRisikoBericht und Geschäftsführer von Bündnis Entwicklung Hilft: „Soziale Sicherung und der Kampf gegen Hunger, Armut, soziale Ungleichheit und Klimawandel gehören zusammen. Die zukünftige deutsche Regierung muss soziale Sicherung verstärkt in den Blick nehmen und eine internationale Vorreiterrolle übernehmen, wenn sie in Zeiten von Pandemien und zunehmenden Wetterextremen ernst genommen werden will“.

Zentraler Bestandteil des WeltRisikoBerichts ist der WeltRisikoIndex, der seit 2018 vom IFHV berechnet wird. Der Index gibt für 181 Länder das Risiko an, dass ein extremes Naturereignis zu einer Katastrophe führt. Das höchste Katastrophenrisiko hat der tropische Inselstaat Vanuatu, gefolgt von den Salomonen und Tonga. „Die Folgen des Klimawandels sind für Inselstaaten enorm bedrohlich. Neben den zunehmenden Wetterextremen treibt der Anstieg des Meeresspiegels ihr Risiko nach oben“, sagt Dr. Katrin Radtke, wissenschaftliche Leiterin des Berichts. Unter den 15 Ländern mit dem höchsten Katastrophenrisiko sind insgesamt zehn Inselstaaten vertreten. Deutschland liegt mit einem sehr geringen Katastrophenrisiko auf Rang 161.

In die Berechnung des WeltRisikoIndex werden die Gefährdung durch extreme Naturereignisse und die gesellschaftliche Verwundbarkeit einbezogen. Als extreme Naturereignisse berücksichtigt der WeltRisikoIndex Erdbeben, Wirbelstürme, Dürren, Überschwemmungen und den Meeresspiegelanstieg. In der Analyse der Länder sind knapp 99 Prozent der Weltbevölkerung erfasst. In diesem Jahr enthält der Bericht ergänzend zum WeltRisikoIndex einen Index zur sozialen Sicherung für Hochrisikoländer. Dr. Katrin Radtke erläutert: „Besonders in Westafrika zeigen sich große Defizite bei der sozialen Sicherung und großer Handlungsbedarf. Menschen mit besonderem Schutzbedarf wie Kinder, alte Menschen oder Menschen mit Behinderungen haben selten Zugang zu staatlicher Unterstützung. Dadurch sind sie auch besonders vulnerabel gegenüber extremen Naturereignissen.“

Zentrale Ergebnisse des WeltRisikoIndexes 2021 – verwundbarstes Land der Welt Zentralafrikanische Republik

  • Der WeltRisikoIndex 2021 bewertet das Katastrophenrisiko für 181 Länder. Damit sind knapp 99 Prozent der Weltbevölkerung erfasst.
  • Unter den 15 Ländern mit dem höchsten Katastrophenrisiko sind insgesamt zehn Inselstaaten vertreten. Ihr Risikoprofil wird zunehmend auch vom Anstieg des Meeresspiegels bestimmt.
  • Die Länder mit dem höchsten Katastrophenrisiko weltweit sind Vanuatu (WRI 47,73), die Salomonen (WRI 31,16) und Tonga (WRI 30,51).
  • Am höchsten exponiert ist Vanuatu, gefolgt von Antigua und Barbuda sowie Tonga. Das verwundbarste Land der Welt ist die Zentralafrikanische Republik, gefolgt vom Tschad und der Demokratischen Republik Kongo.
  • Deutschland weist ein sehr geringes Katastrophenrisiko auf. Mit einem Wert von 2,66 belegt Deutschland Rang 161 im WeltRisikoIndex.
  • Die Beispiele Niederlande, Japan, Mauritius sowie Trinidad und Tobago verdeutlichen den Grundsatz, dass sich durch eine geringe bzw. sehr geringe Vulnerabilität das Katastrophenrisiko drastisch reduzieren lässt.
  • Im Vergleich der Kontinente hat Ozeanien das höchste Katastrophenrisiko, vor allem bedingt durch seine hohe Gefährdung gegenüber extremen Naturereignissen. Afrika, Amerika, Asien und Europa liegen beim Katastrophenrisiko in absteigender Reihenfolge dahinter.
  • Afrika ist der Kontinent mit der insgesamt höchsten gesellschaftlichen Vulnerabilität. Zwölf der 15 vulnerabelsten Länder der Welt liegen dort.
  • Europa hat mit einem Median von 3,27 bei 40 Ländern das mit Abstand geringste Katastrophenrisiko aller Kontinente und liegt auch in allen anderen Komponenten der globalen Risikoanalyse in der günstigsten Position.
  • Länder mit niedriger Wirtschaftskapazität und geringem Einkommen weisen in der Regel eine höhere Vulnerabilität bzw. geringere Möglichkeiten zur Abwendung von Katastrophen auf. In diesen Ländern führen extreme Naturereignisse oftmals zu weiteren Verringerungen vorhandener Kapazitäten.

2021 Fokus: Soziale Sicherung

  • Soziale Sicherung trägt dazu bei, die gesellschaftliche Verwundbarkeit gegenüber extremen Naturereignissen zu reduzieren. Im Katastrophenfall muss soziale Sicherung oftmals kurzfristig ausgebaut werden, um gestiegene Sicherungsbedarfe zu decken. Adaptive Sicherungssysteme sind dafür besonders geeignet, da sie schnell auf neue Sicherungsbedarfe reagieren und Schocks, wie die Corona-Pandemie, effektiv bewältigen können.
  • Parallel zu formellen, oftmals staatlichen, Sicherungssystemen bestehen informelle soziale Sicherungsstrukturen, welche zum Beispiel gemeindebasierte Institutionen wie Spargruppen oder Getreidebanken umfassen.
  • Der Zugang zu rechtebasierten sozialen Sicherungssystemen ist bislang nur für eine Minderheit der Weltbevölkerung Realität. Die Corona-Pandemie hat in vielen Teilen der Welt verdeutlicht, wie ungleich der Zugang zu sozialer Sicherung verteilt ist. Ohne soziale Sicherung wird im Katastrophenfall Armut verschärft, bestehende Ungleichheit vertieft, die Resilienz gegenüber zukünftigen Krisen geschwächt und der Bedarf an humanitärer Hilfe erhöht.
  • Soziale Sicherungssysteme erreichen in der Realität nicht immer die Personen, die auf sie angewiesen wären. Die Ursachen dafür können in institutionellen, kommunikativen, sozialen oder physischen Barrieren liegen – oft auch in einer Kombination mehrerer Faktoren.
  • Ein globaler Fonds für soziale Sicherheit kann dazu beitragen, dass der Basisschutz auch in Staaten sichergestellt wird, die hierzu finanziell noch nicht in der Lage sind. Der Fonds könnte darüber hinaus in Krisensituationen denjenigen Ländern helfen, die aufgrund kurzfristiger finanzieller Engpässe auf internationale Unterstützung angewiesen sind.
  • Soziale Sicherung ist eine Aufgabe, die grundsätzlich aus eigenstaatlichen Mitteln finanziert werden muss, insofern kann die internationale Ko-Finanzierung der Systeme immer nur eine Übergangslösung darstellen.
  • Soziale Sicherung hat zwar in den letzten Jahren in der Katastrophenvorsorge und Adressierung der Risiken des Klimawandels an Bedeutung gewonnen, eine systematischere Verknüpfung, die Synergien zwischen den Handlungsfeldern schafft, ist jedoch weiterhin notwendig. Dies-bezüglich gilt es auch im Sinne des Building Back Better, effektive Maßnahmen der sozialen Sicherung zur Eindämmung und Anpassung an den Klimawandel in die Bewältigung der Pandemiefolgen zu integrieren.

Brot für die Welt, Christoffel-Blindenmission, DAHW, Kindernothilfe, medico international, Misereor, Plan International, terre des hommes, Welthungerhilfe sowie die assoziierten Mitglieder German Doctors und Oxfam leisten als Bündnis Entwicklung Hilft akute und langfristige Hilfe bei Katastrophen und in Krisengebieten.

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