Deutschland (wieder) kein Klimaschutzvorreiter

Dennoch im Klimaschutz-Index leicht verbessert

In dem von Germanwatch, dem NewClimate Institute und dem Climate Action Network im Rahmen der COP26 am 09.09.2021 veröffentlichten Climate Change Performance Index 2022 (Klimaschutz-Index) werden die Klimaschutzleistungen von Industrie- und Schwellenländern sowie der EU verglichen. Deutschland rückt darin um sechs Plätze auf Platz 13 vor und hat sich damit im internationalen Vergleich deutlich verbessert. Die drei ersten Ränge bleiben wie in den Vorjahren symbolisch unbesetzt, weil noch kein Land ausreichend Engagement zeige, um die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Die drei skandinavischen Länder landen auf den Plätzen vier bis sechs. Die Untersuchung bewertet zum einen die sinkenden Treibhausgas-Emissionen hierzulande positiv, zum anderen die verschärften Klimaziele für 2030 und 2045.

Schwarzwaldhaus mit PV-Dach – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die wichtigsten Ergebnisse

  • Kein Land leistet ausreichend guten Klimaschutz, um in allen Index-Kategorien eine sehr gute Bewertung zu erhalten. Deshalb bleiben erneut die ersten drei Plätze leer. Bis 2008 war Deutschland Nummer Eins im Klimaschutz.
  • Dänemark ist das am höchsten platzierte Land im CCPI 2022 und löst damit Schweden ab.

Leistungen der G20

  • Mit dem Vereinigten Königreich (Platz 7), Indien (Platz 10), Deutschland (Platz 13) und Frankreich (Platz 17) sind vier der G20-Staaten unter den gut beurteilten Ländern im CCPI 2022. Insgesamt elf Länder erhalten ein schlechtes oder sehr schlechtes Rating.
  • Die schlechteste Leistung der 20 Staaten zeigt Saudi-Arabien, das auf Platz 63 landet. Insgesamt sind die G20 für ca. 80% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Leistungen der EU

  • Insgesamt fällt die Europäische Union (EU) im Vergleich zum letzten Jahr um sechs Plätze auf Rang 22 zurück und wird nicht mehr als gut eingestuft.
  • Dänemark und Schweden sind auf Platz vier und fünf die leistungsstärksten EU-Länder – weitere fünf EU-Staaten werden mit gut bewertet
  • Von allen EU-Staaten haben sich die Niederlande im Vergleich zum letzten Jahr am meisten verbessert und klettern 10 Plätze nach oben.
  • Slowenien, die Tschechische Republik, Polen und Ungarn sind unter den Ländern mit einer sehr schlechten Bewertung.

Deutschland verbessert sich um sechs Plätze auf Rang 13…

…und gehört damit zu den Ländern, die im diesjährigen Klimaschutz-Index mit gut abschneiden. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr erhält Deutschland eine gute Bewertung in der am höchsten gewichteten Kategorie, den Treibhausgasemissionen. Da diese pro Kopf 2019 sanken, zeigt das Land vor allem eine relativ gute Leistung im Trendindikator. In den übrigen Kategorien (Erneuerbare Energien, Energieverbrauch und Klimapolitik) erhält Deutschland eine mäßige Bewertung. Nach einem entsprechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts im März 2021 musste die deutsche Regierung ehrgeizigere Klimaziele formulieren. Sie hat sich das Ziel gesetzt, die Emissionen bis 2030 um 65% (im Vergleich zu 1990) zu reduzieren und im Jahr 2045 ein Netto-Null-Niveau zu erreichen. Die CCPI-Experten begrüßen das neue Klimaziel, fordern gleichzeitig aber eine ehrgeizige Umsetzung. Studien der Regierung selbst zeigen deutlich, dass Deutschland mit seiner derzeitigen Politik die Ziele verfehlen wird und selbst das ältere Reduktionsziel von 55% nicht erreicht werden kann. Die Experten fordern einen schnelleren Kohleausstieg und eine schnellstmögliche Abschaffung der schädlichen Subventionen für fossile Brennstoffe, um das neue Ziel zu erreichen. Viele bürokratische und gesetzliche Hindernisse, insbesondere für die Onshore-Windkraft, müssten beseitigt werden, damit sich der Anteil der Erneuerbaren Energien deutlich erhöhen kann. Es werden massive Investitionen in Bahn und Fahrrad gefordert, um die Dekarbonisierung des Verkehrssektors voranzutreiben. Die Experten sehen darüber hinaus die Notwendigkeit, die Emissionen im Gebäudebereich zu reduzieren und in eine höhere Energieeffizienz zu investieren. Deutschland ist ein progressiver Akteur in internationalen Klimaverhandlungen und erhält im Indikator Internationale Klimapolitik eine gute Bewertung. Dennoch wünschen sich die Experten, dass das Land in Zukunft eine ambitionierte Vorreiterrolle in der Klimapolitik einnimmt. Im Bundestagswahlkampf 2021 haben sich fast alle Parteien zum Klimaschutz und zum Pariser Übereinkommen bekannt. Die Experten erwarten, dass die neue Regierung dieses Versprechen auch einhält.

Die EU fällt im CCPI 2022 um sechs Plätze zurück

…und landet auf Rang 22. Für die vier CCPI-Kategorien (Treibhausgasemissionen, Erneuerbare Energien, Energieverbrauch und Klimapolitik) erhält die EU mäßige Bewertungen. Die gesetzgeberischen und politischen Ansätze der EU im Bereich Klima und Energie sind laut der CCPI-Experten auf einem guten Weg. Sie decken die Sektoren Verkehr, Gebäude und Energie ab – gleichzeitig drehen sich aktuelle Debatten um eine Anpassung der Landnutzungs-, Forst- und Landwirtschaftspolitik und einer Verbesserung des Emissionshandelssystems.Die EU hat ihren national festgelegten Beitrag zum weltweiten Klimaschutz (NDC) von mindestens 40 % auf ein Netto-Emissionsreduktionsziel von mindestens 55 % (im Vergleich zu 1990) erhöht, welches mit dem Maßnahmenpaket „Fit for 55“ in Gesetzesform gegossen wurde. Dies entspricht zwar noch keinem Emissionspfad, der mit dem Pariser Übereinkommen vereinbar ist, spiegelt aber die erheblichen Anstrengungen der EU wider, diese Emissionslücke schließen zu wollen. Gemessen daran, dass die EU einer der Hauptakteure in der internationalen Klimapolitik ist, bewerten die Experten die Leistung insgesamt als noch nicht ausreichend. Insgesamt ist es wichtig zu beachten, dass die fehlende Eigenverantwortung und Umsetzung in einigen Mitgliedstaaten den Rückgang der EU um sechs Plätze erklären kann.

Über den CCPI

Der Climate Change Performance Index (CCPI), der seit 2005 jährlich veröffentlicht wird, verfolgt die Anstrengungen der Länder zur Bekämpfung des Klimawandels. Als unabhängiges Monitoring-Instrument soll er die Transparenz in der internationalen Klimapolitik erhöhen und einen Vergleich der Klimaschutzbemühungen und -fortschritte einzelner Länder ermöglichen.

Die Umsetzungsphase des Pariser Abkommens tritt Ende 2020 in eine entscheidende Phase ein, in der die Länder ihre aktualisierten national festgelegten Beiträge (NDCs) einreichen müssen. Vor diesem Hintergrund will der CCPI den Prozess der Anhebung der Klimaziele beeinflussen. Als langjährig bewährtes und zuverlässiges Instrument zur Ermittlung von Vorreitern und Nachzüglern im Klimaschutz kann der CCPI ein wirkungsvolles Instrument sein, um Regierungen für ihre Verantwortung zum Handeln in der Klimakrise zur Rechenschaft zu ziehen und einen Wettlauf an die Spitze des Klimaschutzes anzuregen.

Germanwatch, das NewClimate Institute und das Climate Action Network veröffentlichen den Index jährlich. Der einzigartige klimapolitische Teil des CCPI, in dem die nationale und internationale klimapolitische Leistung der Länder bewertet wird, ist nur durch die kontinuierliche Unterstützung und Beiträge von rund 350-400 Klima- und EnergieexpertInnen möglich. Wir möchten unseren Dank aussprechen und schätzen ihre Zeit, ihre Bemühungen und ihr Wissen bei der Mitarbeit an dieser Publikation sehr.

->Quellen und weitere Informationen: