Mit Stahl zu grüner Prozesswärme

Neue Speicherungsform

Energiespeicher bilden die Brücke zwischen regenerativer Energieerzeugung und stabiler Energieversorgung. Thermische Speicher können klimafreundliche Prozesswärme liefern und sind gleichzeitig eine sofort verfügbare Antwort auf steigende Preise für fossile Energieträger. Während technische Lösungen für Stromspeicher – ob als Batteriespeicher oder Pumpenspeicher – schon sehr bekannt sind, rücken Speicher für grüne Wärmeversorgung jetzt verstärkt in den Fokus. Die preisgekrönte Technologie des Berliner Startups (Innovationspreis Berlin/Brandenburg) Lumenion kann Prozesswärme CO2-frei bereitstellen. Dies gelingt über einen Speicher aus Stahl.

Das Anforderungsprofil im industriellen Sektor ist dabei klar: Prozesswärme aus regenerativen Quellen muss ebenso zuverlässig zur Verfügung stehen wie aus konventionellen Quellen und soll preislich den massiven Anstieg der Energiekosten dämpfen. Allein in Deutschland entfallen derzeit über 60 Prozent der Energienutzung im industriellen Sektor auf den Bereich der Wärmeerzeugung. Doch es werden nur circa 15 Prozent der Leistung aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Diese Quote deutlich zu erhöhen, hat sich das Unternehmen Lumenion zum Ziel gesetzt.

Stahlspeicher von Lumenion CAD am Bottroper Weg in Berlin – Grafik © lumenion.com

Am Bottroper Weg in Berlin versorgt ein Lumenion-Speicher rund 400 Wohnungen mit klimafreundlicher Wärme. Das Pilotprojekt verfügt über eine Kapazität von 2,4 MWh, die immerhin ausreichen, um ein Wohnquartier zu versorgen. Aber wie funktioniert das Prinzip?

Bei Lumenion-Speichern handelt es sich um sogenannte sensible Wärmespeicher, eine spezielle Art der thermischen Speicher. Dias bedeutet, dass beim Be- und Entladevorgang die Temperatur „fühlbar“ (Sensibel) verändert wird. Die (Wärme-)Kapazität des Speichers ergibt sich dann aus dem im Speicherkern verwendeten Material. Lumenion setzt bei dieser Hauptkomponente auf Grund der Stoffeigenschaften auf Stahl. Dieser verbirgt sich zur Verringerung von Abstrahlverlusten in einer wärmegedämmten Ummantelung. In der Anlage im Bottroper Weg wurden für den Kern Rundstäbe mit 40 Millimeter Durchmesser gewählt. Diese sind in einem Fischgrätenmuster zu beiden Seiten einer Mittelstange angeordnet.

Über die Masse an eingesetztem Stahl lässt sich die Kapazität des Speichers definieren. Für 2,4 MWh wurden insgesamt circa 60 Tonnen verbaut. Eine weitere Anlage mit 20 MWh ist bereits in der Planung und wird schätzungsweise 600 Tonnen Material benötigen.

Mit Hilfe von Strom wird der Kern im Ladezustand aufgeheizt. Dafür wird Energie im sogenannten Heizregister in Wärme umgewandelt, um ein gasförmiges Wärmeübertragungsmedium aufzuheizen. Das Medium umströmt nun die Rundstäbe und die thermische Energie wird konvektiv in den Speicherkern übertragen. Dieser nimmt die Wärme gleichmäßig und schnell auf und die Temperaturkurve steigt Linear von mindestens 170 °C bis 650 °C an. Ein Ventilator sorgt dabei für eine permanente Luftumwälzung.

Die Ausspeicherung erfolgt gleichfalls über das gasförmige Wärmeübertragungsmedium. Die Wärme wird in der Grundauslegung je nach Anforderungsparametern des Abnehmers mit bis zu 650 °C entnommen und über einen Wärmetauscher oder einen Dampferzeuger ausgekoppelt. Bei größeren Speichern wie einer 200 MWh Anlage ist auch eine Dampfturbine für eine etwaige Rückverstromung möglich. Bei dieser Art der Speicherung und Umwandlung ist ein Wirkungsgrad von 90 bis 95 Prozent möglich. Aktuell ist der Speicher auf Ladeperioden von vier – sechs Stunden und Entladeperioden von bis zu 24 Stunden eingestellt. Wobei auch eine gleichzeitige Be – und Entladung möglich ist.

Durch eine spezielle Steuerung können die Speicher auf regenerative Energien ausgelegt werden. Dabei werden sie so eingestellt, dass sie nur laden, wenn erneuerbare Energien im Überfluss zur Verfügung stehen. Dies hat einerseits den Vorteil, dass die Volatilitäten der Erneuerbaren an den Stellen aufgefangen werden kann, wo auf Grund der Netzstabilität sonst eine Abschaltung erfolgen würde. Andererseits ist zu diesem Zeitpunkt der Strom besonders günstig.

Im Gegensatz zu Batteriespeichern weisen thermische Speicher außerdem einige interessante Vorteile auf. Einerseits verfügen Sie über eine konstant gleichbleibende Leistung, da sich die Nutzung lediglich im Ausdehnen und Zusammenziehen des Speicherkerns bemerkbar macht. Hingegen verlieren Batteriespeicher bei jedem Ladezyklus etwas an Speicherkapazität. Dies sorgt dafür, dass sie auf möglichst wenige Zyklen ausgelegt werden. Thermische Speicher indes profitieren von häufigen Ladezyklen, da sie sich so deutlich schneller amortisieren. Außerdem können sie als Wertanlagen betrachtet werden, da sie trotz starker Beanspruchung nur minimalem Verschleiß unterliegen. Dazu lässt sich der verwendete Stahlkern problemlos recyceln.

Peter Kordt, Geschäftsführer Lumenion GmbH: „Mit unseren Speichern sind wir in der Lage, den wichtigen Markt der Prozesswärmeenergie schnell und vor allem CO2-neutral zu bedienen. Dabei können wir in puncto Kundenanforderungen individuell reagieren und unsere Speicher kapazitiv und temperaturbedingt anpassen. Dazu ist die Verfügbarkeit der verbauten Materialien ein großer Pluspunkt. Das ermöglicht uns, eine schnelle Umsetzung der Projekte zu gewährleisten.“

->Quelle: lumenion.com