„Blue Marble“ nach 50 Jahren weniger „blue“

Ein halbes Jahrhundert Klimawandel hat das Gesicht der Erde verändert – aus The Conversation

Im Dezember 1972 nahmen Astronauten der Nasa-Mission Apollo 17 das unter dem Titel „Blue Marble“ zur Legende gewordene Foto der gesamten Erdkugel auf. Viele hatten erwartet, der Anblick der Erde aus der Ferne werde den Glauben wecken, die Zukunft der Menschheit liege im Weltraum. Stattdessen ließ es die Erde einzigartig erscheinen und ist seitdem zu einer Ikone der globalen Umweltbewegung geworden. Doch dieses Porträt ist nun (am 31.01.2023  ein historisches Relikt. Fünfzig Jahre später, am 08.12.2022, hat die Nasa von ihrem Deep Space Climate Observatory aus etwa 1,5 Millionen Kilometern Entfernung ein neues Bild der Erde aufgenommen. Das Foto zeigt deutliche Veränderungen im Gesicht der Erde, von denen einige auf Folgen von 50 Jahren Klimawandel hindeuten.

Auslöser für den Umweltgedanken

Die ersten Fotos der Erde aus dem Weltraum waren ein bedeutendes historisches Ereignis. 1966 schickte der Lunar Orbiter 1 (die erste US-Raumsonde, die den Mond umkreiste) einige erste Bilder zurück, darunter ein Schwarz-Weiß-Bild einer teilweise beschatteten Erde. Im folgenden Jahr nahm ein Satellit namens ATS-3 das erste Farbbild der Erde auf.

1968 waren die Mitglieder von Apollo 8 die ersten Menschen, welche die Erde vom Weltraum aus sahen und fotografierten, darunter das berühmte Foto „Earthrise„. Dieses Foto gab der Umweltbewegung Auftrieb und trug dazu bei, dass 1970 der erste Tag der Erde ausgerufen wurde. Dieser Tag, der jedes Jahr am 22. April begangen wird, bindet heute weltweit über eine Milliarde Menschen in Aktivitäten ein, die den Umweltschutz unterstützen.

1972 beschloss die Nasa, ein Bild der gesamten Erde aufzunehmen, als sich Apollo 17 aus der Erdumlaufbahn entfernte. Das von der Sonne beleuchtete und in einer Entfernung von 33.000 km aufgenommene Foto enthielt den ersten Blick auf die Antarktis aus dem Weltraum. Das Bild konzentrierte sich auf Afrika und nicht auf Europa oder Amerika und wurde zu einem fotografischen Manifest für globale Gerechtigkeit. Die Erde lieferte auch die einzige sichtbare Farbe im Weltraum. Dominiert von blauem Licht, Wasser und Wolken, erschien sie als eine einzigartige Umgebung, die keine Anzeichen menschlicher Aktivitäten aufwies. „Wir leben in einer blauen Kammer, einer von uns selbst aufgeblasenen Luftblase“, schrieb der Zellbiologe Lewis Thomas 1973.

In diesem Jahrzehnt stellte der Klimaforscher James Lovelock die Gaia-Theorie auf, die die Erde als ein sich selbst regulierendes Ganzes aus lebenden und nicht lebenden Systemen betrachtet. Die „Erdsystemwissenschaft“, wie sie heute genannt wird, vereint das wissenschaftliche Verständnis des Planeten, seiner Biosphäre und des sich verändernden Klimas.

Auswirkungen des Klimawandels

Im Dezember 2022 wurde das neue Blue-Marbles-Foto der Nasa auf der „Blue Marble at 50“ -Konferenz „Die ganze Erde“ der Universität von Portsmouth mit dem Originalbild verglichen. Seit 1972 hat sich der Planet sichtbar verändert. Der antarktische Eisschild hat sich sichtbar verkleinert, auch wenn die größten Verluste am Larsen-Schelfeis auf der antarktischen Halbinsel auf diesem Bild nicht zu sehen sind. Die Unterscheidung zwischen dem permanenten Eisschild und dem saisonalen Meereis ist ebenfalls schwierig. Als das neue Foto aufgenommen wurde, war das Meereis vom vergangenen Winter noch auf dem Rückzug.

Am auffälligsten ist der Rückgang der dunkelgrünen Vegetation in den afrikanischen Tropen, vor allem in ihrem nördlichen Teil. Der dunkle Schatten des Tschadsees in der nördlichen Sahara ist geschrumpft, und die Waldvegetation beginnt nun Hunderte von Kilometern weiter südlich.

Dies deckt sich mit den Anzeichen für eine Wüstenbildung in der nordafrikanischen Sahelzone. Untersuchungen haben ergeben, dass die Baumdichte in der westlichen Sahelzone zwischen 1954 und 2002 um 18 % zurückgegangen ist. Und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen schätzt, dass Afrika zwischen 1990 und 2010 jährlich 3 bis 4 Millionen Hektar Wald verloren hat, ein großer Teil davon in der Sahelzone.

Die einstmals grüne Landschaft Madagaskars ist heute überwiegend braun. Das Land, das lange Zeit für seinen ökologischen Reichtum bekannt war, wird heute als „Biodiversitäts-Hotspot“ eingestuft, d. h. als eine Region mit einer großen biologischen Vielfalt, die durch den raschen Verlust von Lebensräumen bedroht ist. Viele Arten, die ausschließlich auf Madagaskar vorkommen, darunter die madagassische Riesenspringratte, sind nun vom Aussterben bedroht. Die Population ist zwischen 2007 und 2019 um 88 % zurückgegangen.

Das Originalfoto der Blauen Murmel symbolisiert einen historischen Wendepunkt: vom Glauben an den unbegrenzten Fortschritt zum Verständnis der Grenzen der planetarischen Umwelt. Der Großteil der Satellitentechnologie konzentriert sich heute auf die Wartung und das Verständnis der Erde, und die Erforschung des Weltraums hat bestätigt, was für einen einzigartigen Planeten wir bewohnen.

Der ehemalige Star-Trek-Schauspieler William Shatner spürte dies 2021 auf seinem kurzen Flug ins All sehr deutlich. Bei seiner Rückkehr bemerkte er: „Ich habe entdeckt, dass die Schönheit nicht da draußen liegt, sondern hier unten bei uns allen.“ Der Beweis für 50 Jahre Umweltzerstörung liegt vor unseren Augen. Die Weltraummission, auf die es jetzt wirklich ankommt, ist die Mission zur Rettung der Erde.

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