CCS umstritten – warum?

Für Brüssel die Lösung

Vor etlichen Jahren, wahrscheinlich irgendwann im Sommer 2009, debattierte der Bundestag über Carbon Capture and Storage (CCS): Der damalige SPD-Energieexperte Hermann Scheer ergriff schließlich das Wort und nannte vier Wahlkreise als wahrscheinliche Örtlichkeiten für die CO2-Speicherung – alle in Wahlkreisen von Parlamentariern der Union. Damit war die Auseinandersetzung beendet: Gegen die Stimmen von CDU/CSU ging nichts, CCS war gestrorben, noch ehe es in eigendeine Pilotphase gehen konnte. Heute noch sind sich Deutschlands Umweltverbände ungewohnt uneins.

Wasserdampf-, CO2– und Rauchausstoß in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Einerseits spricht sich ein Zusammenschluss aus Industrie, Gewerkschaften und Naturschutzverbänden – etwa NABU und WWF – dafür aus, CO2 aus Industrieabgasen oder aus der Luft abzuscheiden und entweder einzulagern oder für andere Prozesse zu nutzen. Prominentes Beispiel: Carbon2Chem bei Thyssen in Dortmund. Andere internationale Großprojekte laufen ebenfalls.

Doch BUND und Greenpeace warnen vor der Technologie. Sie sehen unterschätzte Risiken: Die Erdbebengefahr könne steigen oder das Trinkwasser gefährdet sein. Laut einer an der Stanford University durchgeführten Untersuchung besteht bei der Verpressung von Kohlenstoffdioxid in den Boden große Wahrscheinlichkeit von schwachen Erdbeben im Speichergebiet. Diese wären zwar zu schwach, um größere Schäden an der Oberfläche auszulösen, jedoch könnten die unterirdischen Speicher durch die dabei entstehenden Risse undicht werden und somit das gespeicherte Kohlenstoffdioxid wieder in die Atmosphäre entweichen. Aufgrund dieses Umstandes wird die im großen Maßstab umgesetzte Kohlenstoffdioxidspeicherung in der Stanford-Studie als eine risikoreiche und wahrscheinlich erfolglose Strategie der Treibhausgasreduktion angesehen.

Im Untergrund verpresstes CO2 kann ausgasen und mit dem vorhandenen Grundwasser sogenannte Kaltwassergeysire erzeugen. (Das geschieht in Deutschland andauernd). Dabei können lokal im Untergrund aus den Gesteinen teils erhebliche Mengen giftiger Schwermetalle gelöst und diese ins regionale Grundwasser eingetragen werden. Neben der Verdrängung von Salzwasser aus den Verpressungshorizonten in Grundwasserleiter wäre daher zusätzlich mit einer Schwermetallbelastung im Trinkwasser zu rechnen. Die Wirtschaftlichkeit der Technologie ist zudem fraglich, da einige Erneuerbare Energien bereits 2020 gleich hohe oder niedrigere Produktionskosten aufwiesen.

Das Verbot der Verbringung von Abfällen auf See (Verklappung) sowie das Exportverbot von Abfällen zur Verbringung ins Meer, die in der Londoner Konvention von 1972 und dem OSPAR-Abkommen (1992) niedergelegt sind, betrifft auch die CO2-Speicherung im Meer oder unterhalb des Meeresbodens. Da das weltweit erste CO2-Speichervorhaben offshore bei der norwegischen Bohrinsel Sleipner realisiert wurde, bestand Regelungsbedarf. Die Vertragsstaaten haben 2007 Anpassungen des OSPAR-Abkommens beschlossen, 2008 der Londoner Konvention. Demnach ist die Verbringung von CO2 in geologische Formationen unterhalb des Meeresbodens gestattet – nicht dagegen die Verklappung. CCS wird umstritten bleiben – auch Praxisversuche wie die Schwarze Pumpe haben daran nichts ändern können.

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