Erfolg auf Weg zur künstlichen Fotosynthese

Tobias Erb vom MPI-Marburg meldet Durchbruch

Der Chemiker Tobias Erb vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg hat die Fotosynthese künstlich nachgebaut. Seine Schöpfung ist ein erster Schritt auf dem Weg zur synthetischen CO2-Fixierung in lebenden Zellen, zehnmal effizienter als die Natur und könnte helfen, das Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre zu holen. Die synthetische Biologie schafft neue biochemische Wege für die Umwandlung von CO2. In einem synthetischen Zyklus wird aus CO2 der zentrale Baustein Acetyl-CoA generiert. Den ForscherInnen gelang es, die drei Module des Zyklus jeweils erfolgreich in lebende Bakterien einzubringen. Die Arbeit ist damit ein bedeutender Schritt zur Realisierung synthetischer CO2-Fixierungswege im Kontext lebender Zellen.

Schwimmendes (echtes) Blatt – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Die synthetische Biologie bietet einzigartige Möglichkeiten im Hinblick auf die Bewältigung der weltweiten Klimakrise, indem sie neue CO2-Fixierungswege zur Abscheidung und Umwandlung von CO2 entwickelt, die noch effizienter sind als die in der Natur Vorhandenen. Die Anwendung dieser neuen Wege in verschiedenen in-vitro– und in-vivo-Systemen stellt jedoch immer noch eine grundlegende Herausforderung dar. Nun konstruierten ForscherInnen in der Gruppe von Erb einen neuen synthetischen CO2-Fixierungsweg, den sogenannten THETA-Zyklus. Er beinhaltet mehrere zentrale Metaboliten als Zwischenprodukte und den zentralen Baustein Acetyl-CoA als Endprodukt. Diese Eigenschaften ermöglichen es, den Zyklus in Teilmodule zu zerlegen und diese in den zentralen Stoffwechsel von Escherichia coli zu integrieren.

Am gesamten THETA-Zyklus sind 17 Biokatalysatoren beteiligt, darunter die beiden schnellsten bisher bekannten CO2-fixierenden Enzyme: Crotonyl-CoA-Carboxylase/Reduktase und Phosphoenolpyruvat-Carboxylase. Die Forschenden fanden die wirkmächtigen Biokatalysatoren in Bakterien. Obwohl jede der Carboxylasen CO2 bis zu 10 Mal schneller einfangen kann als Rubisco, das CO2-fixierende Enzym in Chloroplasten, brachte die Evolution selbst diese fähigen Enzyme nicht als Teil der natürlichen Photosynthese zusammen.

Der THETA-Zyklus wandelt pro Durchgang zwei Moleküle CO2 in ein Molekül Acetyl-CoA um. Acetyl-CoA ist ein zentraler Metabolit in fast allen zellulären Stoffwechselvorgängen und dient als Baustein für eine breite Palette lebenswichtiger Biomoleküle, darunter Biotreibstoffe, Biomaterialien und Medikamente. Nach der Konstruktion des Zyklus im Reagenzglas bestätigten die Forschenden seine Funktionalität.

Dann folgte das Training: Durch rationale Optimierung, unterstützt durch maschinelles Lernen, konnte das Team in mehreren Versuchsreihen die Ausbeute an Acetyl-CoA um den Faktor 100 steigern. Um den Ablauf in vivo zu testen, sollte der Einbau in die lebende Zelle Schritt für Schritt erfolgen. Zu diesem Zweck teilten die Forscher den THETA-Zyklus in drei Module auf, von denen jedes erfolgreich in das Bakterium E. coli eingebaut wurde. Die Funktionsfähigkeit der Module wurde durch wachstumsgekoppelte Selektion und/oder Isotopenmarkierung überprüft.

M4C: Von Mikroben für einen nachhaltigen Kohlenstoffkreislauf lernen

Die Klimakrise wird im Wesentlichen durch ein menschengemachtes Ungleichgewicht im Kohlenstoffkreislauf verursacht. Mikroorganismen spielen bei der Bildung und der Umsetzung von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan eine Schlüsselrolle. Gleichzeitig bieten sie auch neue Möglichkeiten, diese Treibhausgase in klimaunschädliche Moleküle umzuwandeln. „Mikroben haben den globalen Kohlenstoffkreislauf nicht nur entscheidend geprägt, ihre einzigartigen Stoffwechselfähigkeiten bieten auch einmalige Chancen, CO2 nachhaltig nutzbar zu machen. Mit dem Exzellenzcluster wollen wir mit unserem Team nicht nur neues Wissen schaffen, sondern auch mit Hilfe des noch jungen Forschungsfeldes Synthetische Biologie neue Ansätze zur Bewältigung der Klimakrise entwickeln“ sagt das Sprecher-Duo Prof. Dr. Anke Becker (Universität Marburg) und Prof. Dr. Tobias Erb (Max-Planck-Institut).

Im Exzellenzcluster „Microbes for Climate (M4C)“ wollen die Philipps-Universität Marburg und das Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie mit ihren gemeinsamen Zentren für Synthetische Mikrobiologie SYNMIKRO und dem Zentrum Mikrokosmos Erde die Wissensgrundlage für einen zukünftig ausgeglichenen Kohlenstoffkreislauf schaffen. In M4C werden dazu die grundlegenden Mechanismen der mikrobiellen Beiträge zum Klimawandel aufgeklärt und rekonstruiert, wie diese in der Erdgeschichte entstanden sind. Mithilfe synthetischer Biologie werden effizientere biologische Wege zur nachhaltigen Umwandlung von Treibhausgasen entwickelt.

„Das Besondere an diesem Zyklus ist, dass er mehrere Zwischenprodukte enthält, die als zentrale Metaboliten im Stoffwechsel des Bakteriums dienen. Diese Überlappung bietet die Möglichkeit, einen modularen Ansatz für seine Umsetzung zu entwickeln“, erklärt Shanshan Luo, Erstautorin der Studie. „Wir konnten die Funktionalität der drei einzelnen Module in E. coli nachweisen. Allerdings ist es uns noch nicht gelungen, den gesamten Zyklus zu schließen, so dass E. coli vollständig mit CO2 wachsen kann“, fügt sie hinzu.

Die Schließung des THETA-Zyklus ist nach wie vor eine große Herausforderung, da alle 17 Reaktionen mit dem natürlichen Stoffwechsel von E. coli synchronisiert werden müssen, der von Natur aus Hunderte bis Tausende von Reaktionen umfasst. Doch die Realisierung des gesamten Zyklus in vivo sei nicht das einzige Ziel, betont die Forscherin. „Unser Zyklus hat das Potenzial, eine vielseitige Plattform für die Produktion wertvoller Verbindungen direkt aus CO2 zu werden, indem wir das Ausgangsmolekül Acetyl-CoA weiter nutzen“, sagt Shanshan Luo.

„Dass es dem Team gelang, Teile des THETA-Zyklus in die Realität umzusetzen, ist ein wichtiger Grundsatzbeweis für die synthetische Biologie“, sagt Tobias Erb. „Die modulare Umsetzung dieses Zyklus in E. coli ebnet den Weg zur Realisierung hochkomplexer, orthogonaler, neuartiger CO2-Fixierungswege in Zellfabriken. Wir lernen gerade, den zellulären Stoffwechsel komplett neu zu programmieren, um ein synthetisches autotrophes Betriebssystem für die Zelle zu schaffen.“

Aus dem Originalartikel in Nature Catalysiys

Die Synthetische Biologie bietet die Möglichkeit, Lösungen für eine verbesserte Abscheidung und Umwandlung von CO2 zu entwickeln, die die von der Natur entwickelten Lösungen übertreffen. Hier demonstrieren wir den Entwurf und die Konstruktion eines für die Natur neuen CO2-Fixierungsweges, des reduktiven Tricarbonsäurezweigs/4-Hydroxybutyryl-CoA/Ethylmalonyl-CoA/Acetyl-CoA (THETA)-Zyklus. Der THETA-Zyklus umfasst 17 Enzyme aus 9 Organismen und dreht sich um zwei der effizientesten in der Natur beschriebenen CO2-fixierenden Enzyme, die Crotonyl-CoA-Carboxylase/Reduktase und die Phosphoenolpyruvat-Carboxylase. Durch rationale und durch maschinelles Lernen gestützte Optimierungsansätze konnten die ForscherInnen die Ausbeute des Zyklus um zwei Größenordnungen verbessern und die Bildung verschiedener biochemischer Bausteine direkt aus CO2 nachweisen. Darüber hinaus haben sie den THETA-Zyklus in drei Module aufgeteilt, die sie erfolgreich in vivo implementiert haben, indem sie die natürliche Plastizität des Stoffwechsels von Escherichia coli genutzt haben. Durch wachstumsbasierte Selektion und/oder 13C-Markierung wurde die Aktivität der drei verschiedenen Module bestätigt, was den ersten Schritt zur Realisierung hochgradig orthogonaler und komplexer CO2-Fixierungswege im Hintergrund lebender Zellen darstellt.

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