Kreislaufwirtschaft statt Tiefseebergbau: Warum Recycling die bessere Lösung ist

Die Internationale Meeresbodenbehörde hat eine Entscheidung über den Tiefseebergbau erneut vertagt. Doch brauchen wir den Abbau in sensiblen Meereszonen überhaupt, wenn Kreislaufwirtschaft und neue Technologien längst Alternativen bieten?

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Konstruktion einer Offshore-Plattform. Auch beim Tiefseebergbau wären massive Eingriffe in empfindliche Ökosysteme nötig. Alternativen wie die Kreislaufwirtschaft könnten solche Belastungen des Meeresbodens überflüssig machen. Foto von J.f Manzanero

Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) hat ihre Entscheidung über den Start des industriellen Tiefseebergbaus erneut vertagt. Beim Treffen Ende Juli in Kingston, Jamaika, wurde kein Mandat für einen großflächigen Abbau vergeben. Die Erwartungen an die Sitzung waren hoch, schließlich geht es um nichts weniger als die Frage, wie weit der Mensch bei der Rohstoffsuche künftig in die Tiefe geht. Während über die Risiken für die Meeresökosysteme gestritten wird, rücken Alternativen wie die Kreislaufwirtschaft stärker in den Fokus. Allen voran die Kreislaufwirtschaft. Zwar wurden in Kingston neue Verfahrensregeln für Umweltpläne und Antikorruptionsmaßnahmen beschlossen, doch ein verbindliches Regelwerk für den kommerziellen Abbau liegt weiterhin nicht vor. Frühestens 2026 könnten erste Genehmigungen erteilt werden. Die ISA betont Fortschritte bei der Institutionalisierung, etwa durch die geplante Einrichtung eines „Common Heritage Fund“, der künftig Einnahmen aus dem Tiefseeabbau fair verteilen soll. Wie dies in der Praxis funktionieren soll, bleibt allerdings offen.

Ein zentrales Argument der Tiefseebergbau-Befürworter ist, dass Rohstoffe wie Nickel, Kobalt oder Seltene Erden dringend benötigt werden, um den Ausbau erneuerbarer Energien, die Elektromobilität und die Energiewende zu ermöglichen. Tatsächlich rechnen Studien mit einer Verdopplung der weltweiten Nachfrage nach diesen Metallen bis 2040. Dennoch stellt sich die Frage, ob das Öffnen einer der empfindlichsten Zonen des Planeten für den Bergbau wirklich die richtige Antwort ist.
Ein Blick auf die Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft zeigt ein anderes Bild. Laut Analysen der Organisation Circle Economy und der Unternehmensberatung Bain & Company ließe sich der Bedarf an Primärmaterialien allein durch besseres Design, höhere Recyclingquoten und effizientere Nutzung von Ressourcen bis 2040 um bis zu 40 Prozent senken. In der Windenergie etwa stammen derzeit nur rund 30 Prozent der verwendeten Materialien aus Recyclingprozessen. Vor allem Rotorblätter, die häufig aus nicht wiederverwertbarem Glasfaserverbund gefertigt werden, gelten als Problemstoffe. Doch biobasierte Harze und neue Verbundwerkstoffe könnten diese Lücke schließen. Vieles ist bereits technologisch möglich, was einer Beschädigung der Tiefsee vorzuziehen wäre.
Ähnliches gilt für die Elektromobilität. Zwar steigt die Zahl der Elektrofahrzeuge weltweit, doch gleichzeitig nimmt der Anteil großer SUV-Modelle zu. Im Jahr 2023 waren es zwei Drittel aller neu zugelassenen E-Autos. Diese Entwicklung erhöht den Material- und Energieverbrauch erheblich. Kleinere Fahrzeuge mit modularen Batterien könnten denselben Zweck erfüllen. Mit einem deutlich geringeren Rohstoffaufwand. Auch auf technologischer Seite verändern sich die Voraussetzungen: Der Marktanteil von Batterien auf Lithium-Eisenphosphat-Basis (LFP), die ohne Kobalt und Nickel auskommen – zwei jener Metalle, auf die es der Tiefseebergbau abgesehen hat – wächst rasant. Mit dem Critical Raw Materials Act hat die EU gesetzlich festgelegt, das Recycling zu fördern und Rückgewinnungspotenziale gezielt zu erschließen. In der Praxis bedeutet das unter anderem verpflichtende Sammelquoten für Altgeräte, Mindestanteile an recyceltem Material in neuen Produkten und Vorgaben zur Reparierbarkeit. Doch bislang bleiben viele dieser Maßnahmen hinter ihren Möglichkeiten zurück. Ein Grund dafür ist der Mangel an Investitionen in nachhaltige Recyclinginfrastruktur. Gerade hier könnte eine politische Richtungsentscheidung ansetzen.

Tiefseebergbau ist nicht nur riskant und teuer, sondern auch ökologisch kaum kontrollierbar sowie technologisch unausgereift. Die wichtigsten Explorationsverträge konzentrieren sich auf die Clarion-Clipperton-Zone im Pazifik. In diesem Gebiet leben laut aktuellen Forschungsergebnissen über 5000 bislang unbekannte Arten. Investitionen in zirkuläre Technologien, verbessertes Produktdesign und moderne Recyclingverfahren versprechen dagegen eine verlässlichere und nachhaltigere Versorgung mit deutlich weniger Kollateralschäden. Bevor der Meeresboden aufgewühlt wird, sollte das vorhandene Potenzial an Land genutzt werden.

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