In zehn Jahren müssen 25 Prozent des Plastiks in Fahrzeugen aus Rezyklaten bestehen. Das soll die jährlich über 3,5 Millionen ausgedienten Fahrzeuge in den EU-Kreislauf zurückbringen und Stahl, Aluminium und Kunststoffe als Rohstoffquelle etablieren. Von der Wegwerfwirtschaft zum geschlossenen Kreislauf: Was die EU-Kommission seit Jahren als Kreislaufwirtschaftsstrategie vorantreibt, wird im Automobilsektor nun verbindlich. Im Dezember 2025 haben sich Rat und Parlament auf eine neue Altfahrzeugverordnung geeinigt, die den gesamten Lebenszyklus – von der Konstruktion über die Herstellung bis zur Entsorgung – unter Kreislaufwirtschaftskriterien stellt. Kernstück ist eine gestaffelte Recyclingquote für Kunststoffe.
Innerhalb von sechs Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung müssen 15 Prozent des in Neufahrzeugen verbauten Plastiks aus Rezyklat bestehen. Nach zehn Jahren steigt die Quote auf 25 Prozent. Entscheidend ist die sogenannte Closed-Loop-Anforderung: Mindestens 20 Prozent des Rezyklats müssen aus Altfahrzeugen oder im Gebrauch ausgetauschten Teilen stammen. Damit soll verhindert werden, dass die Industrie einfach Plastikabfälle anderer Herkunft verwendet. Ziel ist ein geschlossener Materialkreislauf innerhalb des Automobilsektors. Die ökonomische Dimension ist erheblich: Der Fahrzeugbau verbraucht rund zehn Prozent des gesamten Plastiks in der EU und etwa 20 Prozent der Stahlproduktion. Bisher gehen diese Ressourcen jedoch nach der Nutzung im Fahrzeug verloren. Jährlich „verschwinden“ 3,5 Millionen abgemeldete Fahrzeuge von europäischen Straßen – und mit ihnen wertvolle Rohstoffe. Sie werden oft illegal exportiert, unsachgemäß demontiert oder entsorgt, statt die Materialien wie Stahl, Aluminium, Kupfer oder Kunststoffe zurückzugewinnen. Die neue Verordnung verbietet den Export nicht fahrtüchtiger Fahrzeuge und schreibt professionelle Demontageprozesse vor.
„Eine bessere Nutzung der wertvollen Ressourcen, die in unseren alten Autos stecken, ist gut für unsere Umwelt“, kommentierte EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall. Exekutiv-Vizepräsident Stéphane Séjourné betonte das „Geschäftsmodell für die Recycling-Lieferkette in ganz Europa“. Die Verordnung zielt darauf ab, dass die Ressourcen innerhalb der EU verbleiben, statt als Schrott exportiert oder auf Deponien entsorgt zu werden. Die Automobilindustrie sieht die Vorgaben jedoch mit gemischten Gefühlen. Die ursprüngliche Forderung der Kommission nach einem Rezyklat-Anteil von 25 Prozent bereits nach sechs Jahren wurde auf zehn Jahre gestreckt – ein Zugeständnis mit Blick auf wirtschaftliche Belastungen und technische Machbarkeit. Kritiker aus der Recyclingbranche fordern dagegen höhere Quoten, insbesondere für Stahl und Aluminium, die mengenmäßig den größten Teil der Fahrzeugmasse ausmachen.
Die Verordnung ist als Provisorium vereinbart und muss noch formell von Rat und Parlament verabschiedet werden. Sie tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft. Die Kommission ist verpflichtet, per delegierten Rechtsakten auch Quoten für recycelten Stahl, Aluminium, Magnesium und kritische Rohstoffe festzulegen. Plastik ist also nur der Anfang. Ob die Verordnung die 3,5 Millionen „verschwundenen“ Fahrzeuge tatsächlich zurück in den Kreislauf holt, hängt von Vollzug und Kontrolle ab. Die Erfahrung zeigt: EU-Regulierung auf dem Papier und nationale Durchsetzung klaffen oft auseinander. Entscheidend wird sein, wie konsequent die Mitgliedstaaten illegale Exporte unterbinden und Demontagebetriebe überwachen.
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