Airbus will ab 2035 mit Wasserstoff fliegen

Drei Konzepte und Vorreiterrolle

Airbus will bis 2035 sein erstes Flugzeug ohne schädlichen CO2-Ausstoß anbieten und setzt dabei auf Wasserstoff. Die Strategie dazu stellte das deutsch-französisch-spanische Unternehmen am Zero Emissions Day (21.09.2020) mit drei Konzepten vor. Diese stellen jeweils unterschiedliche Ansätze für emissionsfreies Fliegen dar, wobei verschiedene technologische Pfade und aerodynamische Konfigurationen erforscht werden. Damit will Airbus die Vorreiterrolle bei der Dekarbonisierung der Luftfahrtindustrie übernehmen.

Betankung eines Flugzeugs auf dem Flughafen Barcelona – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Alle diese Konzepte stützen sich auf Wasserstoff als primäre Energiequelle – eine nach Ansicht von Airbus als sauberer Flugzeugtreibstoff außerordentlich vielversprechende Option, die wahrscheinlich eine Lösung für die Luft- und Raumfahrt und viele andere Industriezweige darstellt, um ihre klimaneutralen Ziele zu erreichen. „Dies ist ein historischer Moment für den kommerziellen Luftfahrtsektor insgesamt, und wir beabsichtigen, eine führende Rolle beim wichtigsten Übergang zu spielen, den diese Industrie je erlebt hat. Die Konzepte, die wir heute vorstellen, geben der Welt einen Einblick in unser Bestreben, eine mutige Vision für die Zukunft des emissionsfreien Fliegens voranzutreiben“, sagte Guillaume Faury, CEO von Airbus. „Ich bin fest davon überzeugt, dass der Einsatz von Wasserstoff – sowohl in synthetischen Kraftstoffen als auch als primäre Energiequelle für Verkehrsflugzeuge – das Potenzial hat, die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs erheblich zu reduzieren.“

Die drei Konzepte – alle mit dem Codenamen „ZEROe“ – für ein erstes klimaneutrales, emissionsfreies Verkehrsflugzeug umfassen:

  1. Eine Mantelstromtriebwerks-Konstruktion (120-200 Passagiere) mit einer Reichweite von mehr als 2.000 nautischen Meilen, die transkontinental betrieben werden kann und von einem modifizierten Gasturbinen-Strahltriebwerk (Turbofan) angetrieben wird, das durch Verbrennung von Wasserstoff statt Düsentreibstoff betrieben wird. Der flüssige Wasserstoff wird in Tanks hinter dem hinteren Druckschott  gespeichert und von da verteilt.
  2. Eine Turboprop-Konstruktion (bis zu 100 Passagiere), bei der ein Turboprop-Triebwerk anstelle eines Turbofans zum Einsatz kommt und die außerdem durch Wasserstoffverbrennung in modifizierten Gasturbinentriebwerken angetrieben wird. Sie könnte mehr als 1.000 nautische Meilen zurücklegen, was sie zu einer perfekten Option für Kurzstreckenflüge macht.
  3. Ein „Blended-Wing-Body“-Konzept (bis zu 200 Passagiere), bei dem die Tragflächen mit dem Hauptkörper des Flugzeugs verschmelzen, mit einer Reichweite ähnlich der des Turbofan-Konzepts. Der außergewöhnlich breite Rumpf eröffnet zahlreiche Optionen für die Wasserstoffspeicherung und -verteilung sowie für die Kabinenauslegung.

„Diese Konzepte werden uns dabei helfen, das Design und die Auslegung des weltweit ersten klimaneutralen, emissionsfreien Verkehrsflugzeugs zu erforschen und zur Reife zu bringen, das wir bis 2035 in Dienst stellen wollen“, so Faury. „Der Übergang zu Wasserstoff als primäre Energiequelle für diese Konzeptflugzeuge erfordert ein entschlossenes Handeln des gesamten Luftfahrtökosystems. Zusammen mit der Unterstützung von Regierung und Industriepartnern können wir uns dieser Herausforderung stellen, um erneuerbare Energien und Wasserstoff für die nachhaltige Zukunft der Luftfahrtindustrie in großem Maßstab zu nutzen“.

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen werden Flughäfen eine umfangreiche Infrastruktur für den Wasserstofftransport und die Wasserstoffbetankung benötigen, um den Anforderungen des täglichen Betriebs gerecht zu werden. Die Unterstützung der Regierungen wird entscheidend sein, um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, und zwar durch die Aufstockung der Mittel für Forschung und Technologie, Digitalisierung und Mechanismen, die die Verwendung nachhaltiger Treibstoffe und die Erneuerung der Flugzeugflotten fördern, damit die Fluggesellschaften ältere, weniger umweltfreundliche Flugzeuge früher aus dem Verkehr ziehen können.

Airbus über Wasserstoff als entscheidender Faktor für künftige Flugzeuge: Ist dies die nächste „saubere“ Energie für die Luftfahrt?

Heute prägt Wasserstoff die Null-Emissions-Luftfahrtbewegung. Neugründungen und Hersteller in der Luftfahrt – einschließlich Airbus – beginnen, sich näher mit den Möglichkeiten zu befassen, die mit Wasserstoff betriebene alternative Antriebssysteme künftigen Flugzeugen bieten könnten.In der Luftfahrtindustrie scheint eine existenzielle Frage in aller Munde zu sein: Welcher „saubere“ Energieträger ließe sich für Verkehrsflugzeugen hoch skalieren?

Jahrzehntelang war man sich in der Branche einig, dass es keine brauchbare Alternative zu Kerosin gibt. Das liegt daran, dass fossile Brennstoffe (Kerosin und Gas) eine hohe Energiedichte haben, die es ihnen ermöglicht, große Flugzeuge über große Entfernungen zu bewegen. CO2-Emissionen sind jedoch das unerwünschte Nebenprodukt.

In jüngster Zeit haben sich nachhaltige Flugkraftstoffe als sauberer Ersatz für fossile Brennstoffe herauskristallisiert, die eine sofortige, aber schrittweise Reduzierung der CO2-Emissionen ermöglichen. In ähnlicher Weise ist der batteriebetriebene Elektroantrieb dank seines Potenzials, Emissionen zu eliminieren, ein spannendes Forschungs- und Entwicklungsgebiet für Luftfahrtingenieure. Herkömmliche Batterien sind jedoch schwer und in ihrer Reichweite begrenzt, was bedeutet, dass das Verhältnis von Leistung zu Gewicht eine Skalierung auf größere Flugzeuge erschwert.

Wasserstoff ist das am häufigsten vorkommende Element auf der Erde. Als eines von zwei Elementen, die Wasser bilden, kommt er in riesigen Mengen in Ozeanen, Flüssen, Seen und in der Atmosphäre vor. Wasserstoff ist unglaublich vielseitig und hat eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem als Ausgangsmaterial und als Dünger. In den letzten Jahren wurde Wasserstoff im Verkehrssektor in verschiedenen Formen zum Antrieb von Autos, Bussen, Zügen, Fahrrädern und Motorrädern verwendet. Tatsächlich begann die NASA in den 1950er Jahren mit der Verwendung von flüssigem Wasserstoff als Raketentreibstoff und war eine der ersten, die Wasserstoff-Brennstoffzellen zum Antrieb der elektrischen Systeme von Raumfahrzeugen einsetzte.

Glenn Llewellyn, Vizepräsident von Airbus Null-Emissions-Flugzeuge: „Wir untersuchen alle Wasserstoffoptionen, um herauszufinden, welcher Wasserstoffpfad eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung der Null-Emissions-Technologie auf größere Flugzeuge spielen könnte.

Im Luftfahrtsektor haben die Ingenieure drei Wasserstofftechnologien identifiziert, die beim Antrieb künftiger Flugzeuge eine Rolle spielen könnten:

  1. Wasserstoffverbrennung in modifizierten Gasturbinenmotoren: Diese Technologie funktioniert auf dieselbe Weise wie die konventionelle innere Verbrennung, bei der die Antriebskraft (Schub) durch die Verbrennung von Gas, Kerosin, Öl oder anderen Treibstoffen erzeugt wird. In diesem Fall ersetzt Wasserstoff (flüssig oder gasförmig) einfach sein Pendant aus fossilen Brennstoffen.
  2. Wasserstoff-Brennstoffzellen: Bei dieser Technologie handelt es sich um ein Gerät, das in Molekülen gespeicherte Energie in elektrische Energie umwandelt. Während der Oxidation reagieren Wasserstoffatome mit Sauerstoffatomen zu Wasser, ein Prozess, bei dem Elektronen freigesetzt werden und als elektrischer Strom durch einen externen Stromkreis fließen, um möglicherweise ein elektrisches oder hybridelektrisches Antriebssystem anzutreiben.
  3. Synthetische Kraftstoffe: Dieser kohlenstofffreie Kraftstoff entsteht, wenn Wasserstoff, der durch erneuerbare Elektrizität erzeugt wird, mit Kohlendioxid kombiniert wird. Dieser Treibstoff kann bereits fossilen Brennstoffen beigemischt und in konventionellen Düsentriebwerken verwendet werden.

Es wird erwartet, dass die Wasserstoffforschung in den kommenden Jahren exponentiell zunehmen wird, wenn das Ökosystem der Luftfahrtindustrie die technische und wirtschaftliche Machbarkeit von Wasserstoff bewertet. „Wasserstoff ist eine der meistversprechenden Null-Emissions-Technologien, die derzeit in Erwägung gezogen werden; wir untersuchen alle Wasserstoff-Optionen, um zu bestimmen, welcher Wasserstoffpfad eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung der Null-Emissions-Technologie in der Luftfahrt spielen könnte“ (Llewellyn).

Die Welt (21.09.2020): „Es geht um die künftige Antriebstechnologie, mit der Nachfolgegenerationen des derzeit meistverkauften Flugzeugs A320 abheben und mit dem Airbus einen technologischen Vorsprung vor Boeing erreichen will. Der Flugzeughersteller kann dabei auch von staatlichen Hilfspaketen aus Deutschland und Frankreich profitieren, mit denen ein Einsatz von Wasserstoff forciert wird.“ Die Wissenschaft sei sich zwar einig, dass der Flugverkehr nur zu etwa 2,5 Prozent zum menschengemachten CO2-Ausstoß beitrage. Mit mehr Flugzeugen könne sich dieser Anteil aber in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln.

Zudem gebe es noch ein Dilemma: Denn CO2 sei nicht der einzige Schadstoff. Hinzu kämen Stickoxid-Emissionen, Wasserdampf und die damit ausgelösten Kondensstreifen-Zirren, also Eiskristall-Wolken, sowie Aerosoleffekte, die zur Erderwärmung beitragen. Damit sei der Beitrag zur Erderwärmung am Ende doch größer als nur der reine CO2-Anteil – laut einer Untersuchung unter Leitung der Manchester Metropolitan University, an der auch das DLR beteiligt war, sei der Beitrag der Luftfahrt zur Erderwärmung jüngst auf 3,5 Prozent beziffert worden.

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