Molekül speichert Sonnenlicht: Schritt zur künstlichen Fotosynthese

Pflanzen speichern Sonnenlicht seit Urzeiten. Jetzt ist es Forschenden erstmals gelungen, dieses Prinzip molekular nachzubauen. Ein in Basel entwickeltes Molekül speichert vier Ladungen auf einmal und bringt künstliche Fotosynthese in Reichweite.

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Tausende Pflanzenzellen arbeiten wie winzige Kraftwerke: Sie wandeln Sonnenlicht in chemische Energie um. Die künstliche Fotosynthese nimmt sich genau das zum Vorbild. Foto von Lison Verrecchia

Ähnlich war es vielleicht mit dem Fliegen. Bevor Maschinen den Menschen das Fliegen ermöglichten, machte die Natur vor, was für Menschen unvorstellbar schien. Was die Vögel fürs Fliegen sind, das sind Pflanzen für die Energiespeicherung. Denn die Fotosynthese zeigt, wie sich Sonnenlicht in chemische Energie-Speicher umwandeln lässt, und dient seit Langem als Vorbild für die Entwicklung CO2-neutraler Treibstoffe. Forschenden der Universität Basel ist nun ein entscheidender Zwischenschritt gelungen. Sie haben ein Molekül entwickelt, das unter Lichteinfluss gleichzeitig zwei positive und zwei negative elektrische Ladungen speichern kann. Die Idee einer künstlichen Fotosynthese rückt damit ein gutes Stück näher.

Im Unterschied zu Solarstrom speichert künstliche Fotosynthese die Sonnenenergie nicht als Strom, sondern als chemische Energie, zum Beispiel in Form von Wasserstoff oder Methanol. Diese Treibstoffe lassen sich lagern und transportieren. So könnte künstliche Fotosynthese dort helfen, wo Strom nicht reicht: etwa in Flugzeugen, der Industrie oder als Energie-Speicher, der zur Verfügung steht, auch wenn weniger oder kein Sonnenlicht zur Verfügung steht.

Veröffentlicht wurde die Arbeit in der Fachzeitschrift Nature Chemistry. Die Studie zeigt: Auch bei schwacher Beleuchtung, vergleichbar mit Sonnenlicht, lassen sich komplexe Elektronentransfers stabil und kontrolliert durchführen. Und zwar, was neu ist, ohne starke Laser oder zusätzliche Hilfsstoffe. Das ist ein technischer Durchbruch. Denn um mit Licht chemische Energie zu erzeugen, etwa durch Wasserspaltung oder CO2-Reduktion, müssen mehrere Elektronen gespeichert und gezielt übertragen werden. In bisherigen Systemen war das meist nur unter Laborbedingungen möglich oder auf eine einzige Ladung begrenzt. Das neue Molekül ist so konstruiert, dass es Licht nicht nur absorbieren, sondern auch verarbeiten kann. Es besteht aus fünf miteinander verbundenen Bausteinen: zwei Elektronen-Spendern, einem lichtempfindlichen Zentrum und zwei Elektronen-Empfängern. Wird es angestrahlt, durchläuft es zwei aufeinanderfolgende Reaktionen. Beim ersten Lichtimpuls entsteht an den Enden des Moleküls je eine positive und eine negative Ladung. Beim zweiten Impuls wiederholt sich dieser Vorgang. So entstehen insgesamt vier getrennte Ladungen. Ein Zustand, den Fachleute als „charge-separated state“ bezeichnen. Er bleibt über 100 Nanosekunden bestehen, was in den molekularen Maßstäben eine Ewigkeit ist. Dies erlaubt es nun, die Folgeprozesse auszulösen. Vergleichbar ist das Prinzip mit einer winzigen, aufladbaren Batterie: Erst mit zwei Ladevorgängen ist sie voll einsatzbereit. Doch anders als klassische Akkus lädt sich dieses Molekül nicht mit Strom auf, sondern direkt mit Licht, und das mit hoher Effizienz: Rund 37 Prozent der eingestrahlten Photonen laden die Moleküle auf. Das ist beachtlich, vor allem im Vergleich zu bisherigen Konzepten, die entweder instabil waren oder hohe Lichtstärken erforderten.

Langfristig könnten solche Moleküle verwendet werden, um aus Sonnenlicht synthetisches Methanol oder Wasserstoff zu erzeugen. Auch für die CO2-Verwertung in der Industrie eröffnen sich neue Ansätze. Noch ist das Grundlagenforschung. Doch Nature Chemistry veröffentlicht keine Träumereien: Die Studie zeigt, wie viel Potenzial in einem durchdachten Molekül stecken kann.

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