VDE-Studie „Erneuerbare Energie braucht flexible Kraftwerke“

Erläuterungen und Erklärungen
Fragen und Antworten

Was steckt hinter flexiblen Kraftwerken? Da bis 2020 nicht genügend Speicherkapazitäten (Pumpspeicher, Batteriespeicher) aus technischen und wirtschaftlichen Gründen im deutschen Energiesystem ausgebaut werden können, haben die thermischen Kraftwerke die Aufgabe, wie im bisherigen System die Netzregelung zu übernehmen. Hierzu müssen sie häufiger und in kürzerer Zeit angefahren werden, schneller reagieren (höhere Leistungsgradienten fahren) und auch bei niedrigerer Mindestlast betrieben werden können, sprich sie müssen flexibler werden.

Wie kann dies realisiert werden? Beispiel: Wenn die Gasturbinenkraftwerke am Morgen bei Sonnenaufgang zurückgefahren werden müssen – indem die Leistung stetig vermindert wird – kann Wärme in einem Dampfspeicher zwischengespeichert werden. Die Kraftwerke werden dann ganz abgestellt, wenn genügend Energie aus Photovoltaik und Windenergie vorhanden ist. Am Abend, wenn die Sonne untergeht, müssen die Kraftwerke wieder angefahren werden. Bisher haben sie dafür ein bis zwei Stunden benötigt. Zuerst haben die Kraftwerke die Gasturbine hochgefahren und damit einen Teil der elektrischen Leistung erzeugt. Mit dem heißen Abgas der Gasturbine wurde dann ein Dampfkessel aufgeheizt bis Dampf entsteht. Mit diesem Dampf musste die Dampfturbine erst vorgewärmt werden, bis sie starten konnte.

Die flexiblen Kraftwerke verkürzen diese Zeit: Wenn die Gasturbine hochfährt, wird sofort der gespeicherte Dampf aus dem Dampfspeicher zum Vorwärmen verwendet. Dadurch kann die Dampfturbine etwa 15 Minuten nach dem Start der Gasturbine hochgefahren werden. Insgesamt kann damit ein Kraftwerk beim „Heißstart“ innerhalb von 30 Minuten auf volle Leistung gebracht werden. Bei den Kohlekraftwerken ist ebenfalls eine Verkürzung der Anfahrzeit möglich: Durch den Einsatz von Automatisierungstechnik kann der Kraftwerksprozess so gesteuert werden, dass die Anfahrzeit vermindert wird, ohne dass einzelne Komponenten des Kraftwerkes unzulässig belastet werden. Glossar:

Residuallast: Die elektrischen Verbraucher stellen die Belastung des Netzes dar. Die Belastung schwankt im Verlauf des Tages (Mittagsspitze, Abendspitze (Fernsehspitze)). Die erneuerbaren Energiequellen haben ebenfalls Schwankungen in der Erzeugung von Elektrizität. Die Differenz zwischen dem Bedarf (Belastung) und der Erzeugung (Untererzeugung, Übererzeugung) muss ausgeglichen werden. Sie stellt die Residuallast dar. Bei Untererzeugung müssen thermische Kraftwerke oder Speicherkraftwerke die fehlende Leistung bereitstellen. Bei Übererzeugung muss diese aus dem Netz genommen werden, beispielsweise durch Pumpbetrieb von Pumpspeicher-Kraftwerken oder Reduzieren der Erzeugung aus erneuerbaren Energien.

Gradient: Dies ist die Änderung der Residuallast pro Zeiteinheit z.B. in GW/h. Je höher die Gradienten der Residuallast sind, umso schneller müssen die Kraftwerke reagieren können, um die Residuallast auszugleichen.

Volllast: Ein Kraftwerk wird bei voller Leistung gefahren (für die es ausgelegt ist und bei der es meistens den besten Wirkungsgrad hat).

Teillast: Hierbei fährt ein Kraftwerk nur eine kleinere Leistung. Klassische thermische Kraftwerke können aber nur bis etwa 40 Prozent gefahren werden, dann könnten Probleme im Kessel auftreten (beispielsweise Stützfeuer, damit die Flamme nicht ausgeht). Neue Kraftwerke können 25 Prozent Teillast fahren.

Wirkleistung und Blindleistung: Die Wirkleistung ist die in Arbeit (Motor, Wärme, Licht) umgesetzte Leistung. Bei Wechselspannung gibt es auch die Blindleistung. Hierbei wird in einer Halbwelle der Wechselspannung die magnetische Leistung in einer Induktivität (Transformator, Motor, Leitung) gespeichert oder eine elektrische Leistung in einem Kondensator (Leitungskapazität). In der nächsten Halbwelle wird sie wieder zurückgespeist. D.h. die Leistung pendelt hin und her und gibt keine Arbeit ab (Blindleistung). Bei großen Transportentfernungen in einem Übertragungsnetz kann dies ein Problem werden, weil dann der Strom einen erheblichen Anteil an Blindleistung hat und für die Übertragung der Wirkleistung nur noch wenig übrig bleibt. Durch Einsatz von Kraftwerken an vielen Stellen im Netz kann damit lokal Blindleistung erzeugt werden, wodurch dann die Netze für den Transport der Wirkleistung frei werden.
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