Spanien als Sand im Desertec-Getriebe

Europäische Kleinstaaterei bremst – Neues über RWE in Marokko – Oettinger für Öffnung

Bei der dritten Jahreskonferenz der Desertec-Industrie-Initiative (Dii) in Berlin sollte ursprünglich eine gemeinsame Erklärung zugunsten des ersten Desertec-Kooperationsprojekts der Regierungen von EU-Mitgliedsstaaten und Marokko unterschrieben werden, die Regierungsvertreter Marokkos, Frankreichs, Italiens, Maltas und Luxemburgs waren nach Berlin gekommen, aber ein entscheidender Teilnehmer, ohne den das Abkommen erst einmal verschoben werden musste, fehlte: Spanien.

Dabei war der von der Dii in München und der marokkanischen Solaragentur Masen ausgearbeitete Geschäftsplan seit zwei Jahren mit spanischen Unternehmen, dem Netzbetreiber Red Electrica und der EU-Kommission ausführlich besprochen und für machbar erklärt worden. Investoren sind gefunden, erste Fördermittel stehen bereit und die Industrie will sich engagieren.

„Spanien steht damit allein gegen die Interessen einer verhandlungsbereiten Staatengemeinschaft, die die Vorschläge der Dii zu einer Umsetzung von Kooperationsmechanismen innerhalb und außerhalb der EU unterstützt“, so die Dii in einer Presseerklärung. „Ich bin aber optimistisch, dass die übrigen Verhandlungspartner aus Marokko und den EU-Staaten Spanien schon bald überzeugen können“, betonte Dii-Geschäftsführer Paul van Son. FDP-Chef und Wirtschaftsminister Rösler sagte seine Teilnahme kurzfristig  ab, denn auch die Beteiligung der Bundesregierung und anderer EU-Mitgliedsstaaten an der Finanzierung des Projekts sei noch nicht geklärt. Die Dii setzt nach eigenen Angaben die Planungen an ihrem ersten Referenzprojekt in Marokko, einem solarthermischen Kraftwerk mit 150 Megawatt Leistung, trotz der politischen Schwierigkeiten unvermindert fort.

AA-Staatsministerin Pieper: Bundesregierung unterstützt

Staatsministerin Pieper bettete in ihrem Grußwort die Unterstützung für die Desertec-Vision in den Kontext der Umbrüche in Nordafrika und im arabischen Raum ein: Das Auswärtige Amt wie die Bundesregierung unterstütze seit Jahren die Vision, in Nordafrika Solar- und Windstrom zu erzeugen und damit die Energieversorgung der Region und in einem späteren Schritt auch Europas sicherzustellen: „Desertec steht für eine Vision, mit der wir das Mittelmeer wieder zu dem machen können, was es über Jahrhunderte gewesen ist: nicht nur ein Meer, das unsere beiden Regionen trennt, sondern viel mehr eine Brücke, die sie miteinander verbindet. Die Vernetzung im Energiebereich macht Nordafrika und langfristig die arabische Welt zu integralen Bestandteilen des europäischen Energiemarkts.“

Oettinger plädiert für mehr Flexibilität

EU-Kommissar Oettinger zeigte sich gegenüber Solarify optimistisch, dass Spanien („die haben im Moment halt ganz andere Sorgen“), noch ins Boot komme. Immerhin habe der Bau der Hochspannungsübertragungsleitung von Spanien nach Frankreich vor 14 Tagen begonnen. Es müssten zudem alle Möglichkeiten der EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien ausgenutzt werden „Ich bin sehr flexibel, was die Anrechenbarkeit angeht, und bin bereit, noch flexibler zu werden, aber die meisten Mitgliedsstaaten nutzen nicht einmal die bereits bestehenden Öffnungsklauseln“. Oettinger plädierte für den Ausbau von nationalen Netzstrukturen hin zu einer internationalen Integration des ganzen Mittelmeerraums.